Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
Vom Netzwerk:
kann ich mir nicht leisten, sagt Eskandar-Agha und erinnert sich an den Mann in Schiras, für den er Briefe an dessen Sohn geschrieben hat, der sich in Frankreich amüsiert hat, statt zu studieren.
    Nein, nein, sagt Hushang-Agha. Sie sollen mich nicht anstellen. Ich möchte Ihren Laden kaufen.
    Warum nehmen Sie keinen neuen Laden, statt sich mit diesem alten Gerümpel hier zu belasten?
    Ich mag die Lage, sagt Hushang-Agha. Und dieses Gerümpel, wie Sie es nennen, lässt sich gut verkaufen, wenn man es richtig macht.
    Mir soll es recht sein, sagt Eskandar-Agha. Weder hänge ich an dem Laden, noch verdiene ich meinen Lebensunterhalt mit ihm. Aber ich möchte Sie warnen, mein junger Freund, es ist kein lukratives Geschäft. Und bedenken Sie, wegen des Krieges ist es gefährlich, zwischen den Besatzungszonen und zu den Häfen und zurück zu reisen, um Waren zu kaufen.
    Lassen Sie das meine Sorge sein, sagt der junge Mann und streckt Eskandar-Agha die Hand hin. Hauptsache, wir werden uns über den Preis einig.
    Abgemacht, sagt Eskandar-Agha und hat sofort das Gefühl, eine Last wird ihm von den Schultern genommen. Das Einzige, was er aus dem Laden mitnimmt, sind zwei weitere weiße Farangi-Hemden, eine dunkle Hose und einen passenden Farangi-Gürtel. Er ist schon aus der Tür heraus, da macht er noch mal kehrt und nimmt außerdem noch einen Fotoapparat mit.
    Sie haben mehr als die Hälfte Ihres Lebens im Basar verbracht, sagt Aftab-Khanum. Es war höchste Zeit für eine Veränderung. Was haben Sie mit dem Fotoapparat vor?
    Das weiß ich auch noch nicht, antwortet Eskandar-Agha und legt ihn in die Nische. Er ist mir ins Auge gefallen, und da habe ich mich an die Zeit erinnert, als ich im Norden Gehilfe eines Akkassbashi war.
    Mir würde es gefallen, wenn Sie Fotografien machen würden.
    Wen oder was soll ich schon fotografieren?
    Was für eine Frage, tadelt Aftab-Khanum. Natürlich dieselben Menschen und Dinge, über die Sie Ihre Geschichten schreiben und sich Notizen machen. Schließlich sind Bilder auch Erinnerungen und können oft mehr erzählen als tausend Worte.
    Sie redet wie der Fotomeister, denkt Eskandar-Agha und fragt, wie wollen Sie das beurteilen können? Von Ihnen selber gibt es nur eine einzige Fotografie, und zwar die in Ihrem Ausweis.
    Sehen Sie, genau das meine ich. Es ist das einzige Bild von mir, aber wenn ich es ansehe, fallen mir unzählige Geschichten ein. Ich erinnere mich, wie ich mich gefühlt habe, als ich so jung war wie auf dem Bild, wie Sie ausgesehen haben und wie wir zusammen bei dem Fotomeister waren. Mir fällt ein, wie Sie im Amt unseren Nachnamen haben registrieren lassen und dieses Dokument mit nach Hause brachten.
    Aber ich bin aus der Übung, sagt Eskandar-Agha und hat recht, denn seine ersten Fotografien werden unscharf, zu hell oder zu dunkel, und sie erzählen überhaupt keine Geschichten. Trotzdem hebt er die Abzüge in einem Umschlag auf und schreibt: Damit die Erinnerung nicht verloren geht. Eskandar-Agha ist überrascht, wie viel Freude ihm das Fotografieren bereitet, und schon bald macht er so viele Aufnahmen, dass er Stammkunde beim einzigen Fotoladen, der Agfa-Vertretung in der Lalehsar-Straße, wird, und das, obwohl die Rolle Film mit acht Bildern einen ganzen Toman und das Entwickeln sogar zehn Toman kosten. Dann muss ich eben mehr Geld verdienen, sagt er zu seinen beiden Kollegen in Mossadeghs Haus und knipst ein Bild von ihnen.
    Eskandar-Agha vertritt sich im Hof die Beine und trinkt ein Glas Wasser, da fällt ihm ein großer, elegant gekleideter Mann mit einer riesengroßen Hakennase auf. Eskandar-Agha weiß sofort, das kann nur der verehrte Mossadegh sein. Gerade überlegt er noch, ob er es wagen kann, ein Bild des großen Politikers zu machen, da winkt der ihn zu sich. Ahai, verehrter Herr, ja, Sie mit der Fotokamera, kommen Sie bitte einen Augenblick zu uns.
    Das Blut steigt Eskandar-Agha in den Kopf.
    Haben Sie ein Bild von uns gemacht?, fragt Mossadegh.
    Nein, mein Herr. Gott ist mein Zeuge. Nicht ein einziges, stammelt Eskandar-Agha, eingeschüchtert von der Autorität des großen Mannes.
    Mossadegh sieht ihn verwundert an, spitzt die Lippen, lächelt und legt Eskandar-Agha seine schwere Hand auf die Schulter.
    Es hat sich angefühlt wie damals, notiert Eskandar-Agha später. Damals, als ich ein kleiner Junge gewesen bin und der große Mesterr-Richard oder Palang-Khan ihre Hand auf meine Schulter gelegt haben.
    Dann machen Sie eins oder, noch besser, machen Sie

Weitere Kostenlose Bücher