Eskandar: Roman (German Edition)
überhaupt an diese Zeilen gekommen, um Sie sich zu merken?, fragt der Student und sieht Eskandar-Agha skeptisch an.
Eskandar-Agha berichtet in allen Einzelheiten, wie er die Rosen gegossen und die Erde um die Setzlinge gelockert hat, als einer der Farangi am offenen Fenster gestanden hat und er hören konnte, wie der Übersetzer dem Möchtegern-Pahlewan den Text vorgelesen hat.
Wieder dauert es nicht lang, da schlägt auch diese Nachricht laut, wie die Detonation neulich im Basar, in der ganzen Stadt ein. Und alle wissen, nun wird der Schah das Dekret über die Entmachtung und Verhaftung Mossadeghs unterzeichnen. Und anschließend fliegt er mit seiner Frau Soraya nach Ramsar am Kaspischen Meer.
Gott hab meine Aftab-Khanum selig, sagt Eskandar-Agha. Mit ihr bin ich auch in Ramsar gewesen.
Am nächsten Tag bekommt Eskandar-Agha vom Möchtegern-Pahlewan abermals ein paar druckfrische Scheine zugeschoben. Er soll über Nacht bleiben. Die Farangi wollen einen Erfolg feiern, sagt er und grinst dabei. Du sollst bleiben und sie bedienen, sagt er und zwinkert Eskandar-Agha zu. Kauf ein paar Flaschen Aragh-Ssagi, Hundeschnaps, und dann fahr zum Tshelokababi und kauf Essen.
Bis fünf Uhr morgens rauchen und trinken die Männer und hören schreckliche Farangi-Musik, von der Eskandar-Agha Kopfschmerzen bekommt.
Eskandar-Agha muss in der Küche helfen, die leeren Flaschen, Gläser und Zigarettenstummel wegräumen, aber vor allem hat er alle Hände voll zu tun, seinen Garten zu bewachen, damit niemand auf seine hübschen neuen Blumen und Beete tritt.
Als einer der Übersetzer gegen einen seiner frisch gepflanzten Mandelbäume pinkelt, gerät Eskandar-Agha so sehr in Rage, dass er den Mann wegschubst und ihn anschreit, Urin kann für einen jungen Baum den Tod bedeuten.
Der Mann will ausholen und Eskandar-Agha eine scheuern, doch da kommt ein Mann aufgeregt in den Garten gerannt und ruft: Der Vogel ist aus dem Käfig geflohen, und das Papier ist nicht unterschrieben.
Alle sind still, und nichts und niemand rührt sich, bis der Amrikai einen Stuhl gegen die Mauer wirft, nur knapp einen Rosenbusch verfehlt und schimpft. So leicht entkommt der Kerl mir nicht. Er hat es mir versprochen. Los, sagt er zu seinen Männern, schickt jemanden ans Kaspische Meer, ich will diese verdammte Unterschrift.
Übernächtigt und nervös und fest entschlossen, nicht mehr in die Höhle des Löwen zurückzukehren, verkündet Eskandar-Agha am nächsten Abend, Khanum, ich gehe da nicht mehr hin. Ohne ein weiteres Wort geht er in sein Gärtnerhäuschen, legt sich unter die Decke, bekommt Fieber und schläft so lange, bis seine Sahra ihn mit einem Kuss aufweckt.
Roxana-Khanum bittet und bettelt, doch Eskandar-Agha will nicht mehr. Koste es, was es wolle, sagt er, ich werde nicht in dieses Haus und zu diesem gefährlichen Amrikai zurückgehen.
Erst als Roxana ihm Angst macht und sagt, die Leute werden Sie suchen und finden, denken Sie an Ihre Tochter, denken Sie an meine Kinder, lässt Eskandar-Agha sich erweichen und macht sich zähneknirschend und voller Angst auf den Weg.
Doch er hat Glüc,k und das Schicksal meint es gut mit ihm. Nicht der Möchtegern-Pahlewan öffnet das Tor, sondern ein Mann, den er noch nie zuvor gesehen hat.
Der Farangi ist weg, und du wirst nicht mehr gebraucht, sagt der Fremde und schließt das Tor.
Aber dann lass mich wenigstens meine Setzlinge und Blumen mitnehmen, ruft Eskandar-Agha durch das geschlossene Tor.
Verschwinde, ruft der Fremde und schlurft ins Haus.
Gott sei es gedankt, murmelt Eskandar-Agha und steigt auf sein Fahrrad, aber dann entdeckt er das Taxi, mit dem der Amrikai durch die Stadt gefahren ist. Ohne dass er weiß, welcher Teufel ihn da reitet, stellt Eskandar-Agha sein Fahrrad an die Mauer, steigt in das Taxi und schweigt.
Wo soll ich Sie hinfahren, verehrter Bruder?, fragt der Fahrer.
Dahin, wo du die anderen gefahren hast, antwortet Eskandar-Agha.
Der Fahrer mustert Eskandar-Agha skeptisch. Gehörst du auch dazu?
Eskandar-Agha schluckt und denkt, es ist eine Rolle. Wie damals, als ich mit dem Pferd auf den Platz in Esfahan eingeritten bin. Fahr, sagt er ungeduldig.
Der Amrikai hat seine Kisten, Telefone und Schreibmaschinen in den Keller der Amrikai-Botschaft gebracht, sagt Eskandar-Agha zu Roxana. Und ich danke dem Herrgott, denn damit ist meine Aufgabe beendet. Es sei denn, Sie wollen, dass ich mich als Nächstes um den Garten der Amrikai-Vertretung kümmere. Gebrauchen könnte der es,
Weitere Kostenlose Bücher