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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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oder gar unterzutauchen, lässt Mossadegh verhaften oder sogar hinrichten. Und binnen kürzester Zeit übernehmen Mossadegh-Befürworter wieder die Straßen und haben die Oberhand.
    Stolz auf sich selbst, weil er einen, wenn auch kleinen Anteil am Sieg des Volkes und der legitimen iranischen Regierung hat, nimmt Eskandar-Agha mit der kleinen Sahra auf dem Arm an den Demonstrationen und Kundgebungen teil. Barandeh Mellat! Barandeh Mossadegh!, ruft er zusammen mit den Massen. Sieger ist das Volk, Sieger ist Mossadegh, ruft auch die kleine Sahra und streckt freudestrahlend die Arme in die Luft.
    In einer öffentlichen Rede im Radio sagt Außenminister Fatemi, der Schah hat mich und andere Mitglieder der Regierung verhaften lassen. Der Schah hat mit den Ausländern gemeinsame Sache gemacht, um die vom Volk gewählte Regierung zu stürzen. Und dann sagt Fatemi: Der Schah des Iran ist ein Verräter. In dem Moment, als du gehört hast, dass dein Komplott mit den Ausländern nicht funktioniert hat, ruft der Außenminister, bist du in das erstbeste Land geflohen, in dem es eine britische Botschaft gibt.
    Als die Gegner des Königs, allen voran die kommunistische Partei, damit beginnen, die Statuen des Schah und seines Vaters vom Sockel zu stürzen, mietet Eskandar-Agha eine Droschke, fährt von Platz zu Platz und macht Fotografien von den noch stehenden Statuen und Monumenten des Königs.
    Damit die Erinnerung an einen korrupten Schah nicht sang- und klanglos verloren geht, schreibt er auf den Umschlag, in dem er diese Aufnahmen verwahrt.
    Zu der Statue des Königs, wie er stolz auf dem Pferd sitzt, kommt Eskandar-Agha gerade in dem Moment, als Demonstranten den Sockel erklimmen und dem Pferd die Beine absägen.
    Was kann das arme Tier dafür, ruft jemand, lasst es stehen, holt nur den Verräterkönig herunter. Aber da wankt das Pferd bereits. Die Männer haben eine Kette oder ein Seil um den Hals des Reiters gelegt und ziehen daran, bis das Pferd mit dem König umkippt und unter dem Jubel der Zuschauer mit lautem Krachen zu Boden stürzt.
    Wie in der Hauptstadt kommt es auch in allen größeren Städten zu blutigen Auseinandersetzungen. Polizei, Armee und bezahlte Schlägertrupps, zu Pferd und sogar mit Panzern, schießen, knüppeln, schlagen auf Frauen und Männer ein. Den ganzen Tag ist Eskandar-Agha unterwegs und drückt, ohne lange zu überlegen, auf den Auslöser seines Fotoapparates und macht ein Bild nach dem anderen.
    Die weißen Hemden der Männer sind durchlöchert und blutgetränkt, notiert er auf einem Fetzen Papier und steckt ihn in die Papiertüte zu den Bildern und den neuen Fotorollen, die er gerade gekauft hat.
    Auf dem Rückweg gerät Eskandar-Agha am Tupkhaneh, dem Platz der Kanonen, nahe der Kaserne in eine Demonstration, wie er noch keine gesehen hat. Es müssen abertausende Menschen sein. Sofort legt Eskandar-Agha eine neue Filmrolle in seinen Apparat, er zieht seine Schuhe aus und klettert auf das Dach eines Automobils und fotografiert den Platz, der schwarz ist vor Menschen.
    Ein paar Männer tragen ein riesiges Plakat mit Öltürmen, davor kämpfen ein Iraner und ein Amerikaner, den man an seiner rot-weiß gestreiften Hose und seinem Zylinder erkennt, auf dem die amerikanischen Sterne und Streifen gemalt sind. Darunter ist zu lesen: Die Amerikaner sollen nach Hause gehen.
    Neben den bekannten Parolen der vergangenen Tage und Monate rufen die Leute immer öfter eine neue aus. Sie wollen das Ende der Monarchie und fordern, der Iran soll eine Djumhurie Mellati, eine Republik des Volkes, werden.
    Zu Hause zeigt Eskandar-Agha stolz seine Bilder und erzählt von den Menschen und den Parolen, die sie ausrufen, da verkündet Roxana, wir fahren in die Stadt. Ich möchte zum Tshelokababi-Shamshiri. Schon allein wenn ich daran denke, steigt mir der Duft des saftigen Fleischspie ßes in die Nase, schwärmt sie, als wäre auf den Straßen nicht gerade der Teufel los.
    Nimtadj, Alexander und Sahra, die es den beiden Großen gleichtut, klatschen in die Hände. Sie sind es nicht gewöhnt, dass ihre Mutter mit ihnen in Lokale geht, die normalerweise von den einfachen Leuten, wie Roxana sie nennt, besucht werden. Entsprechend freuen sie sich und sind den ganzen Weg dorthin aufgeregt. Doch als sie das Lokal erreichen, bekommen sie einen Riesenschrecken und verstummen mit einem Mal. Denn zwei riesige Panzer stehen davor, und sie haben ihre Kanonenrohre auf das Kabab-Haus gerichtet.
    Der Chauffeur stößt ein kleines

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