Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
Vom Netzwerk:
nur seinen dicken Bauch und seine Beine, manche Männer knien und beten, andere rennen und verschwinden in der Dunkelheit der Wüste. Jeder brüllt und schreit in seiner eigenen Sprache, und keiner versteht den anderen. Schließlich hat der Herrgott Erbarmen und lässt die Erde wieder zur Ruhe kommen. Nur noch das Zischen und Rauschen bleiben.
    Dann kommt ein iranischer Arbeiter angerannt, ruft und deutet in Richtung des kleinen Hügels, springt auf und ab, haut sich auf den Kopf und lacht. Dabei hat er gar keinen Grund zur Freude, denn er ist von Kopf bis Fuß von schwarzem, klebrigem, glänzendem Zeug bedeckt, und man sieht nur noch das Weiße seiner Augen. Alle laufen zu ihm, fassen ihn an und fangen ebenfalls an zu lachen. Sie klatschen in die Hände, springen auf und ab und rennen zusammen hinter den Hügel.
    Genau an der Stelle, wo Eskandar die letzten vier Nächte verbracht hat, sieht er nun etwas, das er den Rest seines Lebens nicht mehr vergessen wird: Eine Fontäne dicker schwarzer Flüssigkeit schießt mit aller Kraft, Getöse und Zischen aus dem Boden in den nächtlichen, mit Sternen bedeckten Himmel.
    Den Geruch kennt Eskandar. Manchmal ist dieses Zeug auf den Feldern und sonst wo aufgetaucht, hat die Ernte verklebt und unbrauchbar gemacht.
    Nun ist es also endgültig aus, murmelt Eskandar und Tränen schießen in seine Augen. Das schwarze Teufelszeug wird alles verkleben und unter sich begraben und die Suche nach Naft endgültig beenden. Am liebsten würde Eskandar schreien, den Männern die schlimme Lage erklären, denn die lassen sich völlig ahnungslos die dicke Brühe auf Köpfe und Gesichter prasseln. Der Arbeiter, der den Farangi-Topfhut tragen muss, dreht ihn um, fängt das schwarze Wasser darin auf und kippt es über sich und andere. Der Ausländer, dem der Hut gehört hat, hüpft wie ein kleines Schaf zu ihm, kippt sich ebenfalls das Zeug über den Kopf und setzt tatsächlich sich selber den Hut wieder auf. Die beiden Männer sehen sich an, fallen sich in die Arme, und andere tun es ihnen gleich. Wie ein Haufen verrückt Gewordener, vom Teufel Besessener benehmen sie sich und rufen Naft, Naft, Naft, Petroleum. Petroleum.
    Und da erst dämmert es Eskandar: Das ist es also, wonach sie gesucht haben. All die Jahre, die vielen Maschinen und Geräte, die Männer, Soldaten, Übersetzer, Arbeiter, eine eigens angelegte, überflutete und dann wieder neu gebaute Straße, die ständigen Überfälle der bewaffneten Banditen und Reiter der Stämme, das viele Geld und der ganze andere Ärger, nur um dieses schwarze, klebrige Teufelszeug zu finden?
    Mesterr-Richard, dessen schönes gelbes Haar und milchweiße Haut wie bei den anderen voller Naft sind, nimmt Eskandar auf den Arm und hüpft mit ihm unter der schwarzen Fontäne hin und her, damit auch er schwarz wird und klebt und ebenfalls nach dem schrecklichen Zeug stinkt.
    Alle sehen gleich aus, schreit Eskandar, damit er gegen den Krach ankommt. Alle riechen gleich, und keiner weiß, wer Farangi und wer Irani ist, wer Lumpen trägt und wer richtige Kleidung, wer Saheb ist und wer Arbeiter.
    You’re right!, ruft der Kanadier. What ever you say, you are damn right, boy.
    You stay?, fragt Eskandar.
    Yes. I stay. Bloody sure I will stay.

Nachdem die Farangi ihr Erdöl gefunden haben, findet Eskandar seine Aishe
     
    Nur Tajelmoluks schwere Atemzüge sind in dieser ansonsten stil len Nacht zu hören. Kein Lüftchen weht, nicht einmal die wilden Hunde und Wölfe in der Wüste hinter der Stadt sind auf der Jagd, weshalb die Hunde in der Gasse ebenfalls schweigen.
    Tajelmoluk wirft sich hin und her, bis ihr Schmerz so groß wird, dass sie ihre Schreie nicht mehr ersticken kann und brüllt.
    Verflucht sollst du sein. Mach schon, komm endlich heraus, ruft Frau-Rohan. Sie hockt zwischen den Beinen ihrer Tochter und ist so beschäftigt und zieht und zerrt an etwas, dass sie nicht einmal mehr mitbekommt, dass Tajelmoluks Kopf zur Seite fällt und sie keinen Ton mehr von sich gibt. Und dann zieht Frau-Rohan etwas Glitschiges aus dem Köper von Tajelmoluk, das Eskandar an die kleine Ziege erinnert, die seine Mutter aus dem Körper der Mutterziege gezogen hat, weshalb Eskandar weiß, was als Nächstes zu tun ist, er nimmt den weißen Stein seiner Mutter und geht zu Frau-Rohan.
    Schlag zu, sagt sie und hält die Nabelschnur, die aus dem Bauch des Kindes kommt und zwischen den Beinen von Tajelmoluk verschwindet, auf den Boden.
    Wie er es vom Mullah gelernt hat, sagt er

Weitere Kostenlose Bücher