Esper in Aktion
einiger Zeit in die Hände.«
»Gut – und was halten Sie davon?«
»Soweit ich mich erinnern kann, hat es mich sehr beeindruckt«, meinte Jerry. »Die meisten Leute, die sich mit diesem Zeug befassen, glauben an Fliegende Untertassen und grüne Marsmänner. Havenlake hingegen behandelt das Thema ganz sachlich und vom wissenschaftlichen Standpunkt aus.«
»Ja, den Eindruck hatte ich auch«, sagte Glover. »Ich unterhielt mich letzte Woche mit ihm.«
»Einen Augenblick –«, unterbrach Jerry. »In den Zeitungen stand, glaube ich, daß seine Frau Selbstmord begangen hat. Wenn Sie mich auf diese Fährte setzen wollen…«
»Der Tod seiner Frau hat nichts damit zu tun«, sagte Glover hastig.
Annette Havenlakes Selbstmord beunruhigte Glover mehr, als er sich einzugestehen wagte. Die Tat war geschehen, kurz nachdem er sie verlassen hatte. Er hatte kein Schuldgefühl, aber er empfand eine gewisse Empörung darüber, daß die Frau so wenig Geschmack besaß.
Das ganze Wochenende war ihm verdorben gewesen – er rechnete fast damit, daß die Polizei ihn anrufen und verhören würde. Erst als der Montag kam, ohne daß etwas geschah, beruhigte er sich wieder. Offensichtlich hatte niemand von seiner Anwesenheit in dem Landhaus erfahren.
»Ich könnte mir nicht vorstellen, welches Interesse Ihre Leser sonst an einem Mann wie Havenlake haben.«
»Das wird kein Artikel für dieses Drecksblatt«, sagte Glover ungeduldig. Er hatte einen besonderen Stil eingeführt, seit er für die Klatschspalte des Sunday Globe verantwortlich, war – eine raffinierte Mischung aus Sensationskitzel und gerechter Empörung. Fünf Millionen Lehnstuhlsünder konnten beim Lesen dieser Spalte ihrer schmutzigen Phantasie freien Lauf lassen und sich gleichzeitig im Glanz ihrer moralischen Überlegenheit sonnen. »Ich gebe zu, daß ich ursprünglich die Absicht hatte, einen Sensationsbericht über Havenlakes Esperforschung zu schreiben, aber das Interview verlief anders, als ich es mir vorgestellt hatte.« Glover wiederholte in kurzen Worten sein Gespräch mit Havenlake.
Auf Jerrys Stirn standen zwei steile Falten. »Havenlake scheint mir nicht der Mann zu sein, der sein Lebenswerk nach einem einzigen Fehlschlag aufgibt«, sagte er.
Glover nickte. »Der Eindruck verstärkt sich, wenn man ihm gegenübersitzt.«
»Selbst wenn er kein zweites Paar wie die Dobies gefunden hat, so ist das kein Beweis, daß es solche Leute nicht gibt. Vielleicht hat er nur in der falschen Richtung gesucht.«
»Immer vorausgesetzt, daß er die Wahrheit sagt«, warf Glover ein.
»Sie meinen – daß er andere Telepathen fand und diese Tatsache absichtlich verschwieg?«
»Die Möglichkeit besteht, nicht wahr?«
Jerry zupfte nachdenklich an seinem Ohrläppchen. »So wie Sie den Charakter des Mannes geschildert haben, halte ich es für unwahrscheinlich.«
»Oh, ich weiß nicht«, sagte Glover. »Dieser Havenlake hat etwas Hartnäckiges, Stures an sich – man könnte es fast als Dummheit auslegen, wenn man nicht wüßte, wer und was er ist. Wenn er die Überzeugung hegt, daß sich das Schweigen lohnt …«
Jerry grinste verlegen. »Tut mir leid, Alec – ich habe den Faden verloren.«
»Drücken wir es so aus«, meinte Glover. »Wenn Havenlake wirklich glaubt, daß die Esperforschung keine Zukunft besitzt, weshalb hat er dann seine Erkenntnisse nicht veröffentlicht?«
Jerry zuckte mit den Schultern. »Vielleicht erwartet er, daß Sie das für ihn tun.«
»Nein – nicht Havenlake. Es paßt nicht zu seinem Wesen, daß er herumsitzt und wartet, bis jemand kommt und ihm Fragen stellt. Wenn er davon überzeugt wäre, daß seine Forschung in eine Sackgasse geführt hat, dann würde er das auch schreiben – selbst auf die Gefahr hin, daß er seine früheren Thesen widerrufen müßte. So stur ist er.«
»Ich verstehe.«
»Eine der Hauptschwierigkeiten besteht darin, daß ich nichts über Portfield in Erfahrung bringen kann«, sagte Glover. »Aber es dürfte ziemlich klar sein, daß er dort seine Esperforschung betrieben hat.«
»Gewiß – aber viel scheint dabei nicht herausgekommen zu sein, sonst hätte die Regierung das Projekt nicht aufgegeben.«
Glovers Finger spielten auf der Schreibtischplatte. »Welche Rolle die Regierung spielte, wissen wir nicht,, doch es ist anzunehmen, daß man die Esper für Geheimdienstaufträge einsetzen wollte. Rhine und andere spekulierten schon um 1940 mit dieser Möglichkeit. Havenlake arbeitete drei Jahre lang an dem Projekt und
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