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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Morgan
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Gray kaute kurz an seiner Unterlippe. Dann stammelte er: »Wir waren vier – Ken Thomassen, Pete Tolmey, Jack Willis und ich. Wir waren in dieser Disko im Westen, und auf dem Heimweg beschlossen wir, weil es eine so schöne Nacht war, bis zum Bahnhof Temple zu Fuß zu gehen, ehe wir in die U-Bahn stiegen. Wir …«
    »Wie spät war es?«
    »Uh – zwei Uhr?«
    »Du sollst es mir sagen und nicht mich fragen, Idiot! Es war halb zwei. Vergiß es nicht wieder!«
    »Es war halb zwei, als wir dort ankamen … Bitte, Inspektor, meine Kehle ist ganz trocken. Dürfte ich ein Glas Wasser haben?«
    »Wenn du fertig bist, kriegst du einen ganzen Eimer voll. Aber jetzt mach weiter. Was habt ihr auf dem Bahnhof gesehen?«
    »Nun, da waren diese Nignogs, die ihren Spaß mit dem Immigrantenmädchen hatten – sechs waren es …« Die blaßblauen Augen des Jungen wirkten glasig. »O Gott, Inspektor, mir ist so schlecht! Wenn ich nur was zu trinken hätte! Sie haben mir versprochen …«
    »Wir wollen erst zu Ende kommen. Es waren also sechs und dieses Mädchen, richtig? War sonst noch jemand da?«
    »Jemand …? O ja, dieser Anglo.«
    »Und was tat er?«
    »Nichts – er lag bloß da, als ob er bewußtlos oder besoffen wäre.«
    »Gut!« Macken nickte aufmunternd. »Als ihr gesehen habt, was vorging, was habt ihr da gemacht?«
    »Ah – wir versuchten sie abzuhalten …«
    »Obgleich ihr nur vier gegen die sechs wart? Wäre es nicht vernünftiger gewesen, die Polizei zu holen, statt euch einzumischen?«
    »Ja – aber wir haben doch gesehen, daß das Mädchen ziemlich schlimm dran war, und wenn nicht schnell was getan wurde …« Die Schultern des Jungen zuckten, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »O Gott! Sie ist tot, nicht wahr? Jedesmal, wenn ich schlafen will, sehe ich ihr Gesicht mit dem stinkenden Fetzen in ihrem Mund – und ihre Augen … Ich hab’ noch nie zuvor so was getan, ehr …«
    Der Junge verstummte, als Macken ihm die Hand so heftig quer über das Gesicht schlug, daß der Kopf seitwärts auf das Kissen zurückfiel.
    »Du verdammter Bastard! Ich tu dir einen Gefallen, siehst du das denn nicht ein? Wenn ich nicht wäre, hättet ihr, du und dein feiner Freund, die Anklage wegen Vergewaltigung auf dem Hals und nicht diese Nignogs. Du weißt ja, was sie mit einem tun, der der Vergewaltigung schuldig befunden wurde. Statt dessen geb’ ich dir die Chance, den tapferen kleinen Angloheiden zu spielen, der selbst halb umgebracht wurde, weil er die Ehre eines Immigrantenmädchens schützen wollte. Warum glaubst du, tu ich das? Vielleicht, weil deine babyblauen Augen es mir angetan haben? Also, um deinetwillen, pauk noch mal alles schön durch. Dein Freund Pete Tolmey ist nicht mehr zurechnungsfähig, und Coleman war bewußtlos, während es passierte, jedenfalls erinnert er sich an nichts mehr. Das bedeutet, daß du der einzige vernehmungsfähige Zeuge bist. So, ich komme um acht Uhr mit einem Tonbandgerät wieder, dann nehmen wir deine Aussage schon einmal auf.«
    Macken schloß die Tür hinter sich und hing seinen Gedanken nach. Die Nignogs bestritten zwar noch alles und beteuerten ihre Unschuld, aber sobald Vincent Grays Aussage erst einmal offiziell war, hatten sie keine Chance mehr. Das Wort eines guten, sauberen weißen Anglojungen – selbst wenn er der schmutzige Bastard einer Rauschgiftsüchtigen war – zählte mehr als die Beteuerungen von einem Dutzend Immigranten.
    Beckwith, sein Assistent, schaute auf, als Macken in sein Büro zurückkehrte. »Victor Coleman hat angerufen.«
    »Der feine Arzt und Niggerfreund? Was will er denn?« Macken war erschrocken. Wenn Coleman plötzlich sein Gedächtnis zurückgewonnen hatte und darauf bestand auszusagen, war sein sorgfältig ausgeklügelter Plan im Eimer.
    »Das sagte er nicht. Nur, daß Sie ihn zurückrufen sollen. Er ist in seiner Wohnung. Soll ich seine Nummer für Sie wählen?«
    »Nicht nötig, ich werde ihn höchstpersönlich besuchen.«
    »Glauben Sie, daß er querschießen wird?«
    »Das soll er nur versuchen!« sagte Macken drohend. »Ich kann ihm schon mit einer Sittenklage beikommen. Er hatte es mit diesem Nignogmädchen. Was ist das für ein Benehmen für einen angesehenen Angloarzt?«
    »Ja, das könnte ihm schaden.«
    »Und wie es ihm schaden könnte!«
    Im Fahrstuhl entspannte er sich mit einer marihuanaverstärkten, krebserregerfreien Zigarette. Polizist zu sein, hatte schon seine Vorteile. Solange man die Rangordnung nicht verletzte und den

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