Essen kann jeder
Killerviren, vor Cholesterin, vor Immunschwäche, vor Herzinfarkt, vor Nacktmullen. Überlegen Sie doch mal, mit welchen Kampfbegriffen die Lebensmittelindustrie arbeitet. »Freie Radikale«, das klingt ja schon nach Stoffwechsel-Terrorismus. Und dann laufen wir hirnlos in den Supermarkt und kaufen so einen cholesterinfreien, probiotischen und fettarmen Mist.
Gerade was mit dem Joghurt für ein Schindluder getrieben wird, grenzt an vorsätzliche Verbrauchertäuschung. Wenn ich schon »linksdrehende Bakterienkulturen« lese, kräuseln sich mir als Naturwissenschaftler die Fußnägel! Eine Bakterienkultur dreht sich nicht links. Es sei denn, sie macht Synchronschwimmen. Wenn sich irgendetwas in Ihrem Joghurt nach links oder rechts dreht, dann ist das die Milchsäure. Denn Milchsäure besitzt – wie jedes Kind weiß – ein asymmetrisches C-Atom, wodurch es zwei Stereoisomere bildet, die eine Chiralität bedingen, deren optische Eigenschaft es ist, polarisiertes Licht gegen oder im Uhrzeigersinn zu drehen. Sie werden jetzt sagen: »Klingt ja abgefahren! Aber ist das wirklich relevant für meine Verdauung?« Nein! Ihr Darm scheidet alle Milchsäuren, die irgendwie schief gewickelt sind, einfach wieder aus.
Soll ich auf meine Gesundheit also pfeifen?
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ernährung ist wichtig. Aber Sie sollen nicht jeden Dreck schlucken, im wörtlichen wie übertragenen Sinn. Es ist nicht egal, was Sie essen. Dann wäre dieses Buch ja für die Katz! Nahrungsmittelallergien, Unverträglichkeiten, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettsucht und Diabetes sind Erscheinungen, die uns die moderne, westliche Ernährungs weise beschert hat. Auch durch die Chemie, die wir täglich schlu cken. Erinnern Sie sich an das letzte Kapitel. Eine ganze Batterie verschiedener Chemikalien wird heute zum Backen eines Brötchens benötigt. Aber dieses Problem werden Sie nicht los, indem Sie stattdessen andere Chemie schlucken, die Ihnen als Heilbringend verkauft wird. Deshalb sage ich an dieser Stelle: Machen Sie sich locker! Die Angst vor Krankheiten ist manchmal ungesünder als die Krankheit selbst.
→ Mein Tipp
Lassen Sie sich nicht von der Lebensmittelindustrie an der Nase herumführen. Seien Sie skeptisch bei allen Produkten, die Ihnen als wohltuend angepriesen werden. Ich persönlich kaufe grundsätzlich keine Lebensmittel, für die im Fernsehen geworben wird. Essensfabrikanten, die sich Fernsehspots leisten können, gehen über Leichen. Die sind an der Gesundheit so viel interessiert wie ein Tuberkulosebazillus. Bleiben Sie cool. Übertreiben Sie es nicht mit der vernünftigen Ernährung im Speziellen und mit der Gesundheit im Allgemeinen. Denn die Gesundheit soll dem Menschen dienen und nicht der Mensch der Gesundheit. Was nützt es mir, durch gesunde Ernährungsweise länger zu leben, wenn ich die gewonnene Zeit in Rohkostrestaurants absitze und Dinge esse, auf die ich keine Lust habe. Essen darf und muss Spaß machen. Amen.
→ Futtern für Fortgeschrittene
Versündigen Sie sich einmal im Monat an Ihrem Körper. Richten Sie ein Massaker unter Ihren Blut-, Fett und Leberwerten an. Bereiten Sie sich ein Menü von so exorbitantem Kalorienreichtum und derart verbotener Ballaststoffarmut zu, dass eine Weight-Watchers-Gruppe zum Kreuzzug gegen Sie aufrufen würde. Verweigern Sie jede Aufnahme von Obst und Gemüse, wenn Ihnen nicht danach ist. Backen Sie Bratkartoffeln in einem Pfund Butter, und würzen Sie sie mit derselben Menge Salz. Kaufen Sie jede Sorte Ihrer Lieblingsschokolade. Und essen Sie sie, bis Ihnen schlecht wird. Greifen Sie zur Pfauenfeder, wenn es sein muss. Zeigen Sie Ihrem Körper, dass immer noch Sie der Herr im Haus sind.
Krankhafte Gesundesser
Haben Sie schon mal von der »Orthorexia nervosa« gehört? Das ist eine Essstörung, die erst 1977 entdeckt wurde. Als Erstbeschreiber gilt der amerikanische Arzt Steve Bratman. Der Begriff hört sich lustig an, oder? Erstbeschreiber. Klingt wie Erstbesteiger. Da sieht man es wieder: Der menschliche Geist ist die letzte unerforschte Wildnis für Abenteuer und Entdecker. Wir Menschen sind zum Mond geflogen, auf den Grund des Ozeans ge taucht und haben noch den kleinsten Erdkrumen dieses Planeten kartografiert. Doch wer wagt es schon, in die dunklen Abgründe zu blicken, die er zwischen seinen Ohren trägt? Sind wir ehrlich: Das eigene Hirn bleibt für die meisten von uns ein vollkommen unerschlossenes Gebiet.
Auch die Orthorexie gehört zu einer sehr
Weitere Kostenlose Bücher