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Essen kann jeder

Essen kann jeder

Titel: Essen kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Weber
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ausgetüfteltes System. Millionen von Rezeptoren in Darm, Zelle und Blut wachen ständig über Zucker- und Fettspiegel, über Mineralstoffbedarf und Vitaminzufuhr. In unserem Bauch gibt es genauso viele Nervenzellen wie in unserem Kopf. Wenn man also unter chronischen Verdauungsstörungen leidet, müsste man im Grunde erst mal einen IQ-Test machen. Und falls ein Mangel an einem Nährstoff vorliegt, gibt unser Bauch diese Information an unser Hirn weiter. Und schon haben Sie das Gefühl, Sie könnten jetzt gerade in Tomatensoße baden. Vertrauen Sie also auf die Botschaften Ihres Appetits.
    Echte Mangelkrankheiten sind sehr selten. Und wirkliche Mangelerscheinungen meistens Begleitumstände von Krankheiten, hohem Alter oder besonderen Umständen. Wenn Sie schwanger sind, tut Ihnen eine Eisentablette sicher nicht schlecht. Aber mit diesen Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt und nicht an den Filialleiter des Supermarktes.
    → Mein Tipp
    Sie müssen kein Geld für Lebensmittel ausgeben, die vorsätzlich mit Vitaminen und Spurenelementen vollgestopft wurden. Denken Sie daran: Sie produzieren nur sehr, sehr teuren Urin. Essen Sie ganz normal, aber abwechslungsreich. Wenn Sie jahrelang nur Schnitzel kauen oder auf das Essen ganz verzichten, weil Sie allein auf die Nährwirkung von Bier vertrauen, kriegen Sie doch noch den Skorbut. Das ist klar.
    → Futter für Fortgeschrittene
    Wenn Sie das nächste Mal krank sind, verzichten Sie auf jede Form von Vitamin C. Essen Sie nur, was Ihnen Spaß macht. Mein Arzt sagt: »Das Immunsystem der meisten Menschen ist deshalb im Eimer, weil sie einfach viel zu gestresst sind. Noch wenn die Leute aus dem letzten Loch röcheln, rennen sie vermummt wie die Taliban durch die Gegend und schütten sich mit zitternden Händen Echinacin und Globuli aus kleinen braunen Fläschchen in den Hals. Ganz so, als wären sie Methadon schluckende Junkies! Herr Weber, wenn Sie krank sind, brauchen Sie vor allem eins: Zeit. Zeit, um wieder gesund zu werden. Was Sie dabei trinken, ist mir eigentlich egal! Nehmen Sie sich Urlaub, legen Sie sich einen Tag ins Bett. Und statt Zwiebelsud trinken Sie lieber ein schönes kaltes Bier.«



6 DIE GEWICHTS-HYSTERIE

Sanne langt plötzlich nach einem Brotaufstrich, auf dem eine Frau abgebildet ist, die ihre Arme freudig erregt in die Luft wirft, als hätte sie im Lotto gewonnen. Daneben steht: »Extra fit.« Ich bin schockiert.
    »Diät-Margarine? Wäh, findest du die lecker?«
    »Bist du irre? Margarine! Kunstbutter! Ich will abends echte Butter aufs Brot. Schließlich bin ich eine berufstätige, angehende Mutter und keine Trümmerfrau. Und dann auch noch Diät-Margarine. Das ist wie …den Sattel vom Fahrrad abschrauben und dann noch Stacheldraht auf die Stange montieren.«
    »Genau. Diät-Margarine ist Nahrung gewordene Lustfeindlichkeit. Menschen, die am Sonntagmorgen ein Frühstück mit Diät-Margarine veranstalten, versuchen sich wahrscheinlich auch beim Sex möglichst wenig zu berühren.«
    »Sag das meinem Mann. Jürgen meint jetzt, dass er abnehmen muss.«
    »Warum denn das?«
    »Er hält sich für zu dick!«
    »Wer sagt denn, dass der Jürgen dick ist?!!!«
    »Men’s Health.«
    »Wer ist denn Mähnshäls?«
    »Eine Männerzeitschrift!«
    »Und die Männerzeitschrift sagt, dass dein Mann zu dick ist? Frü her waren in Männerzeitschriften nackte Weiber abgebildet!«
    Volksseuche Fettsucht
    Es gibt Wahrheiten, die unumstößlich sind: Die Erde ist rund. Mensch und Affe haben gemeinsame Vorfahren. Energie ist Masse mal Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat. Und natürlich: Die Deutschen sind zu dick. Schauen Sie sich um! Wo man hin blickt, schwabbeln schwammige Zeitgenossen mit Wurstfingern, Speckbeinen und Rettungsringen durch die Gegend. Wenn der deutsche Michel heute in den Rhein springt, ist zwei Stunden später in Rotterdam Land unter.
    Doch ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass das nicht meiner Wahrnehmung entspricht. Ich fahre zum Beispiel seit über 20 Jah ren als Betreuer auf Kinderzeltlager. Und es ist nicht so, dass die Kleinen mittlerweile so verfressen wären, dass sie selbst die Heringe am Zelt anknabbern. Es bleibt auf dem Spielplatz auch niemand in der Rutsche stecken. Zugegeben, hier und da kugelt mal ein Fruchtzwerg über den Zeltplatz, bei dessen Anblick ich den Eltern gerne sagen würde: »Sport ist wichtig, aber muss es unbedingt Sumoringen sein?«
    Ich will gar nicht leugnen, dass es in Deutschland mehr mollige Menschen gibt als anderswo.

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