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Essen kann jeder

Essen kann jeder

Titel: Essen kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Weber
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des Handlungsreisenden
    Tatsächlich behaupten nur sehr dogmatische Fast-Food-Kritiker heute noch kategorisch, dass das Essen bei McDonald’s per se ungesund sei. Natürlich darf man es nicht übertreiben. Übertreiben kann man es mit allem. Wenn man ein Jahr lang nur Vollkornbrei isst, stirbt man bestimmt qualvoller als an einer Überdosis Hamburger. Bei McDonald’s wird das Frittierfett sicher öfter gewechselt als in irgendeiner Bahnhofskneipe. Ihr Lieblingsitaliener schenkt auch überzuckerte Softdrinks aus. Und die Soße, die manches gutbürgerliche Restaurant über den Spargel schüttet, ist auch nicht handgerührt. Das kann ich Ihnen versichern. Außerdem müssen Sie bei McDonald’s keine Hamburger oder Pommes kaufen. Da gibt es mittlerweile auch Salat und Fruchtjoghurts. Also Lebensmittel, die im Verdacht stehen, gesund zu sein. Als mir zum ersten Mal ein McDonald’s-Angestellter eine Flasche Biomilch reichte, kam mir das vor, als ob ein Drogendealer neben Hasch, Crack und Koks plötzlich auch Alnatura-Karotten aus dem Mantel zauberte.
    Ich muss zugeben: Berufsbedingt komme ich ziemlich oft in die Versuchung, nach dem großen gelben M zu fahnden. Als Ka barettist bin ich ja ständig unterwegs, und die tägliche Nahrung ssuche ist eine echte Herausforderung. Jeden Tag schlägt man sich an einem anderen Ort wie ein steinzeitlicher Mammutjäger völlig verloren durch den Großstadtdschungel, ohne den blassesten Schimmer zu haben, wo es etwas Gescheites zum Futtern gibt. Dann wird die Zeit knapp, der Zug kommt in zehn Minuten, Panik bricht aus, der Zuckerspiegel kollabiert, der Speichelfluss verstärkt sich, die Hände zittern, Schweiß bricht aus … und dann …? Stehe ich doch wieder bei McDonald’s!
    Kurz darauf sitze ich im Zug, und mir ist so schlecht, als würde ich mit einem Tretboot auf einem karibischen Sturm reiten. Wis sen Sie, in der Lebensmittelchemie unterscheidet man vier Aggre gatszustände: flüssig, fest, gasförmig und hamburgerartig. Ham burgerartig ist so eine Art hochviskose Partikelwolke mit der Gravitationskonstante eines schwarzen Lochs. In der Hand zerfällt ein Burger schneller als Strontium, im Magen dagegen liegt er quer, als hätte die Mafia einen mit Stahlbeton abgefüllt und im Meer versenkt. Dabei sagt McDonald’s: Ein Hamburger hat nur 7 Prozent Fett – weniger als ein Butterbrot! Das mag ja durchaus sein, aber ein Butterbrot gab’s von der Mama selten mit einem Liter Cola und fünf Pfund Pommes dazu.
    Denn genau hier schlummert die Gefahr: Man kauft mehr, als man will. Oder haben Sie schon mal eine Bedienung sagen hören: »Was? Du Rollmops willst einen Big Mac? Du bekommt einen Gartensalat und einen Plastikeisbecher – zum Anschauen!« Nicht? Tja, man kriegt immer mehr, als man will. Man bestellt einen Veggie-Burger und eine kleine Cola, und prompt fragt die Kassiererin: »Als Menü?«
    »Äh, als Menü???« Ich denke noch, oh, wie vornehm, hier werden die Softgetränke noch in Karaffen dekantiert, und sage: »Warum nicht? Klar!«
    »Spar oder Super?«
    »Was Spar oder Super?«
    »Spar- oder Super-Menü?«
    »Wo liegt der Unterschied?«
    »In der Größe der Pommes!«
    »Ich hab keine Pommes bestellt!«
    »Wir können die Pommes auch gern gegen einen Muffin tauschen.«
    »Aha!«
    »Und?«
    »Was UND …???«
    »Was möchten Sie?«
    »Einen Veggie-Burger und ’ne Cola!«
    »Das ist doch dabei!«
    »Dann geben Sie es her!«
    »Erst muss ich wissen, ob Spar oder Super!«
    »Veeeeggi-Burger und Coooola!«, probiere ich es noch einmal auf die autistische Art.
    »Sie wollten doch ein Menü!?«
    »Ja, aber mir ist es herzlich egal, ob die Cola als Aperitif oder als Digestif serviert wird.«
    »Gut, Veggie-Burger und Cola«, wiederholt sie freundlich.
    »Super«, sage ich erleichtert.
    »Also das Super-Menü.« Und schon steht ein Tablett mit einem Gemüseburger, einem halben Liter Cola, einem Salat und einer riesigen Portion Pommes vor mir, was ich dann alles brav verputze. Aber von wegen Fast Food! Allein in der Zeit, in der ich hier bestelle, hat mein Lieblingsitaliener schon 20 Ravioli gefaltet, gegart und mit einem Tischfeuerwerk serviert.



Darf mein Kind zu McDonald’s?
    Aber auch wenn ich persönlich das große gelbe M nicht mehr sehen kann, ist in mir das Urteil gereift: Fast Food ist nicht toll, aber auch nicht der Beelzebub im Gewand eines Ronald-McDonald-Clowns. Zumindest, was die Gesundheit betrifft. Natürlich weckt Fast Food unseren angeborenen Appetit auf

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