Essen kann jeder

(1923–1977). Die hat offensichtlich nicht nur der Operette, sondern auch der Yogurette in vollem Maße gefrönt. Um für ihre Auftritte wieder eine Aida-Figur zu bekommen, habe sich die Diva einen Bandwurm in den Darm einpflanzen lassen. Dieses Tier kann die Länge einer Wagneroper erreichen, denn es bringt einen sagenhaften Hunger mit. Also egal, wie viel man isst, der Wurm frisst, was man gegessen hast. Ich habe nie verstanden, wie diese Methode funktioniert. Wenn der Bandwurm fett und rund in meinem Körper wird, nehme ich doch auch zu. Aber die Menschen ver lieren wirklich drastisch an Gewicht, wahrscheinlich wie alle kranken Menschen, die sich mit irgendetwas infiziert haben.
    Übrigens: Wenn man in Abnehmforen im Internet stöbert, findet man immer noch hier und da Infektionswillige, die nach Bandwurmeierkapseln fragen. Mediziner raten von dieser Wurm kur nachdrücklich ab. So warnt Egbert Tannich, Professor für Parasitologie am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg: »Wenn Sie Eier vom Schweinebandwurm schlucken, schlüpfen daraus Larven, die bis zum Gehirn wandern und dort zu gefährlichen Entzündungen mit Verkalkungen und Krampfanfällen führen können.« Das wirft natürlich die Frage auf, ob die Larven bei Menschen, die freiwillig Bandwurmeierkapseln schlucken, überhaupt ein Gehirn finden können. Also schluckt man den Bandwurm besser nicht in Eierform, sondern im Ganzen und lebend. Das ist ziemlich widerlich. Aber was macht man nicht für seine Karriere. Angehende Ex-Schlagerstars können sich so schon mal für das Dschungelcamp aufwärmen.
    Die Bibel-Diät
    An der Bandwurmmethode sehen wir, zu welch irrationalen Ta ten sich Abnehmwillige hinreißen lassen. Doch der Glaube versetzt nun mal Berge, warum also nicht auch Fettpolster. Das dachte sich der amerikanische Prediger Charlie Shedd. Dieser heilige Mann schrieb 1957 die Speck-weg-Fibel Pray Your Weight Away. Übersetzt: Bete dein Gewicht weg. Der Dämon der Fettleibigkeit kann also mittels Bibelzitaten, Gebeten und Weihwasser ausgetrieben werden. Zu essen gibt es Fisch, Heuschrecken und wilden Honig – im Grunde eben, was auch Jesus gegessen hat. Welcher fromme Christ hat sich noch nicht in seiner Kontemplation des Kruzifixes gefragt: Wo hat Christus eigentlich diesen Waschbrettbauch her? Daraufhin öffneten sich die Schleusen des Himmels und eine Flut von Bibel-Diäten brach über Amerika herein wie die Plagen im alten Ägypten. Eine Heerschar von Autoren überschwemmt bis heute das Land mit Titeln wie: Daily Word for Weight Loss, The Hallelujah-Diet oder God’s Answer to Fat . Doch mein absolutes Lieblingswerk ist Help Lord – The Devil Wants Me Fat! Himmel hilf, der Teufel will, dass ich fett bin! Denn der Kampf gegen die Pfunde ist vor allem ein spiritueller. Er ist das Schlachtfeld Armageddon, wo die Kräfte des Guten gegen die gefallenen Engel der Völlerei kämpfen. Wie jeder Gläubige weiß, ist das zutiefst verderbte Wesen der Dicken dem Herrn ein Gräuel. Die Schwäche des Fleisches muss überwunden werden. Es gibt sogar Gebetsdiätklubs, wo man auf den Knien den Herrn anflehen kann, die Last der Kilos vom sündigen Körper zu nehmen. Wahr scheinlich kann man sich das wie eine Art himmlische Weight-Watchers-Truppe vorstellen.
    Die Frage ist nur: Wie geht es weiter? Ziehen fanatische Moslems bald mit einer Koran-Diät nach? Nach dem Motto »Mit der Scharia gegen Fettleibigkeit«? Wer nach dem Nutellaglas greift, verliert seine Finger im Toaster? Osama bin Laden war vielleicht ein Spinner, aber seine Figur war tadellos. Es ist wie so oft: Die Antwort weiß der Himmel!

7 FAST FOOD? KEEP COOL!

Tief gebeugt stehen wir über einer sarggroßen Kühltruhe und durch wühlen ein Geröll von vereisten Nahungsmitteln, über denen gespenstischer Eisnebel liegt.
    »Tiefkühl-Chicken-Nuggets. Tiefkühl-Pommes. Tiefkühl-Ham burger. Da kann man ja seine eigene Fast-Food-Kette gründen!«
    »Ich habe gelesen, die Uno will jetzt sogar eine Sondersteuer auf Junkfood erheben.«
    »Klingt wie eine Art Bußgeld für Fett?«
    »Tja, vielleicht durchwühlen Gesundheitspolitessen bald deine Mülltonnen, und für jeden gefundenen Pizzakarton gibt’s einen Strafzettel.«
    »Rauchverbote. Fahrradhelmpflicht. Und jetzt kommt noch Zwangsernährung dazu. Deutschland – ein totalitärer Gesund heitsstaat!«
    »Aber McDonald’s wäre endlich eine kriminelle Vereinigung!«
    »McDonald’s ist jetzt schon eine kriminelle Vereinigung.«
    Die Not