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Essen mit Freunden - Roman

Essen mit Freunden - Roman

Titel: Essen mit Freunden - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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fragte sich, wann es in ihrer Kindheit Gurken gegeben hatte. Sie wäre nie im Leben auf die Idee gekommen, dass auch ihre Mutter beim Kochen Fantasien gehabt haben könnte.
    Â»Und du?«, fragte Markus und sah Luise an. »Was ist mit dir?«
    Â»Ich habe Entenbrust auf Salat mit Granatapfelkernen gemacht. Lachs mit Reis und Limettensauce. Und hinterher warmen Schokokuchen.«
    Â»Nein, ich meine nicht, was du für ihn und seine geplante Verführung gekocht hast, sondern was du gern hättest.«
    Â»Bei Essen mit Freunden geht es um den Kunden, nicht um mich.« Nie im Leben würde sie ihm von ihren Fantasien erzählen, von den imaginären Saucetropfen auf ihrer Lippe und ihrem Verlangen nach zerfließendem Schokoladenkuchen.
    Â»Verrätst du uns wenigstens, ob es geklappt hat?«, bohrte Markus weiter.
    Â»Nein, noch nicht. Aber ich werde es in anderthalb Wochen wieder versuchen.«
    Â» Du wirst es wieder versuchen?« Markus sah sie an, eine Augenbraue erhoben.
    Â»Ja, das werde ich. Immerhin hat er mich gebucht. Und nachdem die anderen ihren Vorschlag abgegeben haben, geht die nächste Frage an dich: Was würdest du denn bevorzugen für so ein Essen zu zweit?«
    Â»Ich?« Er überlegte. »Das mit dem Essen und dem Verführen ist ja immer eine Geschmackssache. Dafür gibt es keine Patentrezepte. Klar, es ist ein nettes Spiel, ganz bestimmt.« Er schaute in die Flammen und stockte kurz. »Wenn dein Besteller die Frau aber nicht nur verführen möchte, sondern wirklich will«, sagte er dann, »ist es was völlig anderes. Da ist es nebensächlich, was du kochst. Seine Ehrlichkeit und sein Mut sind das Wichtigste bei diesem Essen. Und die kannst du leider nicht anrösten und unter den Salat mischen.« Er löste seinen Blick vom Feuer und sah wieder zu Luise. Leise und zögernd sprach er weiter: »Wenn du jemanden willst, musst du bereit sein, dich zu zeigen, und darauf hoffen, gesehen zu werden. Mit allem, was du bist, auch auf die Gefahr hin, dich lächerlich zu machen. Je mehr Erfahrungen du hast, desto schwieriger wird das allerdings. Wenn du es dann aber trotzdem wagst, ist es doch völlig egal, ob du das bei einer Vorspeise mit Austern tust oder bei einem Wurstbrot.« Er schwieg und wandte seinen Blick erneut den Flammen zu.
    Niemand sagte ein Wort. Das Holz im Feuerkorb knackte, in der Wiese zirpten Grillen, hoch oben zog ein Flugzeug eine helle Spur durch den nachtblauen Himmel. Nele drehte sich, Unverständliches murmelnd, im Schlafsack hin und her.
    Â»Ich glaube, wir sollten langsam das Zelt aufbauen«, sagte Judith schließlich zu Ole.
    Â»Zelt?«, fragte Luise.
    Â»Ja, wir vier campen heute hier.«
    Â»Oh. Dann sollten wir vielleicht anfangen –«, begann Luise.
    Â»Du sollst heute gar nichts«, unterbrach Anne sie. »Wir haben bis hierher alles geplant. Wir sind auch für den Rest
zuständig. Für dich ist gesorgt. Paul und Hedda fahren dich heim.«
    Luise sah sie überrascht an. Hedda? Anscheinend hatte es hinter ihrem Rücken mehr Absprachen gegeben, als sie sich vorstellen konnte. Und wahrscheinlich würde sie noch weit über ihren Geburtstag hinaus mit den Überraschungen dieses Tages beschäftigt sein.
    â€‚Hühnchen mit Marsala
    Der Zeitschriftenturm wankte, und ein paar Zettel flatterten vom Küchentisch. Luise zog unter dem Stapel ein Kochbuch hervor und durchsuchte das Inhaltsverzeichnis. Safran. Ihr Finger wanderte über die Zeilen. Zeitungsausrisse mit Bildern von Braten und Beilagen, diverse Backanleitungen und ihre handgeschriebenen Kladden lagen um sie verteilt. Fast den ganzen Abend blätterte sie nun schon durch Rezepte, klickte sich durch Erklärungen im Internet, machte sich Notizen. Gurken, Erdbeeren, Huhn, Schokolade, Pfeffer, Zimt waren untereinander auf ihrem Schreibblock zu finden. Austern hatte sie aus der Liste gestrichen, weil sie dieser kalten, glibberigen Masse nur mit Mühe etwas abgewinnen konnte und diese kulinarische Unwägbarkeit auch niemand anderem zumuten wollte. Sie hatte Austern daher durch Meeresfrüchte ersetzt. Aprikosen, Artischocken, Sellerie, Ingwer, Trüffel, Feigen, Weintrauben, Petersilie, Chili, Muskat standen in einer zweiten Liste daneben. Und nun auch Safran. Eine dritte Liste umfasste unterschiedliche Gerichte. Luise las, verglich und ergänzte alle drei Spalten.
Sie wägte ab, verwarf Rezepte,

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