Essen mit Freunden - Roman

Diesmal klappte es besser mit den gehobenen Mundwinkeln.
    Ãœber den Rand ihres Glases fiel Luises Blick auf die Küchenuhr. Sie musste sich sputen. »Wir haben gar nicht über die Deko geredet. Hast du Sitzkissen? Dann könntet ihr das Hühnchen am Couchtisch essen«, wechselte sie wieder zum Fachlichen. »Und wenn die Stimmung vertraulich genug ist, könnt ihr vielleicht auf das Besteck verzichten. Zum Huhn gibt es nämlich Couscous, und den kann man auch mit den Händen essen.« Auf die Idee mit dem Couscous war sie ganz besonders stolz, denn allein die Farbe war unglaublich schön. Sie hatte den Gemüsefond, in dem der Getreidegrieß später quellen musste, extra mit Zimt, Kreuzkümmel und Safran zubereitet. Das harmonierte wunderbar mit den Gewürzen des Huhns, dem fruchtig-süßen Geschmack des Geflügelsuds und den Backpflaumen, die sie später noch in den Bräter geben würde. »Den Couscous musst du aber leider selbst garen. Geht das?« Sie sah ihn fragend an. »Wenn du den Bräter rausnimmst, gibst du einfach den Couscous in den Gemüsefond und lässt ihn eine Weile quellen. Mehr nicht. Das bekommst du hin, oder?«
    Â»Ja, sicher. Aber das mit den Sitzkissen und den Händen – lieber nicht. Ich decke am Tisch. Deine Tischdecke ist ja noch hier. Ich habe sie gewaschen und gebügelt.«
    Â»Gut. Dann mach mal«, sagte sie und stellte ihr Glas zur Seite.
    Während Luise Knoblauch und Ingwer für die Suppe hack
te, beides mit der kleingeschnittenen Chilischote in Sesamöl dünstete und mit Limettensaft, Geflügelbrühe und Kokosmilch ablöschte, dachte sie über die absurde Situation nach, in der sie sich befand. Sie war die Köchin und trank den Champagner der Frau, die gleich Gast sein sollte. Sie fing Blicke des Gastgebers auf, die nicht seiner Köchin gelten sollten, sondern ebenfalls der Frau, für die der Champagner gedacht war. Doch ihre moralische Kontrollinstanz im Hinterkopf war schnell zum Schweigen gebracht. Mut und Ehrlichkeit. Das war Quatsch. Zimt und Safran waren, was zählte. Als sie geschnittene Lauchzwiebeln und kleine Champignons in den Topf gab, alles aufkochte und Glasnudeln hinzufügte, kam sie zu dem Schluss, dass der Champagner genauso gut für sie da war. Warum auch nicht? Und als sie schließlich die Garnelen mit Lauchzwiebelstücken und den restlichen Champignons dekorativ auf Holzspieße steckte und anbriet, befand sie, dass sie im letzten halben Jahr schon einiges Absurde in ihrem Leben erlebt hatte. Wieder ein Blick auf die Uhr. Die Zeit drängte. Messer, Töpfe und Brettchen einpacken und die Arbeitsfläche säubern. Noch schnell die Pflaumen in den Bräter, den gewürzten Gemüsefond für den Couscous auf kleinste Flamme stellen, die gehackte Petersilie für das Huhn in ein Schälchen füllen, den Koriander für die Kokossuppe mit Garnelen bereithalten – fertig!
    Als sie die Transportboxen auf den Flur brachte, schaute sie ins Wohnzimmer. Der Tisch war gedeckt. Allerdings etwas nüchterner, als sie es sich gewünscht hätte. Keine Blumen, keine Farben. Aber es war sein Abend, nicht ihrer. »Bei dir alles gut?«
    Â»Gehst du schon?«, fragte er überrascht.
    Â»Ich habe alles vorbereitet. Wenn sie pünktlich ist, wird
sie in fünf Minuten hier sein. Meldest du dich, wie es gelaufen ist?«
    Er nickte. Wortlos. Genau wie beim letzten Mal.
    Â»Machs gut.« Sie war schon halb aus der Tür heraus.
    Â»Du auch«, antwortete er. »Danke.«
    Und viel zu spät registrierte sie etwas, was der Versuch einer Umarmung hätte gewesen sein können.
    â€‚Götterspeise
    Â»Und?«, fragte Anne.
    Â»Wieder nichts.« Luise hielt in der einen Hand das Telefon, mit der anderen zeichnete sie Figuren in den verschütteten Kaffee auf ihrem Küchentisch. Traurige Smileys mit hängenden Mundwinkeln.
    Â»Hat er gesagt, woran es lag?«
    Â»Nein, nicht direkt. Er war sich wohl nicht so sicher.«
    Â»Ist er sich eigentlich jemals sicher?« Ein leicht verächtliches Schnaufen begleitete diesen Satz. »Vielleicht reicht es ja nicht, eine schöne Stimme zu haben, wenn man sie nicht nutzt, um wirklich etwas zu sagen.«
    Â»Was meinst du damit?« Luise verband mehrere Kaffeetropfen zu einem Blitz.
    Â»Dass er nichts Genaues über die aktuelle Frau sagt, nichts Genaues über seine Ex. Er