Essen mit Freunden - Roman
noch, als ich ihm den Schwangerschaftstest zeige: âºEin Kind? Warum eigentlich nicht? Das kriegen wir schon hin!â¹ Das ist ein bisschen viel auf einmal.«
Sybille wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel, als sie Thorben ansah. Und plötzlich war da so viel Weiches und Warmes zwischen den beiden, dass auch Luise nach einem Taschentuch suchen musste.
»Das Einzige, was wir im Moment tatsächlich klar haben«, übernahm Thorben die weitere Erklärung, »ist, dass dieses Kind zur Welt kommen soll und dass wir es wollen, beide zusammen. Als Eltern. Der Rest wird sich finden. Ob als Wohn- oder als Lebensgemeinschaft, werden wir sehen.«
»Na dann noch mal!«, sagte Anne und hob ihr Glas: »Auf das Leben!«
âTrüffel
Schon wieder die Mailbox. Luise legte ihr Handy zur Seite. Seit gut drei Stunden versuchte sie vergeblich, Anne zu erreichen. Sie verfluchte die Technik. Da half es auch nicht, dass Anne neulich stolz ihren neuen Tablet- PC vorgeführt und die ständige Verbundenheit mit der Welt gepriesen hatte. Annes Handy war ausgestellt. Dabei brauchte Luise ihren Rat. Genau jetzt.
Sie hatte sich vor über einer Woche mit Doktor Kahle getroffen. Es war nett gewesen, und sie waren sich schnell ei
nig geworden. Acht Personen, sechs oder sieben Gänge. Er würde sich eigenhändig um die Getränke kümmern. Das Essen war für kommenden Samstag geplant und sollte gegen sechzehn Uhr starten. Die Erneuerung des Eheversprechens stand nach dem Dessert auf dem Programm, danach sollte es noch auf ein nächtliches Konzert gehen. Die Küche aufzuräumen gehöre nicht zu Luises Aufgaben, befand er groÃzügig, das würde anschlieÃend die Putzfrau erledigen, die ab einundzwanzig Uhr dreiÃig im Hause wäre. Geschirr sei reichlich vorhanden, Herd und Küchenwerkzeuge seien beinahe professionell, obwohl sie daheim, wie er mit leichtem Bedauern ergänzte, schon lange nicht mehr so richtig gekocht hatten. Er hatte erzählt, wie er seine Frau kennengelernt und sich in sie verliebt hatte. Luise hatte zugehört, Informationen gefiltert, versucht, Worte und Geschichten in Gerüche und Geschmack umzusetzen. Früher, in ihrer Anfangszeit, waren die Kahles oft gemeinsam durch Frankreich getrampt. Mit Zelt und Rucksack, damit vom Bafög und dem Lohn für Nachtwachen neben dem Studium genug übrig blieb für Delikatessen. Ein Austernurlaub in der Bretagne, ein Wochenende mit Flammkuchen und Leberpastete im Elsass, eine Trüffel-Reise ins Périgord. Er schlug Damast und weiÃe Casablanca-Lilien als Tischdekoration vor, doch Luise hatte nur den Kopf geschüttelt. Sommerblumen, blanker Holztisch, Leinenservietten. Mehr nicht. Er wollte sich vier Tage vor dem Essen noch einmal melden, um die letzten Details zu besprechen. Und das hatte er vorhin getan. Es seien ein paar Gäste dazugekommen; sie seien jetzt sechzehn, um genau zu sein. Aber damit komme sie sicher klar. Sie müsse doch eigentlich nur das Doppelte kochen. Wenn sie Unterstützung brauche in der Küche oder zum Auf
tragen, könne sie gern noch jemanden engagieren, selbstverständlich gegen ein Extrahonorar. Sie hatte geschwiegen und dann leise ⺠Selbstverständlich, kein Problem ⹠gesagt. Dabei begannen ihre Probleme bereits damit, dass ihr Auto an diesem Morgen wohl endgültig den Geist aufgegeben hatte.
Als Anne nach weiteren zwei Stunden Höllenqualen endlich zurückrief, erreichte sie am anderen Ende der Leitung nur noch ein Häufchen Elend.
»Sechzehn schaffe ich nicht allein«, schniefte Luise ins Telefon.
»Sollst du ja auch nicht. Hat er doch gesagt.« Anne war die Ruhe selbst.
»Wer soll mir denn helfen? Du etwa?«
Anne lachte: »Beim Essen vielleicht, aber ganz sicher nicht beim Kochen.«
»Thorben mit seinen zwei linken Händen? Oder Svenja? Ja, Svenja kann zumindest Drinks«, sagte Luise hoffnungsvoll.
»Womit das Kochen allerdings nicht erledigt wäre. Und für die Getränke ist der Hausherr selbst zuständig«, erinnerte sie Anne.
»Aber wer sonst könnte mir â«, begann Luise kleinlaut und verstummte mitten im Satz.
»Siehst du. Ich brauche gar nichts mehr zu sagen«, stellte Anne zufrieden fest. »Du kommst von allein drauf.«
»Nein, Anne, garantiert nicht. Markus wäre der Letzte, mit dem ich meine Küche teilen möchte.«
»Es ist nicht
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