Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
tat. Sie war Nutznießerin, mehr
nicht. „Die Vermarktung der Zaubersalbe wäre bestimmt sehr profitabel und die
Herstellung dürfte nicht allzu schwierig werden, weil du den Wirkstoff schon
seit Jahren problemlos im Labor nachbaust.“
Trotz der Selbstheilungskräfte, mit denen die
Engelsblüter ausgestattet waren, beschäftigten sich einige von ihnen schon seit
geraumer Zeit mit alternativen medizinischen Behandlungsmethoden, um vorhandene
Möglichkeiten zu verbessern und so die Lebensqualität ihrer wenigen, noch dazu
sterblich geborenen Kinder zu steigern. Nicht einmal die Ethnomedizin wurde
dabei unberücksichtigt gelassen, Teresa und Gwen waren deshalb Koryphäen auf
dem Gebiet der traditionellen Pharmakologie verschiedener Naturvölker. Das
Garagentor fuhr hoch und der Aston Martin rollte hindurch.
„Vergiss nicht, dass wir jede Art von öffentlicher
Aufmerksamkeit vermeiden müssen“, mahnte Teresa.
Das Garagentor schloss sich wieder, kaum dass sie es
passiert hatten.
„Ist das nicht ein bisschen egoistisch der Menschheit
gegenüber?“
„Klar ist es das.“
Teresa ließ den Wagen einfach ausrollen, bis er
irgendwo auf der freien Fläche der Tiefgarage zum Stehen kam. Dann legte sie
die Hand auf Nikas Arm und beamte sie direkt aus dem Wagen in das Wohnzimmer
ihrer Eltern. Es war niemand da, aber im Kamin brannte Feuer. Teresa runzelte die
Stirn.
„Im Haus ist alles sauber. Keine Gefahrenquellen zu
orten“, erklärte sie schließlich.
„Hast du etwa gerade den ganzen Komplex nach
Eindringlingen gescannt? Meine Güte Tess, wie kannst du unterscheiden, welche
Leute hier drin sind, und welche draußen auf der Straße?“
„Kann ich nicht. Ich checke alle im Umkreis.“
Nika schüttelte den Kopf.
„Aber wozu denn die Mühe? Dieses Haus ist doch sicher.
Euer haitianischer Gefährte und seine Freundin, die Voodoohexe, haben es doch
mit einem Bann belegt.“
„Genau wie im Schloss haben Baptiste und Lucille auch
hier bestimmte Bereiche aussparen müssen; Eingangshalle, Gästebad,
Empfangssalon, … damit nicht jeder Pizzabote, dessen Schuhspitze über die
Türschwelle guckt, einen qualvollen Tod sterben muss.“
„Ja, ja. Ich weiß.“ Nika rollte die Augen. „Dann gehe
ich mal zu Madeleine hoch. Oder zu Jonah. Einer von beiden wird wohl hier
irgendwo stecken.“
„Warte.“ Teresa griff nach ihrem Arm. „Ich bringe
dich.“
„Ich glaube, das ist nicht nötig.“ Zur Kontrolle trat
Nika vorsichtig mit dem verletzten Fuß auf. „Nein, ist schon gut. Ich schaffe
es allein nach oben.“
Lady Gaga dröhnte durch Madeleines geschlossene
Zimmertür. Als Nika nach mehrfachem Klopfen keine Antwort erhielt, trat sie
einfach ein. Madeleine sprang von ihrem Bett auf und starrte sie einen
Augenblick lang bewegungslos an, bevor sie seufzend ausatmete und sich achtlos
auf ihr Bett fallen ließ, auf dem dutzendweise medizinische Fachbücher und
vollgekritzelte Notizblöcke herumlagen.
„Nikki,… ich habe dich kaum erkannt.“
Nika gab sich endgültig geschlagen.
„Ist ja schon gut. Ich gehe morgen zum Frisör.“ Sie
schob ein paar der Bücher beiseite und setzte sich. „Du meinst es wirklich
ernst mit Oxford.“
Madeleine brummte.
„Nur, falls man mir die Sträflingskugel jemals wieder
vom Fuß nimmt.“
„Dann steht ihr also auch unter Hausarrest.“
„Was glaubst du denn?“ Madeleine nahm einen Bleistift
in die Hand und drehte ihn zwischen den Fingern. Nika zwang sich zu einem
Lächeln und hoffte, dass es aufmunternd wirkte.
„Bald werden sich eure Fähigkeiten zeigen, und dann
sind solche Vorsichtsmaßnahmen nicht mehr nötig.“
„Und wenn nicht?“ Der Bleistift wanderte in Madeleines
Mund. „Du bist ein Jahr älter als Jonah und ich, und bei dir ist auch noch
nichts passiert.“
„Maddie, ich bin nicht wie ihr beiden, und das weißt
du. Jonah und du, ihr seid die ersten und einzigen Nachkommen zweier
Engelsblüter. Ihr wurdet mit der Essenz geboren.“
„Und was bist du, wenn nicht auch eine von uns und noch
mehr? Dein Vater ist Engelsblüter und deine Mom war immerhin die Quelle. Die
Quelle, Nikki. Ein Engel.“
Madeleine kaute verbissen auf ihrem Stift herum,
während die Gaga fröhlich vor sich hin grölte. Nika schluckte.
„Sie war kein Engel mehr, als sie mich bekam.“
Madeleine senkte den Blick und schwieg eine Weile,
bevor sie sich einen Ruck gab.
„Weißt du,… Mom und Dad sprachen gestern darüber, dass
man… wenn man diese Antikörper, die du
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