Est Electio: Dämonische Versuchung (German Edition)
Straßen des zwielichtigen Stadtteils und versuchte sich angestrengt daran zu erinnern, welches der Häuser von Sandice bewohnt war, bis sie urplötzlich bei einem heruntergekommenen Gebäude haltmachte, das ihr bekannt vorkam. Sie öffnete das verrostete Gartentor, das sich nur schwer bewegte und fürchterlich laut quietschte, als sein unteres Ende über die Steinplatten des gepflasterten Weges schlitterte und dabei eine weißliche Spur hinterließ. Maira kam der Gedanke, dass es schon länger her sein musste, dass Sandice, sollte es überhaupt ihr Haus sein, von jemandem besucht worden war.
Der Garten war verwildert. Zwischen den grauen Pflastersteinen, trat Unkraut hervor. Auch die Fenster wirkten, auf den ersten Blick, so schmutzig, dass sie sich nicht vorstellen konnte, dass man von innen noch hinausblicken konnte. Die hölzerne Veranda war modrig und teilweise sogar eingestürzt. Sie hatte Mühe heil, bis zur Haustür zu gelangen. Gespannt klopfte sie an. „Hallo?! Ist da jemand? Sandice?“
Die Tür öffnete sich geräuschlos von alleine. Maira betrat das Haus, indessen dunklem Flur es schimmlig roch. Der Fußboden war bis oben hin zugemüllt. Sie stapfte auf alten Zeitungen und Büchern. Leere Flaschen klirrten gegeneinander, als sie versehentlich gegen sie trat. Nun war sie sich sicher, dass dies das richtige Haus war. Sie erkannte die Einrichtung, auch wenn diese im Schatten lag. Sie erinnerte sich an jenen Flur, nur mit dem Unterschied, dass er früher etwas ordentlicher ausgesehen hatte. Es polterte laut, als sie sich der Küche näherte, aus dem ein grelles Licht drang.
„Sandice?“, fragte sie noch einmal, als sie den Perlenvorhang zur Küche klackernd beiseiteschob. Eine kleine, graue Katze huschte an ihren Beinen vorbei, in Richtung Ausgang.
„Ja?“, erklang eine leise Stimme. Maira näherte sich ihr. Sandice saß am Tisch und starrte wie gebannt vor sich hin. Erst als Maira direkt neben ihr war, erkannte sie, dass es Tarot Karten waren, die in einer Formation auf dem Tisch ausgebreitet lagen.
„Du erinnerst dich vielleicht nicht mehr an mich. Ich war früher oft mit meinem Onkel Andash bei dir, als ich noch ein Kind war.“
Sandice wandte nur langsam ihren Kopf in Mairas Richtung. Ihre Augen waren vollkommen leer, nur erfüllt von einer weißlichen Farbe. Maira begriff nun, weshalb hier alles so anders war, so chaotisch, so vernachlässigt. Die alte Sandice war blind geworden.
„Ich erinnere mich an dich, mein Kind“, entgegnete diese und lächelte ein wenig. Mairas Blick fiel auf ihre Hände, deren Finger schwarz angelaufen und die Nägel mit blutigen Krusten bedeckt waren. Unwillkürlich sah sie sich nach etwas um, womit sich dies erklären ließ. Unter den Tarotkarten erblickte sie schließlich tiefe Kratzspuren auf der Tischplatte.
„Was ist passiert, Sandice?“, fragte sie und setzte sich zu der Alten an den Tisch. Diese hob schützend die Hände über ihre Augen und schluchzte.
„Armes Mädchen, armes Mädchen.“
„Wen meinst du?“, fragte Maira, während sie Sandice ein Taschentuch von sich, in die Hand legte. Abrupt holte diese Luft, packte nach Mairas Arm und umklammerte ihn krampfhaft. „Sie werden kommen, sie werden kommen und den Schlüssel mitnehmen!“
„Wer, wer wird kommen?“ Maira strich Sandice beruhigend über die Schulter. Sie hatte Mitleid mit der alten Frau, die sichtlich verwirrt schien.
„Die Boten der Finsternis. Die Dämonen.“
Maira schluckte, dann zwang sie sich zu lächeln. „Nein, nein, keine Angst. So etwas gibt es nicht wirklich“, versuchte sie Sandice zu belehren. Plötzlich wurde Sandice seltsam ruhig. Sie ließ von Mairas Arm ab und tastete nun deren Hals entlang, hinauf bis zu ihrem Gesicht, welches sie mit beiden Händen umschloss wie das eines unschuldigen Kindes. „Sie sind schon da. Sie sind dir gefolgt“, hauchte sie. „Sei stark Maira, sei gut Maira.“
„Sandice!“, ertönte gleich darauf eine dunkle Stimme hinter Maira. Vorsichtig drehte sie sich nach ihr um. Ihr Herz pochte wie wild, als sie den unheimlichen Mann erblickte, der sie mit einem euphorischen Gesichtsausdruck betrachtete.
„Ihr werdet den Schlüssel nicht für euch gewinnen“, flüsterte Sandice, die angespannt auf ihrem Stuhl saß.
„Ach nein?“, höhnte der Mann und machte einen hastigen Schritt auf sie zu.
„Hast du das etwa gesehen?“
„Ihr habt mir vielleicht mein Augenlicht genommen, aber dennoch bin ich nicht blind“, erwiderte sie
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