Est Electio: Dämonische Versuchung (German Edition)
ein eiskalter Schauer über den Rücken lief. Was waren das nur für Kreaturen? Sie war sich sicher, dass keiner von ihnen ein Mensch war. Sie alle wirkten tot, freud- und lieblos mit einer gespielten Menschlichkeit, die aber so offensichtlich falsch war, dass sie das Gefühl bekam, dass diese Wesen, wer immer sie auch waren, noch nicht lange auf der Erde weilten. Ihr Erscheinungsbild hatte nichts mit echten Menschen gemein. Die Bewegungen waren so flink, einfach zu unrealistisch. Selbst jedes Blinzeln kam dem einer Puppe, mit beweglichen Lidern näher, als dem menschlicher Augen. Auf den ersten Blick vermochten sie zu täuschen, aber sobald man einen zweiten riskierte, konnte jeder leicht den Betrug aufdecken. Zu leicht , dachte Maira. Als wäre das Bedürfnis unerkannt zu bleiben, für sie nicht mehr als ein Spiel, bei dem sie nur gewinnen konnten.
Maira verstand nicht, was dies zu bedeuten hatte. Warum interessierten sie sich so für sie? Ihr Leben lang hatte sie wenig Aufmerksamkeit auf sich gezogen, auch wenn sie sich so manches Mal mehr davon erhofft hatte. Sie kam sich klein vor, unscheinbar. Vermutlich werden sie mich töten , dachte sie. Sie nahm sich vor tapfer zu sein, wenn dies tatsächlich der Tag sein sollte, an dem es für sie Zeit war zu sterben. Atemlos vor Angst blickte sie sich in dem Raum, in den sie Lussia soeben geführt hatte, um. Soldan saß zurückgelehnt in einem Sessel, doch er war nicht alleine.
„Breda?“, brach es aus Maira heraus. „Was machst du denn hier?“
Nur langsam sah er zu ihr auf. Es lag etwas in seinem Blick, dass sie zum ersten Mal an ihm entdeckte. Es war ihr unheimlich, genau wie diese anderen Gestalten ihr unheimlich waren. Sie, die dieses Haus füllten. Und die Erkenntnis, darüber, dass er einer von ihnen war traf sie, wie ein harter Faustschlag, mitten ins Gesicht.
„Hat er dir nichts von seinen Absichten erzählt?“, stichelte Soldan. „Sag bloß du weißt nichts von der Welt und von deiner Aufgabe hier?!“ Er ging direkt auf Maira zu, presste sein Gesicht so dicht an das ihre, dass sie seinen kalten Atem spüren konnte.
„Los!“, forderte er. „Horch in dich hinein. Du weißt es. Du willst es nur nicht zulassen. Schließ deine Augen.“ Seine Stimme war hart und unbarmherzig. Er hielt ihr seine ausgestreckte Hand vor das Gesicht.
„Soldan, Schluss damit!“, rief Breda, doch Soldan schickte ihm nur einen kurzen, verachtenden Blick, dann streute er die Bilder in Mairas Kopf. Die Bilder die ihr die Zukunft zeigten, voller Tod und Flammen. Die Hölle auf Erden. Entsetzt schrie sie auf und fiel weinend auf die Knie. Soldan sah ungerührt zu ihr herab. „Weißt du es nun?“, fragte er sie. Maira hatte die Hände schützend über ihr Gesicht gelegt. Soldan drehte sich zu Breda um. Er blickte ihm in die Augen und lachte gleich darauf herzhaft. Er hatte ihn enttarnt. Das Breda sich um sie sorgte, war weit mehr, als das, was er sich erhofft hatte. Wie ein Luchs beobachtete er die beiden. Er würde warten und Breda in das offene Messer laufen lassen.
Mit beiden Händen half Breda Maira vom Boden aufzustehen.
„Es tut mir so leid, Maira“, flüsterte er. „Er hätte dir diese Bilder nicht zeigen sollen.“
„Komm jetzt Breda, lass sie hier. Wir müssen noch einiges besprechen.“
Wortlos folgte Breda Soldan aus dem Zimmer. Maira blieb alleine zurück. Sie presste die Hand auf ihre schmerzende Stirn. Ihr Kopf war wie betäubt durch jene Bilder der Hölle, die sie soeben, gegen ihren Willen, hatte sehen müssen. Rasch lief sie zur Tür und rüttelte verzweifelt am Griff. Verschlossen. Wieder klopfte es an einem der Fenster. Maira war erleichtert die Elster aufs Neue zu sehen. Sie trug nun das Pentagramm in ihrem Schnabel und schob es zwischen den winzigen Spalt des gekippten Fensters hindurch.
„Was soll ich damit machen?“, fragte Maira die Elster, die gleich darauf ihren Kopf in Richtung Tür drehte und wild mit den Flügeln flatterte. Das Pentagramm glühte nun in Mairas Hand auf. Etwas das es zuvor nie getan hatte. Sie überlegte nicht lange und rannte zur Tür. Sie horchte ob sich dahinter etwas tat. Stille. Wie im Affekt hielt sie das Pentagramm an das Schlüsselloch und sein Glühen ging auf das Metall des Schlosses über und zerschmolz es schließlich mit Leichtigkeit. Vorsichtig öffnete sie die Tür und schlich leise hinaus. Am Ende des Flures hörte sie jemanden, der mit großen Schritten über das Parkett stampfte. Und so blieb ihr nur,
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