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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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brüllte: »Herde wenden und nichts wie weg, bevor …«
    Es war zu spät. In unserem Rücken kam plötzlich ein Wind auf und blies der Herde entgegen. Die Einhörner blähten die Nüstern, rührten sich aber nicht vom Fleck. Ich konnte mitansehen, wie die Veränderung einsetzte. Erst ganz langsam, dann mit immer beunruhigender Schnelligkeit erschien vorn an der Schnauze des Führungseinhorns eine blasse Lavendelfärbung und breitete sich über seinen ganzen Körper aus. Das Tier zu seiner Rechten wieherte, als eine Woge aus Butterblumengelb es überspülte; das Tier rechts von diesem nahm eine frostblaue Färbung an. Die Flut der Pastellfarben setzte sich von einem Einhorn zum nächsten fort. Manche wurden blütenrosa, andere minzgrün, aber keins von ihnen entkam seinem Schicksal. Ein entsetztes Geheul im hinteren Teil der Herde bestätigte uns, daß Torse mitangesehen hatte, was geschah, und daß er zugleich wußte, wie völlig machtlos er war, es aufzuhalten.
    Mysti gaffte fassungslos das Regenbogenmeer eben noch weißer Einhörner an. »Habe ich das etwa ausgelöst?« fragte sie unschuldig.
    Erbärmliches Welfie-Weib!« Onkel Corblys Stimme zitterte vor Wut. »Wo sind deine Flügel? Hätte ich sie auch nur leise flattern sehen, hätte ich das der Herde vielleicht noch ersparen können!«
    »Ihre Flügel … sie haben ihr ihre Flügel abgenommen, als wir … als wir geheiratet haben«, stammelte ich.
    »Geheiratet? Dann war das also die Wahrheit, als du sie deine Frau nanntest?« Onkel Corblys buschige Augenbrauen schössen in die Höhe. »Hast du dich etwa auf die Seite dieses verräterischen, einhornfärbenden Ungeziefers geschlagen?«
    Ausgerechnet diesen Augenblick mußte Basehart sich aussuchen, um aus dem Gesträuch hervorzustolpern. »So redet man nicht mit der reinen und schönen Magd, die mir als Dienerin des Ewigen Guten und Gesetzes bei meinem Kampf gegen den Herrn der Schatten, des Bösen und des Chaos und so weiter zur Hand geht!«

    »Basehart.« Onkel Corbly liebte Tiere. Er sprach den Namen meines Bruders genauso aus, wie ein Sänger das Wort Musikkritiker ausgesprochen hätte. »Was ist das für ein Quatsch, den du da faselst?
    Bist wohl einmal zu oft die Treppe hinuntergefallen, wie?«
    »Er!« Basehart stach mit dem Finger nach mir. »Er ist der Herr all dessen, was ich sagte. Und ich bin der auserwählte Heros, von dem die alte Welfenprophezeiung kündet und der ihn töten … na ja, vielleicht nicht gerade töten, schließlich ist er mein Bruder, und das würde Mama mächtig aufregen, und zwar so schlimm, daß sie mir deswegen bis in alle Ewigkeit in den Ohren liegen würde … aber der ihn jedenfalls ganz bestimmt aufhalten wird.«
    Onkel Corbly sprach leise, trotzdem konnten wir ihn verstehen, obwohl der Verkehr auf der königlichen Schnellstraße sich wieder - an den stehenden Einhörnern vorbei - in Gang setzte. »Worin aufhalten?«
    fragte er.
    »Äh«, machte Basehart.
    »Das Universum an sich zu reißen«, ergänzte Mysti.
    »Oder wenigstens Orbix. Aber auf jeden Fall dieses Königreich.«
    »Und deshalb mußt du den König sprechen?« Onkel Corbly klang sehr gelassen und freundlich. »Um ihm mitzuteilen, daß du der Herr der Dunklen Dingsbumse bist?«
    »Onkel Corbly, ich bin nicht wirklich …«
    »Weil ich dir nämlich garantieren kann, daß du den König ganz bestimmt sprechen wirst. Dafür werde ich höchstpersönlich sorgen.
    Ich werde meine Stellung als Oberster Einhornwärter Seiner Majestät dazu nutzen, um sicherzustellen, daß ihr alle ohne jede Verzögerung in die Gemächer des Königs geführt werdet …
    »Toll, danke, Onkel Corbly!«
    »… damit König Steffan nämlich höchstpersönlich das Vergnügen hat, euch alle in sein finsterstes Verlies zu sperren - wegen des Verbrechens, königliche Einhörner einer Welfie auszusetzen!«
    Nun veranstalteten Mysti, Onkel Corbly und ich einen dreistimmigen Geschreiwettbewerb und stritten uns darüber, weshalb die königlichen Einhörner denn unbedingt weiß sein mußten, als ich plötzlich ein zweites graues Einhorn neben uns bemerkte. Der Mann, der es ritt, war gebaut wie ein Faß. Sein Gesicht war länger als eine der Jagdgeschichten meines Vaters. Das mußte Torse sein, der die Herde von hinten bewachte.

    »Was ist passiert, Corbly?« jammerte er. »Was ist denn nur aus unseren ganzen wunderschönen weißen Einhörnern geworden?
    Ich nahm Corblys Antwort nicht wahr. Ich hatte nur Augen für das geschmeidige, lächelnde,

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