Esther Friesner
Schließlich stürzte er sich mit einem glücklichen Fauchen auf einen gedünsteten Lachs, der doppelt so groß war wie er selbst, und machte sich darüber her. Er riß dicke Brocken aus dem Fisch und hielt nur einmal kurz inne, um den König anzublicken und zu sagen: »Weißt du was, daran könnte man sich als Kater glatt gewöhnen!«
Zwischen dem Streicheln und dem Füttern der Katze schaffte König Steffan es, uns alles zu gewähren, was wir von ihm erbaten. Fast alles.
»Die Hexe werde ich persönlich begnadigen«, verkündete er.
»Aber Euer Majestät, es ist eine Viertagesreise nach Gut Uxwutsch … vielleicht sogar noch länger, wenn Ihr in königlichem Stil reist«, warf Mysti ein und versuchte ihn zur Vernunft zu bewegen. »Das wird zu spät sein. Der Prozeß findet schon morgen statt.«
»Pah!« Mit einem Handwedeln wischte der König ihre Einwände beiseite. »Darum kümmere ich mich schon.« Sofort rief er einen Boten herbei. »Ich werde ihn mit einem Brief nach Gut Uxwutsch schicken, versehen mit dem persönlichen Siegel des Königs. Darin wird Edelherr Lucius Parkland Gangle befohlen, erst mit dem Hexenprozeß zu beginnen, nachdem ich dort eingetroffen bin«, sagte König Steffan und zeigte uns das Dokument. Dann reichte er es an den königlichen Siegelbewahrer weiter, der es seinerseits ausstreckte, damit die königliche Siegelrobbe es mit ihren nadelspitzen Zähnen gegenzeichnen konnte.
»Guter Junge«, sagte der Siegelbewahrer und warf dem Tier einen Fisch zu.
»Ark, ark!« erwiderte die königliche Siegelrobbe und klatschte die Vorderflossen zusammen, bevor sie wieder hinauswatschelte.
(Ein Siegel aus weichem Stein kann schließlich jeder schneiden und damit heißes Wachs prägen, um eine königliche Verfügung zu geltendem Recht zu machen. Genau das ist auch das Problem: Das kann nämlich wirklich jeder. Aber niemand kann das einzigartige Muster fälschen, das die Zähne eines bestimmten Tiers hinterlassen, weshalb die Monarchen von Gladderadatsch auch immer in Palästen wohnen, in denen es nach Hering riecht.) »Und vergiß nur nicht, eines meiner Einhörner zu nehmen«, wies der König den Boten an. »Wir können nicht zulassen, daß der Prozeß ohne uns beginnt.« Nachdem der Bote sich verneigt hatte und gegangen war, wandte König Steffan sich uns zu und lächelte. »Ich habe noch nie eine echte Hexe gesehen.
Das wird ja richtig spaßig werden!«
Spaßig. Ich vermute, es war wahrscheinlich auch spaßig, in der königlichen Kutsche zu fahren. Der König ließ Mystis Teppich von seinen Dienern auf dem Dach festzurren, dann befahl er seiner Leibwache, uns zu Pferd zu folgen. Es kümmerte ihn nicht, daß die Soldaten Gut Uxwutsch erst lange nach uns erreichen würden.
»Es ist ja nicht so, als bedürfte ich des Schutzes«, erklärte der König.
»Mein Volk betet mich an. Außerdem …« Seine Hand legte sich auf meine Schulter. « … ist das ja wohl Schutz genug, wenn ich in Begleitung des größten Zauberers reise, den Orbix je gesehen hat.«
»Ach, wann kommt der denn?« fragte Basehart. Mysti knallte ihm den Ellenbogen in die Magengrube.
»Euer Majestät erweisen meinem edlen Gebieter Meister Kendar zuviel der Ehre«, sagte sie mit einem kecken Augenaufschlag in Richtung König.
»He!« protestierte Basehart. »Der ist doch gar nicht der größte Hexer, wie du gesagt hast. Er ist der Böse Finstere Chaosherr des … des … des Finsteren Chaotischen Bösen!« Damit fing er sich Mystis zweiten Ellenbogen ein.
Sie riß ihn beiseite, aber nur soweit, daß ich jedes Wort verstehen konnte, das sie zu ihm sagte.
»Hör zu, Schlammhirn, Kendar muß als größter Zauberer von Orbix bezeichnet werden!« flüsterte sie heftig.
»Ach ja?«
»Ja, und nachdem wir uns um Mutter Krötenhauch gekümmert haben, muß der König Kendar einen eigenen Palast und eine feste Anstellung und neue Kleidung für jedermann und genug Geld gewähren, um davon viele, viele Beefsteaks zu kaufen.«
»Ach?« Basehart runzelte die Stirn. »Woher weißt du das denn?«
»Das gehört zu der uralten Prophezeiung.« Mysti schien zu glauben, damit sei der Erklärung genüge getan. Sie wußte ja nicht, daß mein Bruder manchmal überraschend - na ja, intelligent ist ein zu starker Ausdruck. Sagen wir einfach, daß er sich manchmal die ärgerlichsten Zeiten aussucht, um sich nicht länger nasführen zu lassen und statt dessen anzufangen, Fragen zu stellen.
»Wie geht denn diese uralte Prophezeiung genau?« wollte
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