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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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Rattenklopperstock selbst etwas Magik angezogen hatte, kurz nachdem Zoltan zu dem Schluß gelangt war, daß er mir meine Magik erst dann würde abnehmen können, wenn meine ursprüngliche Wolke wieder vollständig zusammengesetzt war. Es war ziemlich merkwürdig gewesen, mitanzusehen, wie Zoltan murmelte und mit den Händen über den Stab fuhr; und noch seltsamer war es gewesen, ein goldenes Magikgespenst zu erblicken, in Stockform, wie es sich von dem Holz gelöst hatte und sich mir an die Brust warf. Es hatte gekitzelt, und überall dort, wo es mich berührt hatte, prickelte und brannte es leicht, aber es war kein unangenehmes Gefühl gewesen.
    »Ja, ich erinnere mich«, erwiderte ich.
    »Na, siehst du, du brauchst dir also keine Sorgen zu machen, nicht wahr?«
    »Mhmh.« Ich rollte mich auf die Seite und preßte die Augen zu.
    Diesmal hielt es drei Herzschläge an. Ich sperrte den Mund auf, um etwas zu sagen.
    Zoltan mußte meine Kieferlade knarren gehört haben, denn er sprach als erster. »Was ist denn jetzt schon wieder los, Kendar?«
    »Nichts. Es ist nur … daß es mir leid tut.«
    »Schon wieder? Dir tut aber viel zuviel leid. Weshalb entschuldigst du dich eigentlich ständig? Wovor hast du denn Angst? Vor mir vielleicht? Glaubst du etwa, ich könnte wegen irgendeiner Kleinigkeit böse auf dich werden und dir mit einem kleinen Zaubererblitz die Augenbrauen absengen?« Er gluckste. »Wäre ja eine feine Art, mit einem Freund umzugehen! Selbst mit einem, der so viele nervige Fragen stellt.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. »Ich bin … ich bin dein Freund?«
    »Das hoffe ich doch.« Die Stimme aus der Dunkelheit klang warmherzig und aufrichtig. »Wenn du kurz mal darüber nachdenkst, daß wir zusammen auf die Reise gehen müssen, um den Rest von Meister Thengors Magik zu suchen, ist es doch wohl besser, wenn wir Freunde sind, oder? Außerdem habe ich dich schon immer gemocht, Kendar.«
    »Oh!« Ich spürte, wie meine Mundwinkel sich so weit zu einem Lächeln verzogen, daß ich schon glaubte, es würde mir das Gesicht auseinanderreißen. »Na, dann gute Nacht.«
    Er antwortete nur mit einem Grunzen, aber ich war viel zu glücklich, um mir etwas daraus zu machen. Der einzige Mensch, den ich schon immer bewundert und beneidet hatte, hatte mir soeben mitgeteilt, daß er mich schon immer mochte. Mich? Das wog die vielen Jahre auf, da ich Kendar Rattenklopper gewesen war. Ich kuschelte mich unter Edelfrau Inivrias Steppdecke und dachte ans Schlafen. Ich wollte meinen guten Freund Zoltan nicht weiter verärgern. Gern möchte ich glauben, daß ich eine Weile vor mich hindöste.
    Trotzdem …
    »Zoltan?«
    Keine Antwort. Ich fuhr im Bett auf und spähte zur Tür hinüber. Ein Eineinhalbmond warf silberblaue Lichtbalken ins Zimmer, doch nicht genug, um auf diese Entfernung deutlich sehen zu können. War Zoltan etwa auf seinem Posten eingeschlafen? Oder verschwunden?
    Schließlich weiß man ja, wie das so ist mit gedünsteten Lampreten.
    »Zoltan, ich wollte dir nur sagen, daß es mir leid tut, das mit … das mit deinem Vater«, flüsterte ich. Immer noch keine Antwort. Ich schlüpfte unter der Bettdecke hervor und kroch näher heran. »Ich sagte, es …«
    Die Worte gefroren mir in der Kehle. Dort, am Fuß des Betts, glühten zwei grüne Feuer. Sie brannten ganz dicht beieinander, strahlten auf eine unheimliche Weise, dir mir die Haare zu Berge stehen ließ. Im Herzen eines jeden smaragdgrünen Glühens war eine dolchklingenförmige völlige Schwärze zu erkennen, und als ich darauf starrte, vernahm ich eine merkwürdig vertraute Stimme, die aus der Richtung der dämonischen Flammen ertönte und von mir wissen wollte: »Bist du nackt?«
    »Hä?« stieß ich hervor.
    »Sohn einer Siamesin, das bist du ja tatsächlich! Na, dann streif dir mal ein paar Klamotten über und schwing die Hufe! Ich weiß nicht, wann Scheußling der Zauberjunge zurückkehrt, und bis dahin müssen wir die Fliege gemacht haben.«
    »Wer … ?«
    »Ich bin dein schlimmster Alptraum. Und jetzt Tempo, sonst beweise ich es dir noch!«
    Man zankt sich nicht mit Dämonen. Wenn man verliert, kommt es schlimm, und wenn man gewinnt, fressen sie einen. Ich packte meine Unterwäsche, den Kittel und die Hose vom Stuhl neben dem Bett, zog sie hastig über und schlüpfte stolpernd in meine Schuhe. Die grünen Flammen zuckten auf und ab, als würden sie anerkennend nicken.

    »Gut, super. Und jetzt nimm diese Kissen und die zweite Decke - da vorne, die

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