Esther Friesner
viermal so groß wirkte wie der Außenumfang des ganzen Pilzes. Betten und Sessel waren aus gezogenem Silber in der Form blühender Schlingpflanzen, die Kissen und Matratzen so weich und einladend wie ein Berg Blütenblätter. Hier gab es keins von diesen scheußlichen Kissen mit der Pollenfüllung. Der Boden war mit Bildern von Unterseewesen bedeckt, die aus Perlen, Türkis, Jade und Goldkacheln gefertigt waren.
Die Wände waren mit Webteppichen behangen, deren Jagdszenen so fantastisch ausgeführt waren, daß es schon den Anschein hatte, als würden Mensch und Tier gleich aus dem Bild springen und sich selbst zum Abendessen einladen.
»All das« war außerdem das Abendessen. Es war auf einem Kristalltisch für uns serviert, der auf einem aus einem riesigen Smaragd geschnitzten Drachen ruhte. Grym schnüffelte kurz, dann stieß er mich beiseite, so eilig hatte er es, sich über das Essen herzumachen.
»He, nicht so hastig!« ermahnte ich ihn. »Woher wollen wir wissen, ob man das Zeug wirklich unbeschadet essen kann?«
Der Barbar zerteilte ein ganzes Spanferkel mit einem einzigen Hieb Grabräubers, (Auf Befehl ihres Anführers hatten die Welfies ihm sein Schwert zurückgegeben.) Er nahm die eine Hälfte auf und riß mit den Zähnen einen ordentlichen Happen von den Rippen. »Ist schon ungefährlich«, sagte er mit vollem Mund. »Sollt’ nicht sein, vertraue ich darauf, daß deine mächt’gen Kräfte ahnden meinen Tod, o großer Meister Kendar.«
»Ach, plötzlich bin ich also der >große Meister Kendar Es ist noch nicht allzu lange her, da war >Schwächling< noch das Netteste, was du mich genannt hast.«
Grym zuckte die Schultern und riß einen zweiten dicken Brocken von den Schweineknochen. »Ein Mann, der es versteht, die bösen Welfies gar zu unterwerfen, dieser muß tatsächlich ein gewalt’ger Meister der Magik sein. Ich bin nun vollends davon überzeugt, daß all dein Reden über deine Hilflosigkeit betreffs Beherrschung deiner Kräfte einfach nur deine hexerische Art, den Scherz mit mir zu treiben, ist.
Zahlreich sind die Erzählungen meines Volkes von großen Zauberern, die ihre wahre Macht vor gemeinen Menschen verbergen, um besser prüfen sie zu können. Ja, je größer der Zauberer, um so mehr verhält er sich wie ein Vollidiot. Allein daraus muß schon schließen ich, daß du der größte Zauberer aller Zeiten bist. Und wenn’s dir beliebt, mich solcherart zu prüfen, so soll es sein.«
Ich gesellte mich zu ihm an den Festtisch. Scandal trabte neben mir her. »Weshalb sollte ich dich denn prüfen wollen?«
Der Barbar riß dem Ferkel einen Hinterlauf ab und warf ihn mir zu, bevor er antwortete. »Du willst erfahren, ob ich auch würdig deiner Magik bin, o edler Zauberer. Hab’ ich mich solcherart erwiesen, so wirst erfüllen du mir mein Begehr und nehmen mir den Fluch dies’ meines Antlitzes.«
»Da liegst du voll im Trend, Arnold.« Scandal setzte sich auf die Hinterläufe und kratzte mit der Pfote an Gryms Bein.
»Wie war’s denn mal damit, ein bißchen von dem Ferkel hierher auf die billigen Plätze zu befördern?«
Der Barbar lächelte und riß dem Ferkel den anderen Hinterlauf ab.
Er ließ ihn fallen und verfehlte Scandals Kopf dabei nur um Zollbreite. »Schmause nur, o ehrenwertes Tier! Sein könnt’s, daß dein großmütiger Herr hier meine Güte gegen geringere Kreaturen prüfen will.«
»Damit wir uns mal klar verstehen, Tarzan«, schoß Scandal mit vollem Maul zurück. »Katzen sind gegenüber niemandem jemals geringere Kreaturen.« Grym gluckste nur.
Das ging langsam zu weit. Ich hatte keine Lust, mit dem Barbaren schon wieder Schwierigkeiten wegen irgendwelcher Lügen, meine Magik betreffend, zu bekommen, auch wenn es gar nicht meine eigenen Lügen waren. Ich versuchte die Sache richtigzustellen.
»Grym, ich sage dir doch …«
Ach, laß ihn in Frieden, Chef. Scandals Stimme bohrte sich in meinen Kopf. Wenn er das unbedingt glauben will, laß ihn doch.
Kostet dich doch kein müdes Nasenhaar.
Ich schloß die Augen, konzentrierte mich und dachte: Ich kann es nicht leiden, wenn du das tust. Ich kriege Kopfschmerzen davon.
Die Antwort des Katers ertönte so mühelos in meinem Kopfinnern, als würde er laut zu mir sprechen: Ist ja wirklich furchtbar. Allerdings vergißt du dabei, daß ich dir damit deine Pelle gerettet habe. Und nicht zum erstenmal, wenn ich das mal hinzufügen darf.
Wie kommt es, daß du diese Telly- … Tell- … was immer es ist,
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