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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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daß ich jedesmal, wenn ich das zu Hause bei religiösen Gesprächen getan hatte, von Mutter eine Ohrfeige verpaßt bekommen hatte. Sie hatte gesagt, daß es zu meinem eigenen Besten sei und daß ich es später, wenn ich erst einmal erwachsen und richtig religiös sei, schon verstehen werde.
    Dann könne ich meine eigenen Kinder ohrfeigen.
    Eine schlichte Ohrfeige war nichts Lebensbedrohendes, also würde meine Magik auch nichts dagegen unternehmen; doch stand zu bedenken, daß eine Ohrfeige von Grym höchst wahrscheinlich um einiges weher tun würde als eine von Mutter. Also zog ich es vor, Gryms Göttern ihren Willen zu lassen, was ohnehin stets der klügste Umgang mit Göttern ist.
    Nun schob Grym Grabräuber in seine Scheide und entrollte den Teppich mit einem Rucken seiner mächtigen Handgelenke. Dann nahm er mit untergeschlagenen Beinen darauf Platz und schloß die Augen. Ein leises Stöhnen quetschte sich durch seine Lippen.
    »Was ist los mit ihm?« fragte Mysti. »Hat er etwa Voondrabs außerhalb der Saison gegessen?«
    »Pst.« Ich bedeutete ihr, den Mund zu halten. »Er begibt sich nur in eine Trance. Das ist schon in Ordnung, er weiß, wie das geht. Er hat mir erzählt, daß er zu Haus einmal Jungschamanenpfadfinder war. Er muß in Trance sein, um zu interpretieren, was Scandal gesagt hat.«
    »Was? Diese Geschichte über eine Scheidung?« Mystis Blick versteinerte sich. »Das kann ich dir auch ohne Trance interpretieren: Sag es noch einmal, und ich verwandle dich in
    Wurmfledermausstreifen.«
    »He, weshalb bist du denn so wütend auf mich? Ich weiß doch genausowenig wie du, was eine Scheidung ist!« Ich wußte nur eins -
    wenn sie so groß und haarig sein sollte, wie Scandal gesagt hatte, wollte ich ihr lieber nicht im Dunkeln begegnen.
    »Die Götter sprechen«, verkündete Grym. »Das Tier hat Worte von mystischer Bedeutung geäußert, ein Zeichen von oben, wie wir am besten bewältigen unsere edle Queste, die Waldhexe zu vernichten.«
    »Er hat gesagt, wir sollen ein Haus auf sie fallen lassen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Das könnt ihr vergessen. Da mache ich nicht mit. Nicht einmal, wenn ich könnte.«
    »Beachtet ihn nicht, o ihr Götter«, dröhnte Grym. »Er wird noch zu der Einsicht finden, daß weise es ist, zu befolgen eure Gebote. Also sprach der Kater, also soll es sein.« »Der Kater sprichet also nur, damit er sich selbst sprechen höret«, warf ich ein. »Grym, da ist etwas, das du besser gleich wissen solltest: Wir werden keine Häuser fallen lassen, keine Questen erfüllen oder irgendwelche Hexen vernichten.
    Hexe, ha! Glaubst du eigentlich alles, was die Welfies dir erzählen?
    Woher wollen wir denn wissen, ob diese >Hexe< nicht nur irgendeine arme alte Dame ist, die in den Wald gezogen ist, weil ihre Familie starb und weil dies der sicherste Ort war, den sie finden konnte?«
    Grym riß ungläubig die Augen auf. »Sicher? Ein Wald voller Welfies?«
    »Der Einwand deines Freundes ist nicht von der Hand zu weisen«, bemerkte Mysti. »Der Gebieter Valdaree wußte schon, was er tat, als er dir auftrug, die Waldhexe zu töten.
    Meinst du vielleicht, er hätte dir etwas aufgetragen, das er selbst leicht genug hätte ausführen können?«
    »Einen Moment mal, Honigklümpchen.« Scandal stolzierte zwischen Mysti und mich. Mystis harter Blick war nichts im Vergleich zu der grünäugigen Miene des Katers.
    »Willst du damit sagen, daß ihr Welfies schon mal versucht habt, die alte Dame ins Eis zu schicken?«

    »Eis«, wiederholte Grym und ging wieder in seine Jungschamanenpfadfindertrance. »Wir müssen pilgern als erstes zum Eisgebirge, ein fliegend’ Haus zu suchen …«
    »Wir haben es versucht«, räumte Mysti ein. »Und versagt. Acht unserer besten Bogenschützen werden nie mehr einen Pfeil einlegen.
    Alles, was wir hinterher wiederfanden, war eine Handvoll Sequinen, einen zerbrochenen Pfeil und haufenweise Leichen.«
    »Richtig. Das genügt.« Ich verschränkte die Arme. »Da ich der einzige bin, der einem Anführer dieses Haufens nahekommt, beschließe ich hiermit, daß wir nicht einmal den Versuch unternehmen werden, auch nur in die Nähe dieser Waldhexe zu gelangen. Statt dessen werden wir nach Hause zurückkehren, was seit Meister Thengors Tod ohnehin mein einziger Wunsch gewesen ist.«
    Sie sahen mich alle an. Selbst Grym kehrte lange genug aus seiner Trance zurück, um mir einen seiner Du-kannstes-nicht-in-Wahrheit-meinen-Blicke zuzuwerfen.
    »Ich meinte mein Zuhause«,

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