Esti (German Edition)
Sie trügen mich auf Händen, denn das stimmt vielleicht, doch deshalb muss man immer noch den Rasen mähen, und im Übrigen tragen Sie mich eher auf dem Schwanz, was ich Ihnen natürlich nicht verüble …
Na logo, du Miststück!, dachte Esti wütend. Seine ungehobelte Erregung überraschte ihn selbst, so ein feiner Mensch, dann aber bitte … Wenn noch immer die Theorie gilt, dass Muskelkater durch Milchsäure verursacht wird, die schmerzhaft die Nervenenden reizt, dann begänne jetzt tief, undefinierbar, irgendwo in Estis dunklem Innern, hinterhältig wie Nasenbluten, die Milchsäure zu sickern.
Eine Teilmenge der sprudelnden Quellen
Ich könnte nicht sagen, wie es geschehen konnte, und gerade Kornél Esti! Der jedes Wort auf die Goldwaage legt (sich mit jedem Wort abmüht)! Wir müssen nämlich die verwirrende Situation konstatieren, dass Esti, dieser aus Worten gewobene Mann, lange Jahre hindurch, man kann sagen bis zur Mitte seines Mannesalters, nicht wusste, dass mein Sack und mein Schwanz – nicht meiner, es klingt nur blöd, der Sack und der Schwanz; der Satz schlingert – nicht dasselbe sind. Sie sind nicht identisch. Er hatte nicht mehr lange zu leben, als er sich schwerwiegende Gedanken darüber machte, quasi post festa. Er machte es zum Gegenstand ernster Erwägungen. Ja, die Erkenntnis haute beinahe die Sicherung raus! – würde ich auf die Schnelle sagen. Dieser Irrtum, so grübelte er, von wie viel Freude, Lust, Heiterkeit und Freundschaft war er die sprudelnde Quelle! Und von wie viel Schmerz, Enttäuschung, Scheitern und Einsamkeit!
Von wie viel?, gelangweilt zog die Baroness die Augenbrauen hoch.
Das andere Ende des Lebens
Esti stürzte aus seinem Zimmer und fiel über die Baroness her, sie solle ihn sofort anrufen. Ich will es, Esti stampfte mit dem Fuß auf wie ein kleines Kind, dabei war er schon im fortgeschrittenen Alter. Du hast den Verstand verloren, stellte die Frau ruhig fest. Die Vorgeschichte von alldem war, dass Esti vor dem Herausrennen gehört hatte, wie die Baroness mit jemandem telefoniert. Er hatte gehorcht. Mein Gott, wie lieb, weich, nett sie spricht, auch die alltäglichsten Sätze sagt sie so, dass man errötet, wenn man es hört, wie gut muss es jetzt am anderen Ende der Leitung sein. Esti schlich in sein Zimmer zurück. Horchte. Es wird gut sein.
Appendix: Was ist die Liebe ohne Liebe wert, dachte Esti. Bekenntnisse eines verantwortungslosen Mannes, er zuckte sinnend die Schultern.
Eine Frau spricht
(Esti wurde schließlich Oberst. Er freute sich. Die Frau des Generals nahm sein Gesicht in ihre weichen Hände.) Sie täuschen mich nicht, Kornél. Sie taugen zu nichts, ausschließlich zum Kriegführen und mitunter nicht einmal dazu. Wenn Sie das Schlachtfeld verlassen, ist das, als watschelten die Schwäne am Seeufer. Wussten Sie das, Kornél, wussten Sie von diesem Gewatschel? Witzig. Erbärmlich. Sprechen Sie nicht. Sie lassen niemanden an sich ran, und dann wundern Sie sich, dass Ihnen niemand nah ist. Ich sehe, dass Sie das sehen, und ich sehe, dass Sie sich schämen. Richtig. (Ich will drei Sätze auf einmal sagen. Das nennt man Schweigen.) Glauben Sie nicht, lieber Kornél, dass nur Sie einsam sind. Wenn Sie brav sind, wird um elf Lammbries serviert. Schlüpfen wir bis dahin ins Bett. Am Ende werden Sie noch General, aber so lange warte ich nicht ab, Sie Strolch.
Seite und Kehrseite
Seite
E r wachte mit summenden, kribbelnden Muskeln auf, mit summender, kribbelnder Muskulatur. Neben dem Wecker fand er einen kleinen Zettel. Esti, my dear – in the light of day you remain rare and fabulous … XXX
Klopfenden Herzens nahm Esti einen großen Laib Wörterbuch hervor.
Kehrseite
Damals, als er für Geld fickte, schlief er entweder nicht am Tatort oder stahl sich auf die gewöhnlichste Art und Weise früh aus dem Bett. Wie die schwarze Tulpe, Alain Delon, hinterließ er immer die gleiche kleine Karte (deshalb hatte er ständig einen kurzen IKEA-Bleistift in der Tasche): … (hier stand der aktuelle Name geschrieben), my dear – in the light of day you remain rare and fabulous … XXX
Zwiebelleben
W enn Portugiesisch die Sprache der Blumen ist, dann ist Deutsch was? Die Sprache des Krauts, könnte man frech sagen. Doch die Sprache des Blumenkohls wäre schon ein vertretbarer Standpunkt, das Wuchern des Blumenkohls erinnert an das Gehirn, und die deutsche Nation ist, wenn auch nicht die der Ratio, so doch die des Denkens.
Wie auch immer, damals sprach Esti noch
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