Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)
mit seinem Zeigefinger ihr Kinn anhob, um sie direkt anzusehen.
„Ich hätte dich warnen müssen. Das war mein Fehler. Wann findest du schon giftige Tiere, wenn du ein Zimmer betrittst?“
Das war typisch für Lenno! Immer versuchte er ihr das Gefühl zu nehmen, dass sie etwas falsch gemacht haben könnte, auch wenn sie es tatsächlich getan hatte. Sofort entspannte sie sich wieder und legte ihre Arme um ihn.
„Danke“, murmelte sie lächelnd.
Beim nächsten Betreten des Höhlenraumes ließ sie Lenno den Vortritt, der jeden Winkel nach ungebetenen Gästen absuchen musste. Erst nachdem Olivia sich sicher war, dass alle Schlangen, großen Spinnen, Eidechsen und sonstiges Getier von Lenno liebevoll in die Natur ausgesetzt worden waren, war sie bereit, ihre Schlafstelle auf dem Boden auszulegen. Amüsiert über Olivias Abscheu den Tieren gegenüber wurde er nicht müde, ihr einige von ihnen zu zeigen, damit sie die Angst vor ihnen verlor.
Das konnte er vergessen!
Sie wich immer wieder aus und wollte den Viechern um keinen Preis zu nahekommen.
„Du legst dich mit jemandem wie Bidziil an und hast dann solche Angst vor so kleinen Wesen, von denen dir die meisten nicht einmal etwas antun würden, geschweige denn könnten? Das verstehe ich nicht“, lachte Lenno kopfschüttelnd.
Olivia starrte ihn verständnislos an und bemerkte schlicht: „Du musst auch nicht jeden Winkel meiner Persönlichkeit verstehen.“
Der Tag neigte sich seinem Ende zu, als sie schließlich mit allen Vorbereitungen für die Nacht fertig waren. Sie setzten sich auf das Plateau, lehnten sich aneinander und sahen dem Sonnenuntergang zu. Es war atemberaubend, denn um sie herum flammte ein Meer von leuchtend roten Wolken auf. Bevor es jedoch stockfinster wurde, entfachte Lenno ein Lagerfeuer, an dem sie sitzend ihre letzten Vorräte teilten.
„Morgen muss ich bei Sonnenaufgang jagen gehen“, sagte Lenno, und Olivia schaute ihn überrascht an.
Wollte er etwa den Versorger spielen, während sie auf seine Rückkehr warten sollte? Nicht mit ihr!
„Wieso nur du? Kann ich nicht mitkommen?“
Lenno lachte. „Ok, wenn du unbedingt willst.“
„Ja, natürlich“, sagte Olivia unternehmungslustig, „ich will alles lernen. Jagen, Feuermachen, mich in eine Raubkatze verwandeln und wieder zurück. Was gibt es noch?“
Lachend beobachtete Lenno sie bei ihrer Aufzählung, die sie gut gelaunt mit riesigen Handbewegungen untermalte, und beugte sich schließlich zu ihr hinüber, um sie vorsichtig zu küssen.
„Du bist unglaublich, Olivia“, flüsterte er.
Da war er wieder! Dieser Unterton in seiner Stimme, der ihr heißkalt unter die Haut fuhr und ihren Körper augenblicklich in Aufruhr versetzte. Die Erinnerung an seine Berührungen, als er ihr in den See gefolgt war, waren plötzlich so wach, als bewegten sich in Wirklichkeit seine Hände über ihre Haut. Lenno schien ihr anzusehen, was in ihr vorging und lächelte sie an, während der goldene Schimmer in seinen Augen erwachte.
Auch wenn er ihrem Blick auswich, indem er in die Flammen schaute, ahnte Olivia, dass er genauso wie sie an das Angebot dachte, das er ihr in seiner Unterkunft in Tenya Nahele gemacht hatte. Aufgeregt biss sie sich auf die Unterlippe und fragte sich, ob sie einfach den ersten Schritt wagen sollte, um ihm zu zeigen, dass sie bereit war, darauf einzugehen.
Jetzt oder nie!, schoss es ihr durch den Kopf und dieser Gedanke gab ihr den letzten Schubs in seine Richtung.
Olivia erhob sich langsam, blieb selbstsicher vor Lenno stehen, der sie vom Boden aus überrascht beobachtete, und reichte ihm ihre Hand, die er für einen kurzen Moment lang irritiert betrachtete. Es war ihm deutlich anzusehen, wie nervös er plötzlich wurde und sich offenbar fragte, ob er ihre Geste richtig verstand. Als sich ihre Blicke wiedertrafen, lächelte sie ihn einfach an. Ihre Hand fuhr ihm durchs Haar und sie beugte sich zu ihm hinunter, um ihn zu küssen. Kaum hatten sich ihre Lippen berührt, löste er sich aus seiner Erstarrung und stand ebenfalls auf, ohne auch nur einen Augenblick von ihr zu lassen. Als er sie hochhob, sie ihre Beine um seine Hüfte schwang und ihre Hände in seinen Haare vergrub, war beiden klar, dass sie nun nichts mehr daran hindern konnte, das zu Ende zu bringen, was sie in Tenya Nahele begonnen und in der letzten Nacht vorbereitet hatten.
Als Olivia und Lenno sich in dieser Nacht das erste Mal liebten, tat sich eine bedeutendere Verbindung zwischen ihnen auf, als
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