Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)
sagte liebevoll: „Willkommen in deiner neuen Familie!“
Nach einer Weile betrachteten sie sich nachdenklich und ein wenig neugierig, denn plötzlich hatte ihre Beziehung zueinander eine vollkommen andere Ebene erreicht. Olivia fragte sich zum ersten Mal, seit sie Wenona kannte, wie eng ihre Verbindung zu ihrem Bruder war.
Lenno hatte recht damit behalten, als er meinte, es wäre besser für sie, wenn er bei ihrer ersten Rückverwandlung nicht anwesend sein würde. Es lag eine schwere Zeit hinter ihnen, die viel Vertrauen von Olivia gefordert hatte. Sie hatte in den letzten Tagen oft bitterlich geweint, weil sie nach Hause wollte. Auch hatte sie die Nahrung verweigert, sodass Wenona sie wie ein Kleinkind hatte füttern müssen. Bei ihr verspürte Olivia jedoch nicht das Gefühl, dass sie sich für irgendetwas von dem, was passiert war, schämen müsste. Bei Lenno wäre das wahrscheinlich etwas anderes gewesen. Hoffentlich erzählte sie ihm nichts davon!
Auch die Sache mit der Markierung war ihr jetzt unangenehm. Als Lenno sie markiert hatte, war ihr nicht wirklich klar gewesen, dass sie von nun an zu seiner Familie gehörte, die weder sie kannte noch umgekehrt. Verheimlichte Lenno es deshalb? Bereute er, diesen Schritt gegangen zu sein? Würde Wenona ihre Mutter darüber informieren?
Lennos Schwester legte fürsorglich die Hand auf Olivias Wange, und als ob Wenona ahnte, was in ihr vorging, sagte sie lächelnd: „Keine Angst! Nichts, was zwischen diesen Wänden geschehen ist, wird diesen Raum verlassen.“
Olivia atmete erleichtert durch, nickte und lächelte sie dankbar an.
„Du bist bald so weit, Soyala“, fuhr sie fort. „Du hast es fast geschafft. Mein Bruder wird stolz auf dich sein.“
Nachdem sich Olivia mit Wenonas Hilfe die Haare gewaschen hatte, brachte diese eine weitere Schüssel mit Wasser, damit Olivia in der Zeit, in der sie allein sein würde, ihren Körper waschen konnte. Bevor ihre neue Vertraute ging, um nach ihren Kindern zu sehen, riet sie ihr besorgt: „Sei bitte vorsichtig, wem du deine Markierung zeigst! Yuma sollte es nicht geheim halten!“
Daraufhin saß Olivia still in dem kleinen Höhlenraum, die Schüssel mit dem Wasser vor sich. Gedankenverloren tippte sie mit der Fingerspitze die glatte Oberfläche an und beobachtete die Wellen, die sich darauf ausbreiteten. Warum hatte Wenona ihren Bruder Yuma genannt? Wie viele Namen hatte Lenno denn noch? Und was sie wohl bedeuteten? Alles in dieser Welt hatte einen Namen, der immer auch eine besondere Bedeutung hatte.
Nach den Strapazen der letzten Tage konnte Olivia endlich wieder etwas klarer denken. Sofort kamen so viele Fragen in ihr hoch, dass sie es kaum abwarten konnte, Lenno zu sehen. Aber nicht nur das. Sie war bereits seit fünf Tagen in seiner Welt und hatte ihn seit ihrer Ankunft nicht mehr gesehen. Er fehlte ihr.
Nachdem sich die Wasseroberfläche beruhigt hatte, wagte Olivia einen Blick in die Schüssel, um ihr Spiegelbild zu betrachten. Und da war es. Ja, das war sie, und sie sah aus wie immer. Es tat gut, in einer so fremden Umgebung etwas so Vertrautes wie das eigene Gesicht zu sehen.
Plötzlich hörte sie vom Eingang her ein Geräusch. Nervös schaute sie dorthin. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Es war zu früh für Wenona. Da Lenno ihr geraten hatte, mit niemandem zu sprechen, konnte sie auch nicht fragen, wer sich dort aufhielt.
„Soyala?“, flüsterte eine weibliche Stimme, die Olivia nicht kannte. Neugierig erwartete sie die Person, die sie, genauso wie Wenona, mit dem ersten Namen ansprach, den Lenno ihr für diese Welt gegeben hatte. Hinter dem Vorhang erschien ein hübsches, rundes Gesicht, das sie anstrahlte und dessen Grübchen um den Mund sie sofort an Lennos Lächeln erinnerten.
„Soyala, ich bin Nova Nituna. Darf ich reinkommen?“, fragte sie flüsternd, wobei sie sich erneut umdrehte und sich vorsichtshalber im Gang umsah. Olivia schmunzelte und nickte, als Nova wieder zu ihr hinsah.
Gespannt beobachtete sie, wie Lennos jüngere Schwester lautlos in den Raum schlüpfte, sich ihr gegenüber auf den Boden setzte und etwas hinter sich legte. Dann ließ auch Nova ihren Blick eine Weile neugierig über Olivias Gesicht gleiten.
„Ich dürfte gar nicht hier sein“, erklärte sie kichernd, „aber ich konnte mich nicht zurückhalten, mir Yumas Satinka anzusehen.“ Olivia stutzte. Sie verwendete ebenfalls einen anderen Namen, dieses Mal allerdings einen von ihren, als käme es auf den
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