Eternal Riders: Ares (German Edition)
weit darüber hinaus, Gedanken zum Leben zu erwecken. Sie konnte auch neue Schichten über ein bereits existierendes Bild zeichnen, ohne dass sie sich gegenseitig auslöschten. Die Szenen fügten sich harmonisch ineinander, jede eigenständig und doch vereint.
»Jetzt fehlt nur noch der letzte Schliff.«
Ihre langen, knochigen Finger huschten federleicht über das Muster, das sie aus seinem jüngsten Besuch der Leichenberge gemacht hatte, die durch Pestilences slowenische Seuche entstanden waren. »Diesmal war es besonders schlimm. Dein Bruder ist fleißig gewesen.«
»Was hast du gehört?« Sein Hauptgrund, heute herzukommen, war, Orelia ein wenig auszuhorchen. Das Tattoo hätte warten können, aber er brauchte dringend Informationen, und diese Frau, die bis in die Köpfe ihrer Kunden vordringen konnte, hatte ihre Finger auf dem Puls der Unterwelt.
»Du weißt, dass ich nicht über Dinge reden kann, die ich nicht wissen sollte.«
Standardantwort – Standardgelaber. Für so was hatte Than keine Zeit. »Mein Bruder versammelt eine Armee. Ich will wissen, wo.«
»Woher soll ich das wissen?«
Than griff mit dem Arm hinter sich, packte ihr dünnes Handgelenk und zog die Tätowiermaschine von seiner Haut fort. Mit einer einzigen raschen Bewegung warf er sich auf den Rücken und zog Orelia an sich. Wie bei den meisten Silas-Dämonen war ihre Haut so weiß, dass die Adern darunter sichtbar waren. Ihr Mund war ein einfacher Spalt, hinter dem spitze, schwarze Zähne sichtbar waren, und ihre Nase war wenig mehr als ein Hubbel, der zwei klaffende Löcher einrahmte. Im Unterschied zu den meisten Silas-Dämonen hatte sie sich Augen auf ihr Gesicht tätowiert.
Er ließ seine Fänge herausfahren. Da sie Bilder aus seinen Gedanken empfangen konnte, war sie eine der wenigen Personen, die wussten, was er war, und die er deshalb nicht getötet hatte. Nicht einmal seine Brüder und seine Schwester wussten es. Dies war ein Geheimnis, das er gut hütete.
»Ich muss dir wohl nicht erst sagen, wozu ich fähig bin«, sagte er. »Nachdem du schon seit Jahrhunderten meinen Körper tätowierst.«
»Wenn ich dir sage, was ich weiß, wird mein Leben in großer Gefahr sein.«
»Ich garantiere dir, dass ich weitaus gefährlicher bin als all deine anderen Kunden.«
Die Muskeln in ihrer Kehle bewegten sich, als sie ein paarmal schluckte. »Aber ich will die Apokalypse nicht aufhalten. Ich will raus aus Sheoul. Welche Szenen ich auf Menschen malen könnte … « Ein grauenhaftes Lächeln teilte ihr ovales Gesicht. Sie hatte einmal gesagt, dass ihr Talent bei Menschen prophetisch sei. Für sie hatte sie besondere, extra schmerzvolle Instrumente, und sobald sie einem Menschen eine Szene eintätowiert hatte, in der er selbst vorkam, wurde diese zur Realität. Zudem war Orelia sehr kreativ. Und grausam.
»Hast du eine Ahnung, wie es ist, durch meine Hände zu sterben? Nachdem der Schmerz endet, wird deine Seele ein Teil von mir. Du wirst zusammen mit anderen Seelen in der Dunkelheit meines Panzers gefangen sein, wirst von ihrem Schmerz, ihrem Leid gequält werden. Wenn die Apokalypse kommt, wirst du die Erste sein, die ich mir hole, also wird dir sowieso keine Zeit bleiben, mit den Menschen zu spielen.« Er griff fester zu, bis sie wimmerte. »Und jetzt sag mir, was ich wissen will.«
»Es geht das Gerücht, dass sich meine Leute in der Horun-Region versammeln. Aber manche meiner Kunden haben gehört, dass es in Sithbludd zu größeren Unruhen kommt.«
»Was noch?«
»Pestilence hat unter allen Dämonen verbreiten lassen, dass jedem, der ihm den Kopf eines Aegi bringt, nach der Apokalypse ein Platz an seiner Seite sicher ist. Und er hat damit begonnen, insgeheim eine Prämie für die Ohren von Höllenhunden zu bezahlen. Das ist alles, was ich weiß. Ich schwöre es.«
Than ließ sie los und legte sich wieder auf den Bauch. »Gut. Jetzt beende dein Werk.« Er hatte noch viel zu tun.
23
Ares trat aus dem Höllentor in die Notaufnahme des Underworld General Hospital, eine Einrichtung, die von Dämonen geführt wurde und sich um die Geschöpfe der Unterwelt kümmerte. Ares hatte die Vorstellung bislang immer verrückt gefunden, aber jetzt war er doch verdammt froh, dass es so etwas gab.
Seine Stiefel trafen mit lautem Krachen auf dem Obsidianfußboden auf, als er zum Empfangstresen hinüberging, an dem eine schlanke, katzenartige Trillah-Dämonin mit irgendwelchen Papieren hantierte. Sie witterte und sah ihm mit gerunzelter Stirn
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