Eternally - Cach, L: Eternally
mit ihr zusammen zu sein. »Wie lange bist du schon auf der Fortuna-Schule?«, fragte Caitlyn, die sich gerne länger mit ihr unterhalten wollte.
»Das ist mein zweites Jahr. Vorher bin ich in ein Internat außerhalb von London gegangen, aber meine Eltern haben beschlossen, dass ich hier sicherer bin.«
»Sicherer vor was?«
»Keine Ahnung!« Naomi verdrehte die Augen. »Vor den Sünden Londons, nehme ich an. Sie fürchten sich vor Drogensüchtigen und Alkoholpartys und wollen nicht in einer Klatschzeitung sehen, wie ich ohne Slip aus einem Auto falle.«
»Und wieso würde dich jemand in eine Klatschzeitung bringen wollen?«
»Das würde niemand tun, da bin ich sicher. Aber meine Mutter ist die Königin der Ashanti, und sie glaubt, dass jeder auf unsere Familie blickt.«
Caitlyn riss die Augen auf. »Königin? Gott, wohin ich hier auch blicke, sehe ich Prinzessinnen!«
Naomi lachte. »Was wiederum bedeutet, dass wir nichts Besonderes sind. Eine Prinzessin zu sein, wird überbewertet.«
Caitlyn hatte da ihre Zweifel.
»Ich bin die Erste in der Thronfolge, aber ich will nicht«, fuhr Naomi so gleichmütig fort, als ginge es darum, dass sie nicht in das Schuhreparaturgeschäft ihrer Familie einsteigen wollte. »Ich möchte in den USA auf die Universität gehen und Jura studieren. Eines Tages möchte ich mich international für die Rechte von Frauen einsetzen.«
»Wow.« Caitlyn war beeindruckt. Das war ein sehr edles Ziel, und Naomi würde dafür sogar darauf verzichten, Königin zu werden! Alles, was sie selbst je hatte erreichen wollte, war, von Spring Creek fortzukommen; sie hatte sich allerdings nicht viele Gedanken darüber gemacht, wohin sie wollte. Was wollte sie eigentlich mit ihrem Leben anfangen?
Natürlich, jetzt würde die Schwesternschaft das für sie entscheiden, und es würde vielleicht nicht das sein, was sie gewählt hätte. Sie hatte ihre Entscheidungsfreiheit mit einer Unterschrift hergegeben, noch bevor sie überhaupt mit den Entscheidungen angefangen hatte. Bei dem Gedanken runzelte sie die Stirn.
»Was ist mit dir? Was hat dich hierhergeführt?«, fragte Naomi.
»Ein Stipendium«, bekannte Caitlyn.
»Du bist also ein Genie?«
»Ich bin weit davon entfernt!«
»Du bist bescheiden. Warum würdest du sonst ein Stipendium bekommen?«
»Madame Snowe glaubt, dass ich Potenzial habe.«
»Dann musst du es haben«, sagte Naomi einfach.
»Wenn, dann hat es sich die letzten fünfzehn Jahre jedenfalls nicht bemerkbar gemacht«, sagte Caitlyn mit ironischem Unterton.
Naomi lachte. »Was ist mit Kunst? Du warst heute die Beste von allen. Vielleicht wirst du der nächste Rembrandt!«
Caitlyn schüttelte den Kopf und lehnte das Kompliment ab. »Alles, was ich in meiner Skizze sehen konnte, war, was ich falsch gemacht habe.«
»Das bedeutet, dass du eine wahre Künstlerin bist: Du bist nie zufrieden.« Naomi lächelte, winkte lässig zum Abschied und ging zu ihrem Zimmer.
Caitlyn sah ihr nach, dann machte sie sich, tief in beunruhigende Gedanken versunken, auf den Weg zu ihrem eigenen Zimmer. Was, wenn sie sich wirklich entschließen würde, ernsthaft Kunst zu studieren und Künstlerin zu werden? Würde die Schwesternschaft der Fortuna das erlauben?
Caitlyn begann langsam zu ahnen, dass sie mit ihrer Zustimmung zum Stipendium der Schwesternschaft womöglich dem Teufel ihre Seele verkauft hatte.
Als sie daran dachte, fiel ihr wieder ein, dass es die Schwesternschaft der Fortuna war und dass es ein Geist gewesen war, der Antoine Fournier befohlen hatte, das Porträt von Fortuna im Großen Salon zu malen.
Caitlyn hatte das Gemälde zwar schon gesehen, es aber nicht genau betrachtet. Plötzlich war sie sicher, dass es mehr zu sehen gab als das, was sie auf den ersten Blick wahrgenommen hatte.
Es war an der Zeit, das Gemälde ein zweites Mal anzuschauen.
Kapitel 9
W as machst du denn noch so spät hier?«, fragte jemand.
Caitlyn blickte erschrocken von ihrem Buch auf und blinzelte in das gedämpfte Licht des Großen Salons. Dann lächelte sie erleichtert: Zu ihrer Freude war es Naomi.
»Hast du vor, den Orden für die fleißigste Schülerin zu gewinnen?«, fragte Naomi.
»Ich wusste gar nicht, dass es so was gibt.«
»Gibt’s auch nicht.« Naomi setzte sich in ihrem Schlafanzug auf die Ecke des Tisches, an dem Caitlyn saß.
Der Große Salon war ein riesiger Aufenthaltsraum im zweiten Stock des Flügels, in dem die Zimmer der Mädchen lagen. Terrassentüren führten auf einen breiten,
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