Eternally - Cach, L: Eternally
einen Holzscheit nachgelegt. Ein Urinstinkt in ihr hoffte, das Feuer würde böse Geister abhalten.
Wenn nichts anderes half, würde Licht helfen. Sie hatte schon vor Jahren festgestellt, dass die Erscheinungen sie bei genügend Licht viel seltener heimsuchten. Vielleicht hielt es die Kreischer fern, oder es wirkte so auf ihr schlafendes Gehirn, dass sie nicht erschienen.
»Also, wer ist die Frau in Schwarz?«, fragte Caitlyn.
»Das weiß niemand so genau«, sagte Naomi mit leiser Stimme, als habe sie Angst, von den Schatten belauscht zu werden. »Man weiß nur, dass mitten in der Nacht das Geräusch von raschelnden Seidengewändern zu hören ist. Als würde eine Frau durch die Gänge eilen, auf der Suche nach etwas oder jemandem, den sie niemals findet.«
»Seidengewänder?«, fragte Caitlyn. Kein Herzschlag?
»Raschelnd. Sch, sch, sch … «, sagte Naomi mit übertrieben weit aufgerissenen Augen. »Die beliebteste Version der Geschichte ist, dass sie eine junge Frau war, die darauf wartete, dass ihr Liebster aus dem Krieg zurückkehrte. Aber er fiel in der Schlacht, und sein Feind nahm sich erst die Burg und dann sie. Sie stürzte sich von den Zinnen, um ihm zu entkommen, und wandert seither für alle Ewigkeit in schwarzer Trauerkleidung durch die Burg, auf der Suche nach ihrem verlorenen Liebsten, Raphael.«
Caitlyn stockte der Atem. Raphael!
Sie starrte Naomi an. Das Holz im Feuer knackte, und sie fröstelte.
»Es ist nicht wahr , Caitlyn!«, sagte Naomi lachend. »Es gibt keine Gespenster.«
Raphael . Das konnte kein Zufall sein! Caitlyn schauderte und zog sich die Decke bis zur Brust. »Hat schon mal jemand die Schwarze Frau gesehen?«
»Na ja … « Naomi biss sich auf die Unterlippe. »Zuerst musst du feierlich schwören, dass du es niemandem erzählst.«
Caitlyn nickte. Ein boshaftes Lächeln erschien auf Naomis Lippen. »Manchmal, wenn ich nicht schlafen kann, wandere ich durch die Burg. Und du weißt, wie dämmrig die Gänge nachts beleuchtet sind … «
Caitlyn nickte wieder.
»Nun, einmal hat Daniela mich nachts gesehen. Sie war auf dem Weg zur Toilette, und ich war am anderen Ende des Gangs, fast im Dunkeln. Ich hatte meinen dunkelblauen Schlafanzug an und stand bewegungslos da. Sie starrte mich mit diesem Kaninchen-kurz-vor-der-Flucht-Blick an, wie jemand, der erschrocken ist von etwas, das er sieht, aber nicht genau weiß, was er sieht. Mir fiel ein, dass sie Kontaktlinsen trägt, und mir wurde klar, dass sie sie wahrscheinlich vor dem Schlafengehen rausgenommen hatte. Ich muss für sie ausgesehen haben wie ein undeutlicher Schatten in Menschengestalt. Sie starrte und starrte, und ich weiß nicht, warum, aber ich sagte nichts. Und dann begann ich auf sie zuzugehen. Ganz langsam, weißt du, auf Zehenspitzen, ohne ein Geräusch zu machen, bis auf das leise Rascheln meines Satinpyjamas.«
Entrüstet und neugierig zugleich beugte Caitlyn sich vor. »Was hat sie gemacht?«
»Sie ist ein paar Schritte rückwärts gegangen, hat wie eine Irre irgendwas gestammelt, dann hat sie sich umgedreht und ist in ihr Zimmer zurückgerannt. Am nächsten Tag wusste die ganze Schule, dass Daniela die Frau in Schwarz gesehen hatte.«
»Naomi, das ist gemein!«, sagte Caitlyn, auch wenn sie ein klein wenig Schadenfreude verspürte.
Naomi legte die Fingerspitzen einer Hand an die Lippen und riss in gespieltem Entsetzen die Augen auf. »Das war wirklich hinterhältig von mir, oder? Ich glaube, sie ist seitdem nicht mehr nachts auf die Toilette gegangen.«
»Warum hast du das getan?«
»Du kennst Daniela.«
»Ja. Okay. Ich glaube, ich brauche keine Erklärung.«
»Jedenfalls, ich hab ihr nichts Böses getan. Sie hat diese Geschichte ein Jahr lang ausgeschlachtet und noch Mathilde Obermann übertrumpft, das letzte Mädchen, das die Frau in Schwarz gesehen hatte.«
»Es gibt hier also wirklich ein Gespenst?«
Naomi schüttelte den Kopf. »Mathildes Frau in Schwarz war bestimmt nicht echter als Danielas. Sie lässt sich leicht beeinflussen und ist nicht allzu helle. Ich glaube, ich hätte die Frau in Schwarz inzwischen gesehen, so oft, wie ich mitten in der Nacht hier durch die Gänge spaziere.«
»Da hast du recht«, gab Caitlyn zu.
Naomi gähnte. »Was meinst du? Wollen wir’s noch mal mit Schlafen versuchen?«
»Geh du nur. Ich warte, bis das Feuer noch ein bisschen heruntergebrannt ist.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Wie du willst. Gute Nacht.«
»Nacht.«
Als sie weg war, wickelte Caitlyn sich
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