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Eternally - Cach, L: Eternally

Eternally - Cach, L: Eternally

Titel: Eternally - Cach, L: Eternally Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Cach
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holten.
    »Schön, dass du auch kommst, Caitlyn«, sagte Monsieur Girard, ohne sich von dem Holzpodest abzuwenden, auf dem er einen Stuhl und ein Kissen arrangierte. Er war ein untersetzter Mann mit rundem Gesicht und einem braunen Lockenkranz, der seinen ansonsten kahlen Schädel umgab. Wie alle Lehrer mit Ausnahme der Französischlehrerin sprach er Englisch, da dies die offizielle Sprache der internationalen Schülerschaft an der Fortuna-Schule war.
    »Tut mir leid. Ich habe mich verirrt.«
    Er blickte mit einer übertriebenen Geste auf die Uhr. »Im Wald vielleicht? Oder auf der Straße nach Paris?«
    »Tut mir leid«, murmelte sie noch einmal mit eingezogenen Schultern.
    Er prustete verächtlich. »Bau deine Sachen auf«, sagte er und wandte sich wieder dem Stuhl und dem Kissen zu.
    » Oui , Monsieur«, sagte sie gehorsam. Sie war froh, dass ihre Verspätung bis auf dieses verächtliche Schnauben keine weiteren Folgen hatte. Sie blickte sich um und versuchte herauszufinden, wie sie ihre Sachen genau aufbauen sollte. Einige Staffeleien weiter links spähte Daniela zu ihr herüber.
    Caitlyn wandte den Blick ab. Sie aß jeden Abend gemeinsam mit Amalia, Daniela und Brigitte zu Abend, und von den dreien war es immer Daniela, die abfällige Bemerkungen machte, die ganz offensichtlich Caitlyn in ihre Schranken weisen sollten. Statt Caitlyns Horizont erweitern zu wollen, so wie Brigitte es beim Mittagessen getan hatte, machte sich Daniela über ihren Mangel an Erfahrungen lustig. »Du warst noch nie im Louvre?«, hatte sie gesagt. »Du kannst dich nicht als Mitglied der menschlichen Rasse bezeichnen, bevor du nicht mindestens eine Woche dort verbracht hast.« – »Du fährst nicht Ski? Und was machst du dann im Winter? Genügt es dir, mit Kindern Schneemänner zu bauen?« – »Englisch ist eine Sprache, der es an Poesie mangelt. Zu schade, dass deine Muttersprache nicht schön klingt, so wie Spanisch. Als Allermindestes solltest du lernen, richtig Französisch zu sprechen. Dein Akzent ist grauenhaft.«
    Caitlyn war sich nicht sicher, ob Daniela in ihr eine Konkurrenz sah, die es auszuschalten galt, oder einen Schwächling, der mit derselben Schadenfreude gequält werden musste, mit der ein kleiner Junge einer Fliege die Flügel ausriss.
    Die anderen Schülerinnen in der Klasse stammten aus Japan, Laos, Dubai, Neuseeland, Schweden, Frankreich und von den Bermuda-Inseln. Ein Mädchen mit ebenholzfarbener Haut und Haaren, die in Hunderte dünne, hüftlange Zöpfchen geflochten war, bemerkte Caitlyns verwirrten Blick. »Hier, nimm meine Staffelei«, sagte sie mit einem sehr eigenen englischen Akzent. Sie kam aus Ghana. Caitlyn konnte sich die Herkunftsländer der Mädchen besser merken als ihre Namen.
    »Danke!«, sagte sie erleichtert.
    »Ich bin Naomi.«
    »Caitlyn.«
    Naomi grinste und nickte zu Monsieur Girard hinüber. »Das war nicht zu überhören.«
    Caitlyn stöhnte. »Warum ist Monsieur Girard so griesgrämig?«, flüsterte sie.
    »Hast du das noch nicht gemerkt? Das ist sein normaler Zustand.«
    Naomi zeigte Caitlyn, was sie aufbauen musste. Während der letzten drei Unterrichtsstunden hatten sie Vorträge über Anatomie gehört und per Power-Point-Präsentation eine Einführung in die Kunstgeschichte bekommen. Heute würden die Mädchen zum ersten Mal selbst etwas tun.
    »Wir zeichnen heute also?«, fragte Caitlyn.
    »Monsieur ist der Ansicht, dass wir aufhören sollten, über Kunst zu sprechen, und anfangen sollten, sie zu machen.«
    »Das wird auch Zeit! Ich kann’s kaum noch erwarten, mit dem Malen anzufangen. Das ist so ungefähr das Einzige, was ich gut kann.«
    »Hochmut kommt vor dem Fall«, sagte Naomi trocken. »Laut Monsieur Girard kann niemand malen. Letztes Schuljahr haben wir Stillleben gemalt. Du hättest mal sehen sollen, wie wütend er war wegen einer nicht richtig schattierten Kugel.«
    Caitlyn musste schlucken. »Er gehört also nicht zu den freundlichen, hilfsbereiten Lehrern.«
    Naomi lachte. »Nein.«
    Monsieur Girard drehte sich um und starrte sie an, die Finger in einer »Ruhe!«-Geste aneinandergepresst.
    Caitlyn schwieg und sah zu Naomi hinüber, die die Augen in einem gespielten »Ich-hab-Angst«-Blick aufriss.
    Caitlyn unterdrückte ein Kichern.
    Monsieur Girard verdunkelte die Oberlichter und schaltete einen Scheinwerfer an. Er war auf das Podest gerichtet und machte aus den Umrissen des Stuhls und des Kissens eine dramatische Licht–und-Schatten-Kulisse. Durch die Beleuchtung

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