Eternally - Cach, L: Eternally
seinem berühmten Gemälde von ihrer Geburt auf einer Jakobsmuschel gemalt.
Die zweite Bedeutung betraf die keltische Todesreise. Die Linien auf der Muschel, die alle in einem Punkt zusammenliefen, sahen aus wie die Strahlen der Sonne, die im Westen, am Ende der Welt, unterging. Genauer gesagt, in Finisterre, wörtlich »Ende der Welt«, an der spanischen Atlantikküste in Galizien. Zufälligerweise war der lateinische Ausdruck für den Atlantik Mare Tenebrosum , was man mit »Meer der Dunkelheit« oder »Abgrund des Todes« übersetzen konnte.
Caitlyn fiel auf, wie oft »Dunkelheit« und »Abgrund« in ihren Träumen auftauchte. Da gab es vielleicht einen Zusammenhang.
Die dritte symbolische Bedeutung der Jakobsmuschel konnte ebenfalls eine Verbindung zu einer Schatzkarte haben: Die Muschel war das Symbol des heiligen Jakob, der zu den Aposteln gehörte.
König Herodes Agrippa ließ Jakob im Jahre 44 nach Christus in Jerusalem enthaupten. Die Legende besagte, dass sein Leichnam auf einem unbemannten Schiff Richtung Spanien geschickt wurde, um dort beigesetzt zu werden. Das Schiff erlitt jedoch vor der Küste Schiffbruch, und der Leichnam verschwand. Einige Zeit später wurde er unversehrt und mit Jakobsmuscheln bedeckt ans Ufer geschwemmt.
Caitlyn fand, dass das ein seltsames Wunder war.
Jakobsmuscheln waren in Galizien heimisch und schon von alters her das Symbol für diese Gegend.
Jakobs letzte Ruhestätte war Santiago de Compostela, eines der beliebtesten Pilgerziele im Mittelalter. Eine Jakobsmuschel von der galizischen Küste war ein Pilgersouvenir und der Beweis dafür, die anstrengende Reise gemacht zu haben. Schließlich wurde die Jakobsmuschel zum allgemeinen Symbol für das Pilgertum.
Caitlyn stellte überrascht fest, dass eine der Pilgerrouten nach Santiago de Compostela direkt durchs Périgord Noir führte. Der Maßstab der Karte, die sie im Internet gesehen hatte, war jedoch zu groß, um zu erkennen, wie nahe die Route am Château de la Fortune vorbeiführte.
Caitlyn vermutete, dass sich die Jakobsmuschel über der Marienstatue auf den heiligen Jakob bezog. Sie hatte eine Liste der Merkmale des Heiligen gemacht, darunter Schlapphut, Umhang und das Ritterkreuz von Santiago. Bewaffnet mit dieser Liste hatten Caitlyn und Naomi die Burg nach dem heiligen Jakob abgesucht.
Er war nirgendwo zu finden.
Caitlyn befürchtete, dass sein Bild, wie die Sonnenuhr, seinerzeit zerstört worden war. In diesem Fall würden sie den nächsten Hinweis niemals finden, außer sie kehrte in Raphaels Welt zurück. Aber auch wenn sie sich irrte und die Muschel nicht für den heiligen Jakob stand, würde sie ohne Raphael wohl kaum herausfinden, was sie sonst bedeutete. Sie brauchte ihn.
Und zwar nicht nur wegen des Schatzes.
Madame Brouwer, die große holländische Geologielehrerin, bat die Gruppe stehen zu bleiben. Sie sah eher aus wie eine professionelle Beachvolleyball-Spielerin als wie jemand, der Mädchen etwas über Steine beibrachte. »Solltet ihr euch einmal im Wald verirren, haltet Ausschau nach diesen Markierungen auf Bäumen oder Steinen«, sagte sie mit ihrer kräftigen Stimme und deutete mit einem Wanderstock auf einen weiß-roten Balken, der auf einen Baumstamm gemalt war. »Es sind Markierungen der Grande-Randonnée -Wanderwege, die durch Frankreich und ganz Europa verlaufen und immer zu einem Dorf führen. Der Teil des Grande Randonnée , auf dem wir uns gerade befinden, wird schon seit über tausend Jahren von Pilgern auf dem Weg nach Santiago de Compostela begangen.«
Caitlyn hielt die Luft an und schaute Naomi an, die genauso erstaunt zu sein schien. Der Weg, auf dem sie standen, war Teil der Pilgerroute!
Während Madame Brouwer weitersprach, wanderten Caitlyns Gedanken den Weg hinunter zu einer neuen Theorie. Vielleicht war es falsch, nach einem Bild des heiligen Jakob zu suchen. Vielleicht ging es um die Pilgerroute selbst. Der Weg war ein Teil dieser Route, und diese führte am gouffre vorbei. Dem Abgrund. Vielleicht war der Schatz im gouffre !
Ihr Herz machte vor Aufregung einen Satz. Konnte es so einfach sein?
Der Weg führte aus dem Wald auf eine Lichtung, in deren Mitte sich der gouffre befand, ein riesiger Schlund in dem hellen Felsboden. Er hatte einen Durchmesser von fast zehn Metern. Sein Rand war bewachsen mit zerzaust aussehenden Büschen und Grasbüscheln. Die Mädchen ganz vorn in der Gruppe schoben sich zu einer freien Stelle an der Felskante und lehnten sich eine nach der
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