Eternity
Ihrer Mutter. Schon gar nicht der Polizei. Nicht, wenn Sie wollen, dass sie am Leben bleiben. Verstehen Sie mich, Meena? Diese Monster werden alle, die Sie lieben, auf der Stelle umbringen.«
»Ich verstehe«, erwiderte Meena steif. »Aber verstehen Sie auch, dass da unten Menschen sind? Wenn Sie das Telefon über das Geländer werfen, könnten Sie jemanden erschlagen.«
Alaric sah auf die Straße hinunter. »Irgendwelche Vorahnungen über den bevorstehenden Tod von jemandem?«, fragte er.
Meena kaute auf ihrer Unterlippe. »Na ja«, sagte sie. »Nein. Aber …«
»Und los«, sagte er und ließ das Telefon fallen.
»… so funktioniert das nicht«, fuhr Meena fort. »Ich muss der Person persönlich gegenüberstehen. Gut gemacht. Wahrscheinlich haben Sie jetzt jemanden umgebracht.«
Tief unten ging die Alarmanlage eines Autos los.
»Mist!«, rief Alaric und schüttelte den Kopf. »Ich habe ein Auto getötet.«
»Halten Sie das alles etwa für einen Witz?« Meena wurde böse. »Es ist nämlich keiner.«
Alaric wusste genau, was Meena jetzt sagen würde. Er konnte es in ihren Augen sehen. Außerdem hatte er es schon hundert Mal gehört. Er musste zugeben, dass er leichte Enttäuschung empfand. Meena Harper hatte ihn überrascht. Sie hatte mehr Widerstand als jedes andere Opfer bisher geleistet, und ihre Wahrsagefähigkeiten waren erstaunlich. Es wäre nett gewesen, wenn sie sich auch in dieser Hinsicht als Überraschung erwiesen hätte.
Aber das war das Problem mit Vampiren, und deshalb gehörten sie auch ausgelöscht. Sie gingen den sensibelsten, intelligentesten Menschen unter die Haut und verwandelten sie so sicher wie Heroin in Junkies.
»Ich weiß«, sagte Alaric gepresst. »Sie lieben ihn. Sie können nicht ohne ihn leben. Aber wissen Sie was? Ich kann Sie davon heilen. Sagen Sie mir einfach, wo er ist, und dann …«
»Nein«, unterbrach Meena ihn. »Das wollte ich gar nicht sagen. Hören Sie den Leuten eigentlich jemals zu? Oder fuchteln Sie immer erst einmal mit Ihrem großen Schwert herum und stellen erst später die Fragen? Tatsache ist, er wird Sie töten. Und meinen Bruder auch. Sie wissen, dass ich das nicht zulassen kann, Alaric.«
Es war das erste Mal, dass sie ihn beim Vornamen genannt hatte. Er wusste nicht warum, aber plötzlich richteten sich seine Nackenhaare auf. Oder lag das nur an den Blitzen über dem Hudson River?
»Ich bin nicht verantwortlich für das, was mit Ihrem Bruder passiert«, sagte Alaric und bemühte sich, ruhig zu bleiben. Ihm dämmerte, dass er sich nicht nur aus physischen Gründen
zu ihr hingezogen fühlte. »Sie sollten froh sein, dass er endlich mal ein bisschen Initiative zeigt. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist er schon eine ganze Weile arbeitslos.«
»Weil er Vampire töten will?« Meena redete lauter, weil in der Ferne schon Donner grollte. »Ich wollte nur, dass er einen Job findet und vielleicht dabei hilft, in Leishas Wohnung eine Wand für das Kinderzimmer einzuziehen. Ich wollte nie, dass er getötet wird, während er Untoten hinterherjagt.«
»Na, darüber hätten Sie besser nachgedacht, bevor Sie Ihren kleinen One-Night-Stand mit Lucien hatten«, sagte Alaric und verschränkte die Arme.
Unten hatte der Besitzer des Wagens endlich die Alarmanlage abgestellt. Man hörte im elften Stock zwar noch die Verkehrsgeräusche, aber nur schwach.
Alaric dachte, dass Meena doch kalt sein müsste in ihrem Unterrock, sie zitterte jedoch nicht. Vermutlich hielt ihr Zorn sie warm. Und die Röte auf ihren Wangen. Es gefiel ihr nicht, dass er ihre Beziehung zu Antonescu als One-Night-Stand bezeichnet hatte.
»Aber da Sie darüber nicht nachgedacht haben«, fuhr er schonungslos fort, »müssen Sie jetzt eben mit den Konsequenzen leben. Und eine davon bin ich. Ich gehe nirgendwohin, bevor Sie mir nicht sagen, wo der Prinz der Finsternis ist. Es ist Ihre Entscheidung. Er. Oder ich.«
Sie funkelte ihn nur böse an. Dann drehte sie sich wortlos auf dem Absatz um und ging wieder in ihr Schlafzimmer.
Ihre Entscheidung war eindeutig.
Das wird eine lange Nacht werden, dachte Alaric.
40
Samstag, 17. April, 0.00 Uhr
The Box
189 Chrystie Street, New York
Es war leicht für Lucien, seinen Bruder Dimitri zu finden.
Schließlich war er der Prinz der Finsternis. Er fand jeden, den er suchte. Außer natürlich denjenigen, der die Mädchen tötete und ihre Leichen in den Parks der Stadt verteilte. Wer auch immer das tat, wollte es offensichtlich geheim
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