Eternity
deinem Club saß, auch. Willst du mir erzählen, das bedeutet nichts?«
»Natürlich bedeutet es etwas.« Dimtri spuckte übers Geländer in die Gasse fünfzehn Meter unter ihnen. »Wir sind schließlich mit Dracula verwandt. Warum sollten meine Familie und ich es nicht tragen? Es ist meinem Image als Geschäftsmann förderlich. Dein Zögern habe ich nie verstanden.«
Lucien verzog angewidert das Gesicht. »Vielleicht weil ich nichts mit den Dracul zu tun haben will. Und weil ich nichts Begehrenswertes daran finde, ein direkter Nachfahre von jemandem
zu sein«, sagte er, »der zu seinen Lebzeiten Zehntausende unschuldiger Frauen und Kinder getötet hat, wenn er auch deswegen schließlich gerechterweise zum Tode verurteilt wurde.«
Dimitri schien gelangweilt. »Nun«, erwiderte er, »wenn du es so darstellen willst.«
»Und du willst mir erzählen, dass weder du noch dein Sohn etwas mit dem Anschlag der Dracul auf mein Leben vor der Sankt-Georgs-Kathedrale zu tun hatten?«, wollte Lucien wissen.
»Bruder.« Dimitri schüttelte den Kopf. »Was habe ich bloß getan, dass du mir so misstraust?«
»Ich glaube, es liegt daran, dass du mich in Targoviste lebendig begraben wolltest«, erwiderte Lucien.
»Alte Geschichten. Du warst schon immer nachtragend«, stellte Dimitri fest. »Vater fand das auch.«
»Es ist seltsam, aber ich gebe nicht allzu viel auf das, was Vater gesagt hat«, bemerkte Lucien. »Wenn er nicht so ein loses Mundwerk gehabt hätte, wäre die Wahrheit über unsere Existenz nie zu diesem Idioten Stoker durchgesickert, und wir hätten nicht die Geheime Garde gegen uns, so dass wir ständig den Familiennamen wechseln müssen.«
Dimitri runzelte die Stirn. »Die Geheime Garde kann man umgehen«, sagte er. »Sie ist nicht so allmächtig, wie sie gerne glauben möchte.«
Lucien ergriff seinen Halbbruder an den Aufschlägen seines teuren Jacketts und hob ihn hoch, bis er auf der anderen Seite des Geländers der Feuertreppe fünfzehn Meter über der Gasse hing. Voller Panik krallte Dimitri sich an Lucien. Die Zigarre fiel ihm aus den Fingern und zerbarst in einem Funkenregen unten auf dem Pflaster.
»Vater hat auch immer geprahlt, dass ihn die Geheime Garde
nie erwischen würde«, sagte Lucien. »Und sieh nur, was sie mit ihm gemacht haben. Möchtest du, dass dir das auch passiert?«
»Ich … ich habe es nicht so gemeint«, stieß Dimitri hervor. »Hör auf, mich herumzuschubsen, Lucien. Setz m…mich ab.«
Lucien packte seinen Bruder fester. »Möglicherweise hast du im Moment noch andere Sorgen als mich, Dimitri. Aber ich sage es dir noch einmal, hüte dich davor, dir mehr Gedanken über die Geheime Garde als über mich zu machen … ich bin nämlich heute Morgen mit einem ganz seltsamen Gefühl aufgewacht: die toten Mädchen, der Angriff auf mein Leben – irgendwie führt die Spur zu … dir.«
Dimitri gab ein würgendes Geräusch von sich. Es hörte sich an wie: Nein, nein, ich bin es nicht …
Lucien grinste nur. »Oh doch«, sagte er. »Eigentlich bin ich mir sogar ziemlich sicher. Ich kann es nur nicht beweisen … noch nicht. Aber das werde ich bald. Und wenn es so weit ist, denke ich mir Schlimmeres für dich aus, als dich nur zu enthaupten, das kann ich dir versichern … für dich und für jeden, der dir geholfen hat. Ich habe in der letzten Zeit ein Auge zugedrückt, weil du mein Bruder bist, Dimitri, und Familie ist … nun ja, eben Familie. Aber jetzt haben sich die Dinge geändert, und ich werde es nicht dulden, dass Menschen getötet werden und andere in Gefahr sind. Verstehst du mich?«
Dimitri nickte. Er sah nicht gerade glücklich aus. »Natürlich, mein Prinz«, würgte er hervor.
»So ist es brav«, sagte Lucien.
Dann öffnete er abrupt seine Hände und ließ Dimitri fallen. Dimitri stürzte ein paar Meter tief, dann verwandelte er sich in etwas Schwarzes, das nur aus Flügeln, Zähnen und Klauen bestand und anmutig am Boden neben der verglühten Zigarre landete …
… und einen Moment später verflüchtigte sich das Wesen und nahm die Gestalt des Bruders an, den Lucien so gut kannte.
»Verdammt, Lucien«, rief Dimitri und klopfte den Staub von seinem Anzug. Wütend blickte er nach oben. »Du weißt, wie sehr ich es hasse, wenn du das tust.«
Lucien lächelte leise. Er drehte sich um und klopfte an den Notausgang. Marvin öffnete ihm zuvorkommend die Tür und ließ ihn herein. Sein Bruder war zwar schneller unten gewesen, aber Lucien zog für gewöhnlich die Treppe
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