Eternity
hielt immer noch seine Hand fest. »Ich könnte schwören, dass wir uns schon einmal begegnet sind.«
»Meena«, sagte Shoshona spöttisch, »Stefan ist mein Freund. Du hast ihn wahrscheinlich tatsächlich schon einmal gesehen. Hier im Büro, mit mir.«
»Oh«, sagte Meena. Sie lachte verlegen und ließ ihre Hand sinken. »Entschuldigung. Ja, natürlich.«
In diesem Moment kam der Aufzug, und Jon stieg zusammen mit Dominic und seinem Manager ein.
Das letzte Gesicht, das Jon sah, als die Türen zuglitten und er schweigend mit den Männern herunterfuhr, war Meenas. Sie wirkte verwirrt.
Aber es war auch kein Wunder: Sie hatte immer reichlich Grund zur Verwirrung. Jon verschwendete jedenfalls keinen Gedanken mehr daran.
Er dachte daran, wie Taylor Mackenzie ihn geküsst hatte. Das kam ihm wesentlich angenehmer vor als der Gedanke an das Gespräch mit Meena.
34
Freitag, 16. April, 17.00 Uhr
Aufzug, Apt. 11 B
910 Park Avenue, New York
Meena vergewisserte sich, dass die Lobby Gräfin-frei war, und stürzte zum Aufzug.
Sie konnte es kaum glauben. Sie war tatsächlich am Portier – zum Glück nicht Pradip – vorbei und in den Aufzug gekommen, ohne ihrer Nachbarin zu begegnen. Diese Woche war die reinste Achterbahn gewesen, deshalb war sie sich nicht mehr sicher, womit sie als Nächstes rechnen konnte. Im Moment schien sie jedenfalls Aufwind zu haben.
Aber als die Aufzugtüren sich gerade schließen wollten, schob sich eine vertraute, stark beringte Hand dazwischen.
Und dann hörte Meena Mary Lous Stimme rufen: »Hallo! Meena?«
Die Türen glitten wieder auf, und da stand die Gräfin und sah aus, als ob sie kein Wässerchen trüben könnte. Sie trug ein pfirsichfarbenes Kostüm mit passendem Hut und hatte mehrere Einkaufstüten von Bergdorf Goodman dabei.
»Oh«, sagte Meena. Sie konnte ihre Enttäuschung kaum verbergen. Sie war froh darüber, dass sie ihren Trenchcoat so eng gegürtet hatte. Vielleicht würde Mary Lou nicht bemerken, dass sie immer noch ihr kleines Schwarzes trug. »Hi, Mary Lou.«
»Na!«, rief Mary Lou. »Sie sehen ja rosig und schön aus wie auf einem Bild! Wissen Sie, dass ich gerade an Sie gedacht habe? Ich habe vorhin Ihren Bruder Jon getroffen und ihn gefragt,
wie es Ihnen geht. Er hat gesagt, er wüsste es nicht, er hätte Sie seit heute Nacht noch nicht gesehen.«
Im Geiste machte sich Meena eine Notiz, Jon umzubringen, wenn er mit Jack Bauer nach Hause kam.
»Oh … äh …«, sagte sie. Sie wünschte sich, der Aufzugboden würde sich auftun und sie beide verschlingen.
Aber so viel Glück hatte sie natürlich nicht. Die Türen glitten zu, und der lange Weg in den elften Stock begann.
»Dann hat Ihnen der Prinz also gefallen?«, fragte Mary Lou völlig unnötig.
Eigentlich hatte Meena gedacht, das läge auf der Hand, da sie doch offensichtlich die Nacht mit ihm verbracht hatte.
»Oh«, sagte Meena noch einmal. Ach, was soll’s?, dachte sie dann. Sie hatte sich in Lucien Antonescu verliebt. Das würde bald die ganze Welt wissen. »Ja, ich mag ihn sehr.«
»Das freut mich.« Mary Lou strahlte. »Ich wusste, dass er Ihnen gefällt. Sieht er nicht gut aus? Und ich finde, er ist so nett.«
Anscheinend fürchtete sie, etwas Falsches gesagt zu haben, denn sie setzte hastig hinzu: »Allerdings nicht zu nett, wissen Sie? Ich meine, er ist kein Schwächling. Ich habe ihn Dinge tun sehen – Ihnen würden die Haare zu Berge stehen, das kann ich Ihnen sagen.«
Meena zog die Augenbrauen hoch. Sie hatte keine Ahnung, wovon die Gräfin redete.
»Ach, hören Sie nicht auf mich. Emil sagt immer, ich kann einfach meinen Mund nicht halten. Ich wollte damit nur sagen, dass Lucien ein echter Mann ist, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Meena wusste ganz genau, was sie meinte. Ihre Wangen brannten immer noch von seinen Bartstoppeln.
Ihr wurde klar, dass diese Unterhaltung eine gute Gelegenheit war, um etwas über den Prinzen zu erfahren. Sie hatten
nur noch sechs Stockwerke zu fahren, deshalb sollte sie sich besser beeilen.
»Ich fand, er wirkte ein wenig … melancholisch«, sagte sie.
»Melancholisch?« Mary blickte sie an, als verstünde sie das Wort nicht.
»Ja«, sagte Meena. Sie wählte ihre Worte mit Bedacht, weil sie nicht wollte, dass die Gräfin Lucien gegenüber etwas erwähnte und er den Eindruck bekam, sie rede hinter seinem Rücken über ihn. Sie musste subtil vorgehen. Jedoch nicht zu subtil. Gott, sie hatte schon ganz vergessen, wie schwer es war, verliebt zu sein!
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