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Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Titel: Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Huber
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Energieträger zu ersetzen. Dabei wäre nicht eine Einbuße an Energiedienstleistungen vorausgesetzt, sondern erwartet würde lediglich, dass diese Energiedienstleistungen sparsamer erbracht würden. Die Verpflichtung, durch technologische Innovationen eine Effizienzrevolution voranzubringen, bliebe weiterhin bestehen.
    Die Forderung, die in Anspruch genommene Energiedienstleistung mit einem möglichst geringen Energieeinsatz zu erreichen, trägt universalen Charakter und ist in diesem Sinn als moralische Forderung zu verstehen. Auf einem Globus, auf dem gegenwärtig sieben Milliarden Menschen leben und um die Mitte des Jahrhunderts eine Bevölkerungszahl von neun Milliarden erwartet wird, ist es richtig, sparsam mit Energie umzugehen. Ein Entwicklungsweg, der dabei auf Einbrüche in der Energiedienstleistung verzichtet, macht diese moralische Forderung mit Gesichtspunkten des Wohlstands und der wirtschaftlichen Stabilität vereinbar.
    Manche gehen weiter und sind aus ethischen Gründen zu echten Einschränkungen bereit. Ethische Überzeugungen entsprechen einem Lebensentwurf, den sich nicht jeder zu Eigen macht; sie sind Teil eines gesellschaftlichen Pluralismus, in dem verschiedene Gruppen und Einzelne sich an unterschiedlichen Vorstellungen des guten Lebens orientieren. Gruppen, die sich zum Energiesparen durch bewussten Verzicht entscheiden, können dadurch zur Veränderung des gesellschaftlichenBewusstseins beitragen. Sie stehen für eine «Ethik des Genug», die eine wichtige Vorreiterrolle beim Wandel des zivilisatorischen Paradigmas spielt, der gerade in verschwenderischen Industriestaaten Platz greifen muss.
    Eine Neuorientierung des gesellschaftlichen Bewusstseins und der mit ihm verbundenen Handlungsweisen beginnt immer mit dem Handeln von Überzeugungsgemeinschaften. Glaubensgemeinschaften spielen dabei eine wichtige Rolle; sie sind aber nicht die einzigen Träger solcher Veränderungen. Ihnen sagt man aus guten Gründen eine wertkonservative Grundhaltung nach; sie bewahren die Erinnerung an Weltdeutungen und Wertorientierungen auch dann, wenn viele meinen, sie seien im Wandel der wissenschaftlich-technischen Welt nicht praktikabel. Zu diesen überlieferten Weltdeutungen gehört die Überzeugung, dass nicht der Mensch allein als «Krone der Schöpfung» ausgezeichnet ist, sondern seinen Ort in einer Mitwelt hat, für die er Verantwortung trägt. Der Wechsel von Arbeit und Ruhe, von Gestalten und Wahrnehmen bildet ein Grundmuster des menschlichen Lebens. Schon diese Einsichten genügen als Gründe dafür, warum eine Ökonomie für den Menschen, wie Amartya Sen sie beschrieben hat (Sen 2000), eine Ökonomie mit menschlichem Maß ist, die der Mitwelt ihr Recht einräumt und den Menschen nicht nur als Tätigkeitswesen versteht.
    Eine Ethik des Genug hat einen doppelten Sinn: Sie richtet sich daran aus, dass alle Menschen in gleicher Weise an den Gütern der Erde teilhaben und genug zum Leben haben können. Sie verabschiedet sich deshalb von der Vorstellung, dass ein Teil der Menschheit niemals genug haben kann. Beide Seiten einer solchen Ethik des Genug sind gleich wichtig.
    In der öffentlichen Diskussion drängen immer wieder Themen in den Vordergrund, die mit der Frage des Energieangebots zu tun haben: die Verstärkung der Erneuerbaren Energiequellen, die dafür nötige Netzinfrastruktur, der Ausstieg aus der Kernenergie und der Abschied vom fossilen Zeitalter. Eine neue Netzinfrastruktur und neue Energiespeicher sind zu entwickeln; das erfordert einen erheblichen finanziellen Einsatz. Für veränderte Formen der Energieproduktion ist eine verstärkte internationale Zusammenarbeit nötig, die spezifische Stabilitätsprobleme in sich birgt. Doch es reicht nicht, das Energieangebot auf eine neue Grundlage zu stellen. Ebenso wichtig ist der Paradigmenwechsel hin zurRessourcen- und Energieeffizienz. Nur durch einen großen Dialog über gesellschaftliche Zukunftsbilder wird die Haltung, die vor den hohen Kosten zurückscheut, überwindbar sein. Die fortgeschrittenen Gesellschaften stehen vor der Aufgabe, ein Bild vom gelingenden Leben zu entwerfen, das nicht länger auf der Zerstörung der Erde beruht. Sie müssen an einer Zukunft arbeiten, die jedem Menschen einen gleichen Anteil an den natürlichen Ressourcen ermöglicht. Wenn dabei die natürlichen Lebensgrundlagen bewahrt und nicht zerstört werden sollen, ist dies nur bei einem viel sparsameren und effizienteren Umgang mit ihnen möglich.
    Die

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