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Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Titel: Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Huber
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1974). Gewalt und Intimität werden in einer Weise präsentiert, die eher abstumpft als sensibilisiert und eher Angst auslöst als Empathie. Provokativ wurde die Medienentwicklung deshalb als «Body Horror» gekennzeichnet (Taylor 1998). Der nötige Widerstand gegen die Verführungskraft der Medien setzt überzeugende Vorbilder, gute Medien und einen selektiven Mediengebrauch voraus.
    Medien sind immer für Manipulation und Agitation anfällig, doch inzwischen wird die Verbindung von Information und Unterhaltung zum Programm. Informationen durch Infotainment zu vermitteln, erscheint deshalb als unausweichlich, weil die Medien auf einem umkämpften Markt agieren; sie brauchen angemessene Marktanteile, um wirtschaftlich zu überleben, ihre Werbeeinnahmen zu steigern und ihre Arbeitsplätze zu erhalten. Journalisten geraten dadurch in ein Dilemma, das die klassische journalistische Ethik nicht auflösen kann. So weit sie im Qualitätsjournalismus tätig sind, hoffen sie auf Verleger oder Anteilseigner, denen Qualitätsstandards auch in Zukunft wichtig sind; aber sie brauchen auf Dauer ein ausreichend großes Publikum, das derartige Produkte schätzt und deren Preis bezahlt. Im Bereich von Infotainmentoder Boulevard lassen Journalisten sich auf eine tägliche Gratwanderung zwischen professionellen Standards und – häufig durch die Medien selbst geweckten oder gesteigerten – Publikumsansprüchen ein. Auch die moralische Empörung wird zum Mittel der Unterhaltung. Medien, die um des Publikumserfolgs willen die Grenzen des Anstands überschreiten, brandmarken zugleich öffentliche Akteure wegen moralisch fragwürdigen Verhaltens.
    Die Professionsethik für Journalisten lässt sich nicht isoliert betrachten; man muss sie vielmehr zu den institutionellen Rahmenbedingungen sowie zu den ethischen Fragen ins Verhältnis setzen, die mit der Mediennutzung verbunden sind.
Medienethik als Mediennutzungsethik
    Die elektronische Medienrevolution hat kühne Interpretationen erfahren. Berühmt ist vor allem Marshall McLuhans Formel geworden, das Medium sei die Botschaft (McLuhan 1970). Nicht der in einem Medium vermittelte Inhalt, sondern die mediale Kommunikation als solche macht deren Sinn aus. Die Medien sind damit tendenziell selbstbezüglich. Nicht die Vermittlung von Sinn, sondern der sinnliche Eindruck bestimmt das Wesen der medialen Kommunikation (Hörisch 2001). Viele Menschen verbringen einen großen Teil des Tages am Fernseher, im Internet oder beim Absetzen von Kurznachrichten; dabei geht es ihnen nicht um Inhalte, sondern um die Kommunikation als solche. Insbesondere jüngere Menschen geben Kurzmitteilungen, E-Mails oder Einträgen in sozialen Medien den Vorrang vor sonstigen Beschäftigungen.
    Solche Entwicklungen rufen apokalyptische Deutungen der Medienentwicklung hervor. Das Ende menschlicher Selbstbestimmung zeigt sich am Horizont. Die Medien gelten inzwischen als Paradebeispiel dafür, dass die Menschen technische Mittel hervorbringen, die sie ethisch nicht mehr beherrschen können. Seinen eigenen Hervorbringungen gegenüber erweist sich der Mensch als hoffnungslos unterlegen und antiquiert (Anders 1988). Er wird zu einem Opfer der allgegenwärtigen Unterhaltungsindustrie und «amüsiert sich zu Tode» (Postman 1993).
    Doch maßlose Formen des Nutzerverhaltens und hemmungslose Formen der Kommerzialisierung von Medien ändern nichts daran, dassdie digitalen Medien Informationen bereitstellen oder Unterhaltungsangebote machen. Unabhängig von der These, das Medium sei die Botschaft, vermitteln Medien Nachrichten und stellen Informationen bereit. Eben deshalb bezeichnet man eine von modernen Medien geprägte Gesellschaft als Informationsgesellschaft oder eine durch elektronische Kommunikation geprägte Zeit als kognitives Zeitalter. Moderne Medien können bei den einen die Urteilsfähigkeit stärken, während bei anderen das eigene Urteil in einem allgemeinen Rauschen untergeht. Starke sinnliche Eindrücke durch die Medien verhindern jedoch nicht, dass die Medien auch heute Sinn vermitteln. Die Komplexität des Medienzeitalters lässt sich nicht auf einfache Formeln bringen. Es geht nicht um eine simple Alternative von der Art: «Bücher räsonnieren, neue Medien resonieren.» (Hörisch 1999: 117) Ein solches Wortspiel täuscht, denn es gibt Bücher, in denen wenig Vernünftiges steht, und es gibt neue Medien, die mehr als nur Geräusche hervorbringen. Nutzer müssen deshalb unter den medialen Angeboten auswählen,

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