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Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod

Titel: Ethik: Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Huber
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hier müssen sich kognitive Klärung und unmittelbare Erfahrung miteinander verbinden. Das Projekt «Seitenwechsel» ermöglicht es beispielsweise Führungskräften, für eine begrenzte Zeit in einem sozialen Brennpunkt zu arbeiten und die gesammelten Erfahrungen auszuwerten. Dabei weitet sich der Blick und die Vielfalt menschlicher Lebenssituationen wird erfahrbar.
    Obwohl solche Projekte im unmittelbaren sozialen Umfeld ansetzen, stärken sie auch die Fähigkeit zu weltbürgerlichem Engagement. Ihm kommen erst recht Projekte zugute, in denen Menschen sich für kurze oder längere Zeit auf die soziale Wirklichkeit in anderen Regionen oder Kontinenten einstellen. Sie arbeiten dort freiwillig in sozialen Initiativen, sind für kirchliche oder andere Entwicklungsdienste tätig oder stellen ihre berufliche Kompetenz in den Dienst der Ärmsten. «Weltwärts» ist ein sprechender Name für entwicklungspolitische Freiwilligendienste. Weltbürger zu sein, setzt Erfahrung und Verstehen voraus. Denn man kann kein Kosmopolit sein, wenn man die Welt nur verändern will; man muss sie auch verstehen (Appiah 2005: 222).

10. Informationszeitalter
    Beherrschen uns die Medien?
    Zwei Jahre lang war ich bei Facebook angemeldet, dann schloss ich mein Konto wieder. Zunächst hatte ich mich bei der gelegentlichen Nutzung dieses «sozialen Netzwerks» gefreut, wenn junge Freunde ihren «Beziehungsstatus» mitteilten. Die Freude verging mir, denn seit der Einführung von «Timeline» wird jede derartige Mitteilung auf Dauer festgehalten. Diese «Timeline» wird zu einem unerbittlichen Wächter über die Lebensgeschichte der Einzelnen. Mögliche Folgen sind absehbar: Gespräche über frühere Freundschaften und Beziehungen werden noch in derselben Nacht in der Chronik von Facebook nachgeprüft. Rückwirkende Korrekturen an dem, was aus der eigenen Biographie gespeichert wird, sind ausgeschlossen. Die Verfügungsgewalt über die einmal eingestellten Daten liegt auf Dauer bei dem Internetkonzern. Menschenrechte sind nicht nur ein Bollwerk gegen Eingriffe von Staaten in die Freiheit, sondern auch von mächtigen Konzernen, Facebook eingeschlossen. Jedenfalls sollten sie es sein.
    Ich halte eine solche zwangsweise verordnete Beteiligungspflicht nicht für vertretbar, sie ist ein ethisch nicht verantwortbarer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Beteiligten. Viele akzeptieren ihn, weil ihr Interesse, sich mit anderen zu vernetzen, stärker ist als ihre Bereitschaft zum Protest. Dennoch muss man das Verhalten von Facebook mit einem für das persönliche Miteinander gängigen Ausdruck als «übergriffig» bezeichnen. Sogar wer sich abmeldet, erhält die Verfügungsgewalt über die gespeicherten Daten nicht zurück.
    Entspricht das Ausscheiden aus Facebook den Standards einer Internet-Ethik? Es liegt nahe, die Antwort im Internet selbst zu suchen. Der Wikipedia-Artikel über Medienethik enthielt zum Zeitpunkt meinerRecherche keine Auskunft zu dieser Frage. Er reproduzierte den Problemstand einer Zeit, in der man Medienethik noch ausschließlich als Presseethik verstand und sich dabei auf die Informationspflichten der Journalisten konzentrierte. In diesem Artikel fand ich zwar einen Hinweis auf das Stichwort «Internetethik», doch der entsprechende Eintrag beschränkte sich auf die Aufforderung, einen neuen Wikipedia-Artikel zu verfassen; dazu wurde auf die Anfänger-Anleitung: «Wikipedia: Dein erster Artikel» verwiesen.
    Skurriler lässt sich die Situation eines Internet ohne Internet-Ethik kaum illustrieren. Dabei zeigt sich die Notwendigkeit ethischer Orientierung an den neuen Medien besonders deutlich. Diese Medien sind heute prägende Begleiter von frühester Jugend an. Positiv erweisen sie sich als eine wichtige Bildungsquelle; doch sie setzen Kinder und Jugendliche zugleich einer Fülle ethisch und pädagogisch problematischer Einflüsse aus. Medienkunde und Medienethik werden deshalb zu zentralen Themen.
Medienethik als Professionsethik
    Medienethik wurde um die Mitte des 20. Jahrhunderts zunächst als Ethik des Journalismus, also als Professionsethik, konzipiert. Sie konzentrierte sich auf berufsethische Normen für Journalisten. Man beschränkte sich nicht auf Forderungen an das staatliche Recht, sondern es wurden eigene berufsständische Beschwerdeinstanzen – beispielsweise der Deutsche Presserat – geschaffen. Deren Durchsetzungsmöglichkeiten sind begrenzt, doch das macht solche Bemühungen nicht wertlos.
    Die berufsethischen

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