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Ethik: Grundwissen Philosophie

Ethik: Grundwissen Philosophie

Titel: Ethik: Grundwissen Philosophie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Detlef Horster
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ich mich an seine Stelle versetze und überlege, wie dieses Verhalten mir wohl erscheinen würde, wenn ich es von diesem eigentümlichen Gesichtspunkt aus betrachte. Die zweite Person ist der Handelnde, die Person, die ich im eigentlichen Sinne mein Ich nennen kann, und über deren Verhalten ich mir – in der Rolle eines Zuschauers – eine Meinung zu bilden suche.« (Smith 1977, 170f.)
    Die innere Instanz, die jemandem Auskunft über das richtige Verhalten gibt, ist für Adam Smith das Gewissen. (Vgl. Smith 1977, 199ff.) Gewissensbisse sind für ihn die »fürchterlichsten von allen Gefühlen, die von eines Menschen Brust Besitz ergreifen können. In ihnen wirken zusammen die Scham, die aus dem Gefühl der Verwerflichkeit unseres früheren Verhaltens entsteht, der Kummer über die Wirkungen dieses Betragens, das Mitleid mit denen, die dadurch leiden, sowie Angst und Schrecken vor der Strafe, die aus dem Bewußtsein entspringen, den gerechten Zorn und den Vergeltungstrieb aller vernünftigen Wesen herausgefordert zu haben. Das entgegengesetzte Verhalten erregt naturgemäß entgegengesetzte Gefühle.« (Smith 1977, 126) Mit dem »entgegengesetzten Verhalten« meint Smith das moralisch richtige Verhalten, das die Achtung der Mitmenschen zur Folge hat und somit ein Gefühl der »Fröhlichkeit, Heiterkeit und Seelenruhe« (Smith 1977, 127) oder der »Zufriedenheit« (Smith 1977, 250) bewirkt. Die Ausbildung des Gewissens geschieht auf vielfältige Weise in der Sozialisation, durch »Spielkameraden und Gefährten« (Smith 1977, 215), durch »Gewohnheit« (Smith 1977, 218), durch »fortgesetzte Beobachtungen, die wir über das Verhalten anderer Menschen machen« (Smith 1977, 238), durch »Erziehung« (Smith 1977, 241, 342). Anders als Francis Hutcheson ist Adam Smith also der Auffassung, dass der »Moral Sense« durch Sozialisation und Erziehung entsteht.
    [70] David Hume, der sich ebenfalls auf Francis Hutcheson bezieht, betont wie Adam Smith die Bedeutung der Affekte und Gefühle. Der berühmt gewordene Satz aus seiner Moralphilosophie, der auch den Ausgangspunkt für den stemmerschen Kontraktualismus bildet, lautet: »Die Vernunft ist nur der Sklave der Affekte und soll es sein; sie darf niemals eine andere Funktion beanspruchen, als die, denselben zu dienen und zu gehorchen.« (Hume 1978, 153) Das muss näher erläutert werden. Hume ist sich sicher, dass nicht die Vernunft, sondern das Gefühl über das sittlich Gute und Böse entscheidet. Doch diese beiden Ursachen vermischen sich bei unseren sittlichen Urteilen, sodass wir sie nicht genau differenzieren können. (Vgl. Hume 1978, 343) »Die Vernunft ist nach Hume passiv. Sie zeigt lediglich den Zusammenhang von Ursachen und Wirkungen auf und informiert uns, welche Mittel angemessen sind, um bestimmten Affekten und Begehren Genüge zu tun. Moralisches Handeln beruht hingegen auf einem aktiven Prinzip. […] Die für den ethischen Rationalismus charakteristische These eines Antagonismus von Vernunft und Gefühl weist er zurück. Die Vernunft hat keinen Vorrang vor den Empfindungen. Denn die Vernunft allein kann nach Hume niemals das Motiv eines Willensaktes bilden, sie kann nicht die Richtung des Willens bestimmen und sich auch nicht den Affekten entgegenstellen. Der Verstand allein vermag nicht die Ziele des Wollens vorzugeben.« (Pauer-Studer 2007, 234f.) Gemeint ist bei Hume immer die theoretische Vernunft oder der Verstand, nicht die praktische Vernunft. Das Gefühl sagt uns, was moralisch richtig und was falsch ist, der Verstand, wie das als richtig Erkannte realisiert wird.
    Sympathie und Mitgefühl sind für Hume die Basis für moralisches Handeln. Man empfindet für nahestehende Personen anders als für Fremde. »In der Tat haben wir mehr Mitgefühl mit Menschen, die uns nahe stehen, als mit fernstehenden, mehr mit unseren Bekannten als mit Fremden, mit unseren Landsleuten als mit Ausländern.« (Hume 1978, 334) Doch [71] müssen wir in Bezug auf diese Basis Modifikationen vornehmen, denn man könne für fernstehende Menschen auch Sympathie und Mitgefühl entwickeln, wenn man deren Schicksal hautnah erlebe. Verstandesmäßig weiß man, so Hume, dass es jederzeit Menschen gibt, »die bei Sturm auf See« sind. Das wird bei einem nicht dieselbe Wirkung erzeugen, die es hat, wenn man an der Küste steht und fremde Menschen in Seenot sieht, die zu sterben drohen. (Vgl. Hume 1978, 348) Auch für diese fremden Menschen entwickelt man dann Mitgefühl.
    Was aber ist mit

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