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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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gewonneneFlasche auszutrinken und mich   – nach der Sache mit dem starrsinnigen Shakespeare   – eines weiteren Erfolgs beim Eingriff in die Geschicke der Weltliteratur zu rühmen. Ich ging nicht zu Mab, um zu versuchen, den Konflikt mit Hilfe einer banalen, aber mit Komplimenten gespickten Konversation beizulegen. Ich ging in den Wald, um ein bisschen auf dem Ast zu liegen, mir die Wunden zu lecken und den Pelz in der Sonne zu wärmen.
    Das Schild mit der Aufschrift BEWARE THE JABBERWOCK hatte jemand zerbrochen und ins Gebüsch geworfen. Wahrscheinlich hatte das der Jabberwock selbst getan, in eigener Person, denn er pflegte es oft zu tun. Er liebt es, zu überraschen, und das Warnschild verdirbt ihm den ganzen Überraschungseffekt.
    Mein Ast war dort, wo ich ihn gelassen hatte. Ich kletterte hinauf. Ließ malerisch den Schwanz herabhängen. Ich legte mich hin, nachdem ich mich vergewissert hatte, dass nicht irgendwo in der Gegend Radetzky herumgeisterte.
    Die liebe Sonne wärmte. Im Tumtumdünnicht trillerten lustig die Pluckerwanke. Die Schweisel frieben. Die glassen Wieben machten etwas im nahen Gemank, aber ich konnte nicht sehen, was. Die Entfernung war zu groß.
    Es war ein goldener Nachmittag.
    Verdaustig war’s. Und trancholisch. Wie es bei uns so ist.
    Übrigens, das könnt ihr selbst lesen. Im Original. Oder in irgendeiner von den Übersetzungen.
    Es gibt ja so viele davon.

»Ein Vorfall in Mischief Creek«,
    eine Erzählung, mit deren Idee ich fast sechs Jahre lang schwanger gegangen bin, entstand fast genau zur Jahrtausendwende   – begonnen wurde sie im Winter 1999, fertig war sie kurz nach Silvester, im Neuen Jahr Y2K beziehungsweise 2000.   Der Titel ist ein Tribut an Bret Harte, der seine Erzählungen auf ähnliche Art benannte.
    Ich schrieb den »Vorfall« nach einer sehr langen Pause beim Verfassen kürzerer Texte   – zur Erinnerung: Die vorangehende Erzählung, »Der goldene Nachmittag«, hatte ich 1997 abgeschlossen. Was soll ich groß sagen, die fünf Bände des Hexer-Romans hatten mich ein wenig in Anspruch genommen. Vor allem in den letzten Umdrehungen, bei den letzten zwei Bänden.
    Inspiration für die Erzählung gab es ohne Zahl: Janet Cave und Margery A. du Mond,
Witches and Witchcraft
; Philip W.   Sergeant,
Witches & Warlocks
; Brian P.   Levack,
Hexenjagd
; und auch
Die Hexen
von Jules Michelet darf nicht vergessen werden. Und es gab kaum eine Arbeit über Zauberei und Hexen, in der die berühmte Affäre in Salem nicht erwähnt worden wäre.
    Den Fall von Salem, dessen Verlauf und Einzelheiten
einschließlich der darein verwickelten Personen ich in der Erzählung mit der großen mir eigenen Sorgfalt gegenüber der historischen Wahrheit wiedergebe, war sehr untypisch. Er ereignete sich im Februar 1692, also sehr spät. Der verbrecherische Wahn überquerte den Atlantik lange, nachdem er in Europa aufgehört hatte zu wüten und fast verschwunden war. Der Höhepunkt der europäischen Hexenjagden fällt nämlich in die Jahre 1600   –   1620.   In Salem wurden zudem lediglich zweiundzwanzig Personen ermordet. Für Salem war das vielleicht gar nicht wenig, aber die Ankläger und Richter von Salem konnten einem Philipp Adolf von Ehrenberg nicht das Wasser reichen, dem Bischof von Würzburg, der in einem einzigen Jahr neunhundert »Hexen« verbrennen ließ. Sein Kollege, Bischof Fuchs von Dornheim in Bamberg, brachte es auf sechshundert. In Fulda wurden im Laufe von drei Jahren dreihundert Frauen verbrannt. Den Rekord hielt jedoch das damals sächsische Quedlinburg: Dort verbrannte man einhundertdreiunddreißig Frauen   … an einem einzigen Tag. In der schlesischen Stadt Neiße/Nysa aber   – wahrlich auf Renaissanceart, im Geiste der neuen Zeit, im Geiste des Fortschritts, wie es sich für das Jahrhundert der sich ankündigenden industriellen Revolution gehörte   – konstruierte die Zunft der Ofensetzer auf Bestellung der Brüder Dominikaner einen speziellen Ofen zum Verbrennen von Hexen. Der Fortschritt! Ins Vergessen sinken Hakenpflug, Spinnrad, Mahlgang und das irgendwie mitten auf dem Markt angehäufte Reisig   – jetzt haben wir schon Radpflug, Webstuhl, Wassermühle und einen Hexenofen. In dem Prototyp von Neiße wurden freilich nur an die sechshundert Frauen verbrannt, aber es war ein wahrhaft wegweisendes Vorbild gegeben, welches nicht vertan war, sondern sich gerade mal drei Jahrhunderte später ins Millionenfache entfaltete. In derselben Gegend. In

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