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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Auschwitz-Birkenau.
    Doch wir wollen auf Salem zurückkommen. Bei der Untersuchung der Affäre gewann ich den nicht von der Hand zu weisenden Eindruck, dass die Grundlage dort   – anders als bei den meisten europäischen Fällen   – keineswegs Psychosen, Fanatismus und die wütende Frauenfeindlichkeit des Klerus bildeten, wobei deutlich gesagt werden muss, dass hinter dem katholischen Klerus und der bei jeder Gelegenheit angeklagten Inquisition die reformierten Kirchen keineswegs zurückstanden; Lutheraner und Anglikaner schickten mit gleichem Eifer Frauen auf den Scheiterhaufen. In Salem, so mein Eindruck, glaubte seinerzeit von den Denunzianten und Richtern niemand wirklich an Hexerei, sondern im Grunde ging es um Geld oder um private Abrechnungen, was übrigens Arthur Miller in seinem berühmten Stück nahelegt. Daher Idee und Leitmotiv der Erzählung, die übrigens den »Musikanten« verwandt sind   – wir quälen Tiere, weil sie uns gegenüber machtlos sind; wir foltern »Hexen«, denn was können uns schwache Frauen schon anhaben? Und da auf einmal eine Überraschung   …

Die Erzählung erschien im Jahr 2000 in der Augustnummer der
Nowa Fantastyka.
    Ein Vorfall in Mischief Creek
     
    A uf den Leichnam stießen sie unerwartet, überraschend; plötzlich schaute er sie aus leeren Augenhöhlen über ein Wacholdergestrüpp hinweg an. Von einem verdorrten Baum herab, mit dem er eins geworden zu sein schien. Just so sah es auf den ersten Blick aus   – als seien der Mensch und der Baum zusammen gestorben. Gleichzeitig. Als seien sie im Moment des Todes zusammengewachsen. Jason Rivet zuckte heftig zusammen.
    Natürlich, berichtigte er sich in Gedanken, konnte das nicht wahr sein, dieser gemeinsame Tod. Der Baum war weiß, hatte fast keine Äste, er war krumm, überkrustet, verkrüppelt, von einem großen Riss gespalten   – man sah deutlich, dass er schon vor langer, langer Zeit gestorben war. Der Mensch, dessen Überreste ans Holz geschlagen waren, war zweifellos später gestorben. Auch vor langer Zeit, aber später.
    »Dass doch der Teufel   …«, begann Adam Stoughton, verstummte jedoch. Onkel William spuckte aus, im Sattel zur Seite gebeugt. Reverend Maddox regte sich nicht und sagte kein Wort.
    Abiram Thorpe saß ab und ging langsam näher, wobei er die Wacholdersträucher mit dem Musketenlauf beiseiteschob. Er trat heran, blieb neben Ishmael Sassamon stehen.Er fragte etwas, der Indianer antwortete, kurz und kehlig.
    Der Schädel des Toten, vom Rest des Skeletts abgetrennt, war gut sechs Fuß über dem Erdboden auf einen Ast gespießt. Unter dem Schädel, vielleicht einen Fuß tiefer, war der Brustkorb angeschlagen, angefaulte Holzkeile ragten zwischen moosbewachsenen Rippen hervor. Ein Arm, die Hand gespenstisch gespreizt, hing am Schlüsselbein. Der andere bildete zusammen mit dem Becken, Schien- und Wadenbeinen und einer Masse von kleineren Knochen ein Häufchen am Fuße des verdorrten Baumes.
    »Rothäute«, sagte Constable Henry Corwin überzeugt. »Das haben Wilde getan.«
    »Ishmael sagt nein«, widersprach Abiram Thorpe. »Nicht wahr, Ishmael?«
    »Nicht Mohawk«, sagte der Indianer kehlig. »Nicht Seneca. Nicht Mahican. Nicht Lenni Lenape.«
    »Er ist selber eine Rothaut«, erwiderte der Constable abfällig, »darum redet er so. Ein Christ würde eine Leiche nicht so behandeln. Aber ich würde nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass dieser Unglückliche nicht bei lebendigem Leibe an den Stamm geschlagen worden ist. Was denkt Ihr, Mr.   Thorpe? Ihr könnt doch Spuren nicht schlechter als ein Wilder lesen, entschuldigt den Vergleich   …«
    »Was denn für Spuren«, knurrte der Jäger. »Das ist uralt. Er muss seit Jahren hier sein   …«
    »Zur Zeit von König Philipps Krieg«, ließ sich Adam Stoughton vernehmen, »hatte es in den Wäldern reichlich Leichname, da mochte einer leicht im Gebüsch über ein Skelett stolpern. Denkst du, Abiram, dass der hier auch seit fünfundsiebzig hängen könnte?«
    »Vielleicht. Ich glaube   …«
    »Man muss diese sterblichen Überreste begraben«, fiel ihm Reverend Maddox ins Wort, den sichtlich nicht interessierte, was der Trapper glaubte. »Na los, Gentlemen, absitzen.«
    Onkel William verzog das Gesicht. »Wär das nicht schade um die Zeit? Das sind doch bloß ’n paar Knochen, sicherlich von einem Wilden, den andere Wilde umgebracht haben. Sollen sie doch   …«
    »Wir sind Christen«, unterbrach ihn John Maddox mit seiner üblichen

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