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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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hellhaariger, bis zum Gürtel nackter Mann gesprungen. Ohne auch nur einen Moment darauf zu verschwenden, sich umzublicken, stürzte der Mann fort, sprang geschickt über Disteln und Haufen hinweg, woranihn nicht einmal die mit beiden Händen festgehaltene Hose hinderte. Trotzdem rutschte sie ihm herunter, ehe der Mann mit seinen Hirschsprüngen die schwarze Wand des Waldes erreicht hatte; ein paarmal leuchtete sein weißer Hintern auf, der sich stark vom braungebrannten Rücken abhob.
    »Dass mich doch der Teufel   …«, setzte Adam Stoughton an und verstummte, als er sah, wie sich aus dem Heuhaufen die nächste Gestalt löste. Es war eine Frau. Jason Rivet schluckte und sperrte den Mund auf.
    Abiram Thorpe prustete, gefolgt von dem Zimmermann; der Onkel lachte brüllend los.
    Reverend Maddox drehte sich im Sattel um und bedachte sie mit einem eiskalten Blick. »Wie die Tiere«, sagte er. »Sie suhlen sich in Wolllust und verhärten sich in Sünde wie Vieh. Aber zu lachen gibt es da nichts, Mr.   Hopwood, und nichts zu kichern, Mr.   Stoughton. Das ist nicht nur schändlich und unzüchtig, sondern auch ein Gesetzesverstoß. Mr.   Constable Corwin   …«
    »Lieber«, sagte Abiram Thorpe, ernst geworden, mit Nachdruck, »sollten wir uns erst einmal erkundigen. Den Weg bei diesem Weib erfragen.«
    »Goldene Worte«, setzte der Zimmermann hinzu. »Wir müssen endlich jemanden finden, der uns Auskunft gibt. Also ängstigt das Weib nicht mit Gesetz und Strafe, sonst läuft es auch weg.«
    Es wies jedoch nichts darauf hin, dass die Frau ans Weglaufen dachte. Sie stand vom Heu auf, zog sich die Strümpfe hoch und die Schuhe an. Sie knöpfte das Kleid zu und verbarg allerlei runde Dinge, die eben noch ganz deutlich zu sehen gewesen waren und Jason Rivet zittern und beschleunigt atmen ließen. Der Junge bemerkte, dass auch der Onkel, der Zimmermann Stoughton und der Constable schneller zu atmen schienen. Schneller. Umsoschneller, je näher die Frau herankam. Denn näher kam sie, wobei sie sich mit den Fingern Halme aus dem schönen kastanienbrauen Haar klaubte, die bis zur Mitte des Rückens herabreichten.
    »Fürchte dich nicht.« Adam Stoughton leckte sich die Lippen. »Wir sind Christen, dienen dem König und dem Gesetz.«
    »Ich fürchte mich nicht im Geringsten.« Die Frau lächelte und schaute die Reiter tatsächlich ohne einen Schatten von Furcht aus großen grünen Augen an. Das dünne Leinenkleid spannte sich straff um ihre Brüste. Jason Rivet schluckte und stellte fest, dass der Sattel plötzlich unbequem und die Hose eng geworden war.
    »Ich fürchte euch nicht, Christen, Diener des Königs und des Gesetzes. Soweit ihr das tatsächlich seid.«
    »Das sind wir wahrlich!«, bestätigte Henry Corwin und reckte stolz seine knochige Gestalt. »In diese Gegend führt uns   …«
    »Die Angelegenheit, die uns hierherführt«, unterbrach ihn heiser Reverend Maddox, »ist für würdigere Ohren bestimmt. Und für einen Verstand, der sie zu erfassen vermag. Bedecke deine schamlose Nacktheit, Weib.«
    Es dauerte eine Weile, ehe die Frau mit dem rotbraunen Haar erfasste, dass der Reverend ihre Unterarme meinte, die von den hochgekrempelten Ärmeln des Kleides freigegeben wurden. Sie bedeckte sie mit dem Tuch, von dem sie zuvor das Heu abgeklopft hatte, ohne den Blick vom Pastor zu wenden, was diesen sichtlich in Wut versetzte.
    »In der Kolonie der Massachusetts-Bucht«, donnerte der Pastor, wobei er die Frau nicht vom Sattel eines grauen Wallachs herab zu betrachten schien, sondern vom Gipfel des Berges Sinai, »wird schamlose Entblößung vom Gesetz verfolgt. Wie auch Unzucht. Dies zur Erinnerung,der ich übrigens mit Prügeln nachzuhelfen gedenke, sobald ich mit jemandem von der hiesigen Obrigkeit gesprochen habe. Und jetzt zeig mir den Weg zur Siedlung, die, wie ich annehme, hier in der Nähe ist. Zeig mir den Weg zu jemandem, mit dem ich mich unterhalten könnte. Mit jemandem von angemessenem Stand, Amt, Verstand und Geschlecht! Verstehst du meine Worte, Weib?«
    »Durchaus.«
    »Und wer war«, fragte Constable Corwin scharf, »derjenige, der fortgelaufen ist?«
    »Das ist mein Gatte«, erklärte die Kastanienbraune ruhig. »Er arbeitet hier beim Holzschlag. Er ist fortgelaufen, weil er Angst vor Fremden hat. Außerdem ist er   … Ausländer. Schwede.«
    »Wie die anderen auf der Lichtung, was? Auch Schweden?«
    »Manche.« Die Frau lächelte hübsch. »Denn es sind auch Holländer dabei und ein Norweger. Ich

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