Etwas Endet, Etwas Beginnt
zurückdröhnte. Das Gelächter übertönte die Schritte von Niklas, der im Laufschritt herbeieilte, die Axt in der Hand. Fregenal bemerkte ihn erst, als es schon zu spät war. Die Axt traf ihn ins Kreuz, ein Stück oberhalb der Hüfte, und drang bis zur Öse ein. Der Zauberer stürzte mit einem Schmerzensschrei zu Boden, so dass dem Schmied der Axtstiel aus der Hand gerissen wurde. Niklas stellte ihm den Fuß auf den Rücken, riss die Axt heraus, schlug abermals zu. Fregenals Kopf trudelte über den Gesteinsschutt und kam zur Ruhe, mit der Stirn gegen einen der Schädel gelehnt, die unter den Rädern des zertrümmerten Wagens lagen.
Korin zog humpelnd, über Steine stolpernd Visenna hinter sich her; sie war schlaff und weich. Niklas sprang herzu, ergriff das Mädchen, warf es sich mühelos über die Schulter und rannte los. Korin vermochte ihm auch ohne die Last nicht zu folgen. Er blickte über die Schulter zurück. Der Knoch kam näher, mit den Gelenken knirschend; die ausgestreckten Scheren fuhren durch das schüttere Gras, schurrten über Felsbrocken.
»Niklas!«, schrie Korin verzweifelt.
Der Schmied schaute zurück, legte Visenna zu Boden, rannte zu Korin, stützte ihn, zusammen liefen sie. Der Knoch wurde schneller, hob die stachligen Scheren.
»Wir schaffen es nicht«, keuchte Niklas nach einem Blick zurück. »Wir entkommen ihm nicht …«
Sie erreichten Visenna, die hingestreckt dalag.
»Sie verblutet«, stöhnte Niklas.
Korin besann sich. Er riss den Beutel von Visennas Gürtel los, schüttete den Inhalt aus und ergriff, ohne die anderen Dinge zu beachten, das rostrote, von Runenzeichen bedeckte Mineral, schob die rotblonden, vom Blutnassen Haare auseinander, drückte den Hämatit auf die Wunde. Das Blut hörte augenblicklich auf zu fließen.
»Korin!«, schrie Niklas.
Der Knoch war nahe. Er streckte die Vorderbeine weit aus, die gezähnten Zangen öffneten sich. Niklas sah die sich auf Stielen drehenden Augen und die darunter knirschenden halbmondförmigen Kiefer. Beim Vorankriechen zischte der Knoch rhythmisch: »Tsss, tsss, tsss …«
»Korin!«
Korin reagierte nicht, flüsterte etwas, ohne den Hämatit von der Wunde zu nehmen. Niklas sprang zu ihm, packte ihn am Arm, zerrte ihn von Visenna weg, nahm die Druidin auf die Arme. Sie rannten. Der Knoch, ohne einen Moment mit dem Zischen aufzuhören, hob die Scheren, schurrte mit dem Chitinbauch über die Felsen und eilte ihnen zügig nach. Niklas erkannte, dass sie keine Chance hatten.
Von der Mäuseklamm preschte in halsbrecherischem Tempo ein Reiter in einem Lederwams heran, das Breitschwert hoch über den Kopf mit der Kettenpanzer-Haube erhoben. In dem behaarten Gesicht funkelten kleine Augen, blitzten die spitzen Zähne.
Mit einem Schlachtruf stürzte sich Kehl auf den Knoch. Doch noch ehe er das Ungeheuer erreichte, schlossen sich die schrecklichen Scheren, fassten das Pferd mit den stachligen Zangen. Der Murmelmensch fiel aus dem Sattel, überschlug sich am Boden.
Ohne ersichtliche Mühe hob der Knoch das Pferd in den Zangen und spießte es auf den spitzen Dorn, der ihm vorn aus dem Leib ragte. Die sichelförmigen Kiefern klappten zusammen, das Blut des Pferdes spritzte auf die Steine, aus dem aufgeschlitzten Bauch platzten die dampfenden Eingeweide auf den Erdboden.
Niklas sprang hin, hob den Murmelmenschen auf, dieser jedoch stieß ihn zurück, riss das Schwert hoch, brüllte so laut, dass er die Todesschreie des Pferdes übertönte, und stürzte sich auf den Knoch. Mit affenartiger Gewandtheit schlüpfte er unter dem knochenartig verdickten Gelenk eines der Vordergliedmaßen hindurch und schlug mit ganzer Kraft nach einem Stielauge. Der Knoch zischte, ließ das Pferd los, warf die Scheren zur Seite, wobei er Kehl mit den spitzen Stacheln erwischte, riss ihn vom Boden hoch, schleuderte ihn seitlich auf das Geröll. Kehl stürzte auf die Steine, ließ das Schwert fallen. Der Knoch vollführte eine halbe Drehung, streckte die Zangen aus und packte ihn. Die kleine Gestalt des Murmelmenschen hing in der Luft.
Niklas schrie wütend auf, war mit zwei Sprüngen bei dem Ungeheuer, holte aus und hieb mit der Axt auf den Chitinpanzer ein. Korin ließ Visenna los und sprang ohne zu zögern von der anderen Seite hinzu, stieß das Schwert mit beiden Händen in eine Fuge zwischen dem Panzer und einem Bein. Er stemmte sich mit der Brust gegen den Griff und rammte das Schwert bis zur Parierstange hinein. Niklas ächzte und schlug nochmals zu,
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