Etwas ist faul
gewann neuen Einblick in die schwierige Kunst des Beschattens. Die Jagd war langwierig und ermüdend – und am Ende schien sie doch zu nichts zu führen. Nachdem der Mann sich etwa vier Meilen lang durch die Straßen von Portsmouth gewunden und gedreht hatte, kehrte er ins Hotel zurück – George dicht auf seinen Fersen. Ein leichter Zweifel befiel Letztgenannten. War es vorstellbar, dass der Mann seine Gegenwart wahrgenommen hatte? Während er noch in der Halle stand und diesen Punkt sorgfältig erwog, wurde die Tür zur Straße aufgestoßen, und der kleine hellbraune Mann betrat das Hotel. Offensichtlich hatte auch er noch einen Spaziergang unternommen. George wurde plötzlich gewahr, dass das schöne Mädchen aus dem Büro ihn ansprach.
»Mr Rowland, nicht wahr? Zwei Gentlemen möchten Sie sprechen. Zwei ausländische Gentlemen. Sie warten im kleinen Saal am Ende des Ganges.«
Leicht erstaunt suchte George den fraglichen Raum auf. Zwei Männer, die dort saßen, erhoben sich und verneigten sich förmlich.
»Mr Rowland? Ich habe nicht den geringsten Zweifel, Sir, dass Sie sich vorstellen können, wer wir sind.«
George blickte von einem zum anderen. Der Sprecher war der ältere von beiden: Ein grauhaariger und auffallender Gentleman, der ausgezeichnet Englisch sprach. Der andere war ein hochgewachsener, leicht verpickelter junger Mann mit einem Gesicht blonder teutonischer Abstammung, das durch das erboste Stirnrunzeln, welches der junge Mann augenblicklich trug, keineswegs attraktiver geworden war. Irgendwie erleichtert, dass es sich bei keinem seiner Besucher um jenen alten Herrn handelte, dem er auf dem Bahnhof Waterloo Station begegnet war, befleißigte George sich seiner liebenswürdigsten Art.
»Nehmen Sie bitte Platz, Gentlemen. Ich bin entzückt, Ihre Bekanntschaft zu machen. Wie wäre es mit einem Drink?«
Der Ältere hob abwehrend seine Hand.
»Vielen Dank, Lord Rowland – nicht für uns. Wir haben nur sehr wenig Zeit – gerade soviel, dass Sie uns eine Frage beantworten können.«
»Es ist sehr freundlich von Ihnen, mich in den Adelsstand zu erheben«, sagte George. »Und es tut mir leid, dass ich Ihnen keinen Drink anbieten kann. Wobei handelt es sich bei Ihrer kurzen Frage?«
»Lord Rowland, Sie verließen London in Begleitung einer bestimmten Dame. Hier sind Sie dann allein angekommen. Wo ist die Dame?«
George erhob sich.
»Leider sehe ich mich nicht in der Lage, Ihre Frage zu verstehen«, sagte er kalt und bemühte sich, möglichst genau wie der Held eines Romans zu sprechen. »Ich habe die Ehre, Ihnen einen guten Abend zu wünschen, Gentlemen.«
»Dabei verstehen Sie ganz genau! Sehr gut verstehen Sie die Frage!«, schrie der jüngere Mann in einem plötzlichen Ausbruch. »Was haben Sie mit Alexa gemacht?«
»Ruhig, Sir«, murmelte der andere. »Ich bitte Sie inständig, Ruhe zu bewahren.«
»Ich kann Ihnen versichern«, sagte George, »dass ich keine Dame dieses Namens kenne. Es muss sich also um einen Irrtum handeln.«
Der Ältere sah ihn gespannt an.
»Das ist kaum möglich«, sagte er trocken. »Ich nahm mir die Freiheit, das Gästeverzeichnis des Hotels durchzusehen. Sie haben sich als Mr G. Rowland of Rowland’s Castle eingetragen.«
George war gezwungen zu erröten.
»Ein – ein kleiner Scherz meinerseits«, erklärte er matt.
»Eine ziemlich armselige Ausflucht. Hören Sie – klopfen wir nicht länger auf den Busch. Wo befindet sich Ihre Hoheit?«
»Wenn Sie damit Elizabeth meinen…«
Mit einem wütenden Aufheulen stürzte der junge Mann wieder vorwärts.
»Unverschämter Schweinehund! So von ihr zu sprechen!«
»Wie Sie sehr wohl wissen«, sagte der andere langsam, »beziehen sich meine Worte auf die Großherzogin Anastasia Sophia Alexandra Marie Helena Olga Elizabeth von Katonien.«
»Oh«, sagte Mr Rowland etwas hilflos. Er versuchte, sich alles in Erinnerung zurückzurufen, was er jemals über Katonien gewusst hatte. Soweit er sich entsann, handelte es sich um ein kleines Königreich auf dem Balkan, und irgendwie schien er sich ferner einer Revolution zu erinnern, die dort stattgefunden hatte. Mit Mühe fasste er sich wieder.
»Offenbar meinen wir dieselbe Person«, sagte er fröhlich, »nur dass ich sie Elizabeth nenne.«
»Dafür werden Sie mir Genugtuung geben«, fauchte der jüngere Mann. »Wir werden kämpfen.«
»Kämpfen?«
»Ein Duell.«
»An Duellen beteilige ich mich niemals«, sagte Mr Rowland standhaft.
»Warum nicht?«, fragte der andere
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