Etwas ist faul
bitte Sie. Nichts Einfacheres als das. Und ich bin äußerst erfreut, dass ich Ihnen von Nutzen sein konnte«, murmelte George.
»Großartig«, wiederholte sie bewundernd.
Es ist zweifellos erfreulich, wenn das liebreizendste Mädchen, dem man je begegnet ist, einem in die Augen blickt und sagt, wie großartig es einen fände. George genoss es genauso, wie jeder andere es an seiner Stelle genossen hätte.
Dann trat eine ziemlich peinliche Stille ein. Dem Mädchen schien es zu dämmern, dass eventuelle weitere Erklärungen erwartet würden. Es errötete leicht.
»Schrecklich ist dabei«, sagte sie nervös, »dass ich fürchte, es gar nicht erklären zu können.«
Mit einem jammervollen Ausdruck der Unsicherheit sah sie ihn an.
»Sie können es nicht erklären?«
»Nein.«
»Wie hinreißend!«, sagte Mr Rowland bewundernd.
»Wie bitte?«
»Ich sagte: wie hinreißend. Genau wie in einem dieser Bücher, die einen die ganze Nacht wach halten. Immer sagt die Heldin im ersten Kapitel: ›Ich kann es nicht erklären!‹ Natürlich erklärt sie es schließlich doch, und eigentlich bestand gar kein Grund, dass sie es nicht schon gleich zu Anfang tat – aber dann wäre die ganze Geschichte verdorben gewesen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie hocherfreut ich bin, in ein wirkliches Geheimnis hineingezogen worden zu sein – ich wusste gar nicht, dass es derartige Dinge überhaupt gibt. Hoffentlich hängt es mit Geheimdokumenten von ungeheurer Wichtigkeit zusammen, und auch mit dem Balkan-Express. In den bin ich nämlich völlig vernarrt.«
Mit großen, misstrauischen Augen starrte das Mädchen ihn an.
»Wieso kommen Sie auf den Balkan-Express?«, fragte sie scharf.
»Hoffentlich war ich nicht allzu indiskret«, beeilte sich George einzuwerfen. »Vielleicht hat Ihr Onkel ihn benutzt?«
»Mein Onkel…« Sie verstummte und fing dann noch einmal an: »Mein Onkel…«
»Sehr richtig«, sagte George mitfühlend. »Ich habe auch einen Onkel. Eigentlich dürfte man niemanden für seine leiblichen Onkel verantwortlich machen. Die Natur kennt auch Rückschläge – wenigstens sehe ich es so an.«
Plötzlich fing sie an zu lachen. Als sie sprach, fiel George der leichte ausländische Tonfall ihrer Stimme auf. Bisher hatte er sie für eine Engländerin gehalten.
»Was sind Sie doch für ein erfrischender und ungewöhnlicher Mensch, Mr…«
»Rowland. Bei meinen Freunden heiße ich George.«
»Ich heiße Elizabeth…«
Sie verstummte unvermittelt.
»Der Name Elizabeth gefallt mir sehr«, sagte George, um ihre vorübergehende Verwirrung zu überspielen. »Hoffentlich nennt man Sie nicht Bessie oder mit einem ähnlich scheußlichen Namen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Also«, sagte George, »da wir uns nun schon so gut kennen, können wir zum geschäftlichen Teil übergehen. Wenn Sie aufstehen würden, Elizabeth, könnte ich den Rücken Ihres Mantels abklopfen.«
Gehorsam erhob sie sich, und George war in der Lage, sein Vorhaben zufrieden stellend auszuführen.
»Danke, Mr Rowland.«
»George. Meine Freunde nennen mich George, wenn Sie sich gütig erinnern wollen. Und Sie können nicht einfach in mein hübsches leeres Abteil stürzen, sich unter den Sitz rollen, mich veranlassen, Ihrem Onkel Lügen aufzutischen, und sich dann weigern, mich als Ihren Freund anzusehen stimmt’s?«
»Danke, George.«
»Das klingt sehr viel besser.«
»Bin ich jetzt wieder vorzeigbar?«, fragte Elizabeth und versuchte, über ihre linke Schulter hinwegzusehen.
»Sie sind – ach! Sie sehen – großartig sehen Sie aus«, sagte George und nahm sich gewaltig zusammen.
»Es kam alles so plötzlich, verstehen Sie?«, erklärte Elizabeth.
»Das ist anzunehmen.«
»Er sah uns im Taxi, und auf dem Bahnhof sprang ich einfach in dieses Abteil, weil er mich fast schon eingeholt hatte. Wohin fährt dieser Zug übrigens?«
»Nach Rowland’s Castle«, sagte George mit fester Stimme.
Verblüfft sah Elizabeth ihn an.
»Nach Rowland’s Castle?«
»Natürlich nicht nur. Dahin kommt er erst nach verschiedenen Aufenthalten und stundenlanger langsamer Fahrt. Ich bin jedoch voller Zuversicht, noch vor Mitternacht dort einzutreffen. Die einstige South-Western war eine ausgesprochen zuverlässige Strecke – langsam, aber zuverlässig –, und ich bin überzeugt, dass die Southern Railway diese Tradition aufrechterhält.«
»Ich weiß eigentlich gar nicht, was ich in Rowland’s Castle soll«, sagte Elizabeth nachdenklich.
»Sie verletzen
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