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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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diese letzte Schale auf den Tisch stellte, verzog ein eigenartiges Lächeln ihren Mund.
    Dieses Lächeln gab den Ausschlag.
    Eine bemerkenswerte Frau – eine gefährliche Frau. Kein Warten, keine Vorbereitungen. Heute Nachmittag, genau heute Nachmittag – mit ihm hier als Zeugen. Diese Kühnheit verschlug ihm den Atem. Es war raffiniert, verdammt raffiniert. Er würde ihr nichts beweisen können. Sie baute darauf, dass er nichts ahnte – einfach weil es noch so früh war. Eine Frau, die blitzschnell dachte und handelte.
    Er holte tief Luft und beugte sich vor.
    »Mrs Merrowdene, ich bin ein Mann mit sonderbaren Einfällen. Würden Sie so liebenswürdig sein und bei einem davon mitmachen?«
    Sie blickte ihn fragend an.
    Er stand auf, nahm die Schale, die vor ihr stand, und ging hinüber zu dem kleinen Tisch, wo er sie gegen die andere vertauschte. Diese brachte er zurück und stellte sie vor sie hin.
    »Ich möchte sehen, wie Sie das trinken!«
    Ihre Blicke trafen sich. Sie sah ihn fest und unergründlich an. Langsam wich die Farbe aus ihrem Gesicht.
    Sie streckte die Hand aus und hob die Schale hoch. Er hielt den Atem an. Angenommen, er hatte sich von Anfang an geirrt?
    Sie führte die Schale an die Lippen. Im letzten Moment lehnte sie sich vor und goss den Inhalt in einen Blumentopf. Dann richtete sie sich auf und sah ihn herausfordernd an.
    Er stieß einen langen Seufzer der Erleichterung aus und setzte sich wieder hin.
    »Nun?«, fragte sie. Ihre Stimme klang verändert. Sie war leicht spöttisch und herausfordernd.
    Er antwortete bedächtig. »Sie sind eine sehr kluge Frau, Mrs Merrowdene. Ich glaube, Sie verstehen mich. Es darf kein zweites Mal geben. Wissen Sie, was ich meine?«
    »Ja, ich weiß«, sagte sie.
    Er nickte zufrieden mit dem Kopf. Sie war sehr vorsichtig. Sie wollte nicht gehängt werden.
    »Auf Ihr langes Leben und das Ihres Gatten«, sagte er bedeutungsvoll und hob die Schale mit dem Tee an die Lippen.
    Dann veränderte sich sein Gesicht. Es verzog sich grauenvoll… er musste aufstehen… hinausschreien. Sein Körper wurde steif, sein Gesicht lief rot an. Er fiel hin, stürzte über den Stuhl. Seine Glieder verkrampften sich.
    Mrs Merrowdene lehnte sich vor und beobachtete ihn. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie sprach zu ihm, ganz sanft und liebenswürdig.
    »Sie haben einen Fehler gemacht, Mr Evans. Sie glaubten, ich wollte George töten… Wie dumm von Ihnen, wie furchtbar dumm.«
    Sie saß noch eine Minute lang da und blickte auf den toten Mann – den dritten, der gedroht hatte, ihren Weg zu kreuzen und sie von dem Mann zu trennen, den sie liebte.
    Ihr Lächeln vertiefte sich. Mehr denn je glich sie einer Madonna. Dann hob sie ihre Stimme und rief:
    »George! George!… Oh, bitte, komm her. Ich fürchte, ein schrecklicher Unfall ist passiert! Armer Mr Evans!«

Jane sucht Arbeit
     
    J ane Cleveland raschelte mit der Zeitung und stieß einen tiefen Seufzer aus, der aus dem Innersten ihrer Seele zu steigen schien. Angewidert betrachtete sie die marmorne Tischplatte vor sich, auf der sich ein Teller mit einer Toastscheibe, garniert mit einem verlorenen Ei, sowie ein Kännchen Tee befanden. Nicht etwa, weil sie keinen Hunger hatte. Das war keineswegs der Fall, Jane hatte einen Bärenhunger. Sie hätte in diesem Augenblick gut und gern ein riesengroßes Steak mit Bratkartoffeln und einer Portion Butterbohnen vertilgen und dazu ein etwas aufregenderes Getränk als den faden Tee trinken können.
    Aber junge Frauen, in deren Kasse totale Ebbe herrscht, können nicht wählerisch sein. Jane durfte sich schon glücklich schätzen, dass sie in der Lage war, ein verlorenes Ei und ein Kännchen Tee zu bestellen. Morgen würde sie sich vermutlich nicht einmal mehr das leisten können, es sei denn…
    Sie wandte sich wieder dem Anzeigenteil im Daily Le a der zu. Um es klar und deutlich zu sagen, Jane war arbeitslos, und ihre Lage wurde allmählich brenzlig. Die Wirtin ihrer schäbigen Pension hatte sie bereits mehrmals mit schrägen Blicken gemustert.
    »Und dabei«, sagte Jane zu sich selbst, wobei sie, wie es ihre Gewohnheit war, trotzig das Kinn hob, »und dabei bin ich intelligent, sehe gut aus und habe eine anständige Erziehung genossen. Was wollen die Leute eigentlich noch mehr?«
    Nach dem Daily Leader zu schließen, wollten die Leute Stenotypistinnen mit reichlicher Berufserfahrung, Geschäftsführerinnen mit etwas Eigenkapital, Interessentinnen an lukrativen

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