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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ihm und blickte mit bezaubernder Schüchternheit zu seinem Gesicht hoch.
    »Hätte ich dich doch nur nie kennen gelernt«, erklärte sie. »Hätte ich es doch nur nie getan.«
    »Bereust du es?«, fragte Anthony matt.
    »Nein, selbst deine Augen wirken anders – und du bist zehnmal hübscher, als ich es für möglich gehalten habe.«
    »Wirklich?«
    Sich selbst redete Anthony jedoch ein: Ruhig bleiben, mein Junge, ruhig bleiben. Die Situation entwickelt sich zwar sehr nett, aber verliere jetzt bloß nicht den Kopf.
    »Ich darf dich noch einmal küssen, ja?«
    »Selbstverständlich«, sagte Anthony überzeugt. »So oft du willst.«
    Es folgte ein sehr erfreuliches Zwischenspiel.
    Wenn ich bloß wüsste, wer – zum Teufel – ich bin, überlegte Anthony. Ich flehe nur zum Himmel, dass der Wirkliche jetzt nicht auftaucht. Wie süß sie ist!
    Plötzlich trat das Mädchen einen Schritt zurück, und auf seinem Gesicht zeigte sich vorübergehend Entsetzen.
    »Hat man dich hierher verfolgt?«
    »Um Himmels willen – nein!«
    »Aber sie sind fürchterlich gerissen. Du kennst sie nicht so genau, wie ich sie kenne. Boris ist ein Schuft.«
    »Die Sache mit Boris werde ich für dich regeln.«
    »Du bist ein Löwe – jawohl, ein richtiger Löwe. Und die anderen, die sind nur canaille – alle! Übrigens: Ich habe es! Wenn sie es wüssten, würden sie mich sofort umbringen. Ich hatte solche Angst – ich wusste nicht, was ich tun sollte, und dann fielst du mir ein… Psst, was war das?«
    Es war ein Geräusch unten im Laden. Mit einer Kopfbewegung andeutend, dass er bleiben sollte, wo er wäre, schlich sie auf Zehenspitzen zur Treppe. Mit blassem Gesicht und aufgerissenen Augen kehrte sie zurück.
    »Madre de Dios! Die Polizei. Sie kommt herauf. Hast du ein Messer? Einen Revolver? Oder eine andere Waffe?«
    »Mein liebes Kind, du erwartest doch nicht im Ernst von mir, dass ich einen Polizisten umbringe?«
    »Ach, du bist wahnsinnig – wahnsinnig! Sie nehmen dich mit und hängen dich auf, bis du tot bist.«
    »Was werden sie?«, fragte Mr Eastwood, und ein sehr unangenehmes Gefühl kroch an seiner Wirbelsäule empor.
    Auf der Treppe erklangen Schritte.
    »Jetzt kommen sie«, flüsterte das Mädchen. »Bestreite alles. Das ist die einzige Möglichkeit.«
    »Das dürfte mir nicht schwerfallen«, murmelte Mr Eastwood sotto voce.
    Nach kaum einer Minute betraten zwei Männer das Zimmer. Sie trugen zwar unauffällige Anzüge, hatten jedoch ein offizielles Gehabe, das auf lange Ausbildung schließen ließ. Der kleinere der beiden, ein dunkler Mann mit ruhigen grauen Augen, war der Sprecher.
    »Ich verhafte Sie, Conrad Fleckman«, sagte er, »wegen Mordes an Anna Rosenburg. Alles, was Sie sagen, wird als Beweis gegen Sie verwendet. Hier ist der Haftbefehl. Es ist das Beste, Sie kommen ohne viel Federlesens mit.«
    Ein halberstickter Aufschrei entrang sich den Lippen des Mädchens. Mit gefasstem Lächeln trat Anthony einen Schritt vor.
    »Sie unterliegen einem Irrtum, mein Herr«, sagte er scherzhaft. »Ich heiße Anthony Eastwood.«
    Seine Feststellung schien auf die beiden Kriminalbeamten nicht die geringste Wirkung zu haben.
    »Darüber können wir uns noch später unterhalten«, sagte der Dunkle – derjenige, der vorhin schon geredet hatte. »Inzwischen kommen Sie mit.«
    »Conrad«, jammerte das Mädchen. »Conrad, lass dich nicht einfach so mitnehmen.«
    Anthony blickte die Kriminalbeamten an.
    »Sie werden sicherlich nichts dagegen haben, dass ich mich von dieser jungen Dame verabschiede?«
    Mit mehr Gefühl und Anstand, als er es erwartet hatte, gingen die beiden Männer zur Tür. Anthony zog das Mädchen in die Ecke neben dem Fenster und redete schnell und kaum vernehmbar auf es ein.
    »Hör zu. Was ich eben sagte, ist wahr. Ich bin nicht Conrad Fleckman. Als du heute Vormittag bei mir anriefst, muss man dir eine falsche Nummer gegeben haben. Ich heiße Anthony Eastwood. Ich bin auf deine Bitte hin gekommen, weil – eben, ich bin gekommen.«
    Ungläubig starrte sie ihn an.
    »Du bist nicht Conrad Fleckman?«
    »Nein.«
    »Oh!«, rief sie in einem Ton tiefster Not. »Und ich habe dich geküsst!«
    »Daran war nichts verkehrt«, versicherte Mr Eastwood. »Die ersten Christen haben den Kuss als festes Brauchtum eingeführt. Was äußerst vernünftig war. Jetzt pass auf: Ich werde also mit diesen Leuten mitfahren. Binnen Kurzem werde ich beweisen, wer ich wirklich bin. Bis dahin werden sie dich in Ruhe lassen, sodass du deinen

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