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Etwas ist faul

Etwas ist faul

Titel: Etwas ist faul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sich ganz dem Verkauf alten Glases widmete. Gläserne Gegenstände aller Art füllten den Laden bis zum Überfluss. Anthony war gezwungen, sich vorsichtig zu bewegen, als er den Mittelgang entlangging, der von Weingläsern flankiert war, während Lüster und Kronleuchter leise klirrend über seinem Kopf pendelten. Eine sehr alte Dame saß im hinteren Teil des Ladens. Sie hatte einen knospenden Schnurrbart, um den so mancher Jüngling sie beneidet hätte, und ein grausames Benehmen.
    Sie blickte Anthony an und sagte mit abweisender Stimme:
    »Na?«
    Anthony war ein junger Mann, der sich leicht aus der Fassung bringen ließ. Unverzüglich erkundigte er sich nach dem Preis einiger Weißweingläser.
    »Sechs Stück fünfundvierzig Shilling.«
    »Ach – wirklich?«, sagte Anthony. »Sehr nett, nicht? Und was kosten die hier?«
    »Wunderschöne Stücke, altes Waterford. Die lasse ich Ihnen für achtzehn Guineen das Paar.«
    Mr Eastwood merkte, dass er sich selbst in Schwierigkeiten brachte: Noch eine Minute, und wie hypnotisiert von den Augen der boshaften alten Frau, würde er irgendetwas kaufen. Und dennoch konnte er es nicht über sich bringen, den Laden wieder zu verlassen.
    »Und der da?«, fragte er und deutete auf einen Kronleuchter.
    »Fünfunddreißig Guineen.«
    »Aha!«, sagte Mr Eastwood bedauernd. »Das ist leider mehr, als ich mir leisten kann.«
    »Was suchen Sie denn?«, fragte die alte Dame. »Irgendein Hochzeitsgeschenk?«
    »Richtig«, sagte Anthony und klammerte sich an diese Erklärung. »Aber es ist so schwer, das Passende zu finden.«
    »So ist das also«, sagte die Dame und stand auf, als wäre sie zu einem Entschluss gekommen. »Hübsches altes Glas ist eigentlich nie verkehrt. Hier habe ich ein Paar alte Weinkaraffen – und hier ist ein hübsches kleines Likörservice, genau das Richtige für eine junge Frau…«
    In den nächsten zehn Minuten litt Anthony Höllenqualen. Die Dame hatte ihn völlig in der Hand. Jedes nur denkbare Exemplar der Glasbläserkunst zog an seinen Augen vorüber. Er verzweifelte.
    »Wunderschön, wunderschön«, rief er fast mechanisch aus, während er einen großen goldenen Kelch abstellte, der seiner Aufmerksamkeit aufgezwungen worden war. Dann platzte er heraus:
    »Übrigens – haben Sie vielleicht Telefon?«
    »Nein, wir nicht. Gegenüber im Postamt ist eine Telefonzelle. Na, wie finden Sie den Kelch oder wie wäre es mit diesen schönen alten Römern?«
    Da Anthony keine Frau war, war er auch völlig unbewandert in der gelassenen Kunst, ein Geschäft zu verlassen, ohne etwas gekauft zu haben.
    »Ich nehme lieber das Likörservice«, sagte er düster.
    Mit Verbitterung im Herzen bezahlte er. Aber als die alte Dame das Päckchen einpackte, kehrte plötzlich sein Mut zurück. Schließlich würde sie ihn allerhöchstem für exzentrisch halten, und außerdem – was, zum Teufel, kümmerte es ihn, was sie dachte? »Gurke«, sagte er deutlich und bestimmt.
    Unvermittelt unterbrach die alte Frau das Verpacken des Likörservices. »Wie? Was haben Sie gesagt?«
    »Nichts«, log Anthony schnell.
    »Ach so! Ich dachte schon, Sie hätten ›Gurke‹ gesagt.«
    »Das habe ich auch«, erwiderte Anthony herausfordernd.
    »Soso«, meinte die alte Dame. »Warum haben Sie das denn nicht gleich gesagt? Einfach mir meine Zeit zu stehlen! Durch die Tür da drüben und die Treppe hoch. Sie wartet schon.«
    Wie im Traum ging Anthony durch die Tür und stieg eine äußerst schmutzige Treppe hoch. Oben stand eine Tür ein Stück offen und gab den Blick in ein winziges Wohnzimmer frei.
    Auf einem Stuhl saß, die Augen auf die Tür gerichtet und auf dem Gesicht einen Ausdruck gespannter Erwartung, ein Mädchen.
    Und was für ein Mädchen! Sie hatte tatsächlich jene elfenbeinerne Haut, die Anthony so oft geschildert hatte. Und ihre Augen! So etwas von Augen! Engländerin war sie nicht; das sah er auf den ersten Blick. Vielmehr machte sie einen fremden exotischen Eindruck, der sich selbst in der kostbaren Schlichtheit ihres Kleides zeigte.
    Anthony blieb im Türrahmen stehen; er war verlegen. Es schien an der Zeit zu sein, irgendwelche Erklärungen abzugeben. Aber mit einem Schrei des Entzückens sprang das Mädchen auf und warf sich in seine Arme.
    »Du bist gekommen!«, rief sie. »Du bist gekommen! Oh, gelobt seien die Heiligen und die heilige Madonna!«
    Anthony, der nie eine günstige Gelegenheit ungenützt verstreichen ließ, reagierte genauso inbrünstig. Schließlich entwand sie sich

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