Eulen
glänzendem weißem Klebeband befestigt war, bedeckte die Mitte seines Schweinchengesichts. Beide Augen waren schlimm geschwollen und rotblau umrandet.
Roy war sprachlos. Es war schwer zu glauben, dass ein einziger Schlag so viel Schaden angerichtet haben sollte.
Dana starrte zu ihm hinunter und sagte mit einer dünnen, nasalen Stimme: »Ich fass es nicht.«
»Keine Angst. Ich wollte dir nur was vorbeibringen.« Roy reichte ihm den Umschlag mit der Entschuldigung.
»Was ist das?«, fragte Dana neugierig.
»Mach’s doch auf.«
Danas Mutter erschien hinter ihrem Sohn. »Wer ist denn das?«, fragte sie Dana. »Was will der?«
»Ich bin der, den Ihr Sohn neulich erwürgen wollte. Und der ihm eine reingehauen hat«, sagte Roy schnell.
Danas Schultern wurden steif. Seine Mutter kicherte amüsiert. »Das soll wohl ein Witz sein! Dieser Zwerg soll dir die Visage poliert haben?«
»Ich bin gekommen, um mich zu entschuldigen. Steht alles in dem Brief hier.« Roy zeigte auf den Umschlag, den Dana fest in der rechten Hand hielt.
»Zeig mal her.« Mrs. Matherson langte ihrem Sohn über die Schulter, aber der duckte sich und zerknüllte den Brief in der Faust.
»Verschwinde, Cowgirl«, knurrte er Roy an. »Du und ich, wir regeln die Sache, wenn ich wieder in der Schule bin.«
Als Roy ins Auto stieg, fragte seine Mutter: »Wieso ringen da zwei Leute vor der Haustür miteinander?«
»Der Typ im Schlafanzug ist der, der mich im Bus gewürgt hat. Die dahinter ist seine Mutter. Sie kloppen sich um meine Entschuldigung.«
»Oh.« Mrs. Eberhardt betrachtete die seltsame Szene nachdenklich durch die Windschutzscheibe. »Hoffentlich tun sie sich nichts. Sie scheinen beide etwas grob, oder?«
»Stimmt. Können wir jetzt nach Hause fahren, Mom?«
5
In einer Stunde hatte Roy seine Hausaufgaben erledigt. Als er aus seinem Zimmer kam, hörte er, wie seine Mutter mit seinem Vater telefonierte. Sie berichtete ihm gerade, die Schule wolle mit Rücksicht auf Danas Verletzung keinerlei Disziplinarmaßnahmen gegen ihn ergreifen. Anscheinend wollte man Danas Eltern nicht provozieren, für den Fall, dass sie daran dachten, gegen die Schule vor Gericht zu ziehen.
Als Mrs. Eberhardt ihrem Mann eben von dem wilden Gerangel zwischen Dana und seiner Mutter erzählte, schlüpfte Roy zur Hintertür hinaus. Er schob sein Rad aus der Garage und schwang sich darauf. Zwanzig Minuten später war er an Beatrice Leeps Bushaltestelle, und von dort fand er mühelos den Weg wieder, auf dem er am Freitag dem Jungen hinterhergejagt war, mit den bekannten üblen Folgen.
Als Roy zum Golfplatz kam, schloss er sein Rad an den Rohren eines Springbrunnens an und lief dann zu Fuß dieselbe Spielbahn hinunter, auf der ihn der Golfball erwischt hatte. Es war schon spät am Nachmittag, aber immer noch glühend heiß, so dass nur wenige Golfer auf dem Platz waren. Trotzdem rannte Roy mit gebücktem Kopf und hoch erhobenem Arm. Sollte noch einmal ein verirrter Ball in seine Richtung fliegen, hoffte er ihn mit dem Arm abzufangen. Erst als er die Gruppe australischer Kiefern erreicht hatte, zwischen denen der Junge verschwunden war, wurde er langsamer.
Hinter den Kiefern begann ein Dickicht aus brasilianischen Pfeffersträuchern und dichtem Unterholz, das Roy undurchdringlich erschien. Er suchte nach einem Trampelpfad oder irgendeinen anderen Hinweis auf die Anwesenheit eines Menschen. Viel Zeit blieb ihm nicht, bis es dunkel wurde. Bald gab er es auf, nach einem Durchgang zu suchen, und quetschte sich einfach zwischen den Pfeffersträuchern hindurch, deren Zweige ihm die Arme verkratzten und sich ihm ins Gesicht bohrten. Er schloss die Augen und wühlte sich durch.
Nach und nach wurden die Zweige weniger dicht und plötzlich ging es bergab. Roy verlor das Gleichgewicht und rutschte hinunter in einen Graben, der wie ein Tunnel durch das Dickicht führte.
Hier im Schatten war die Luft kühl, es roch nach Erde. Roy entdeckte mehrere verkohlte Steine, die ringförmig eine Schicht Asche umgaben: ein Lagerfeuer. Er kniete sich hin und betrachtete den festen Lehmboden neben der Feuerstelle. Er zählte ein halbes Dutzend identischer Abdrücke, die alle von denselben Füßen stammten. Roy stellte einen seiner Schuhe neben einen der Abdrücke und war nicht überrascht, als er sah, dass beide etwa gleich groß waren.
Aus einem plötzlichen Einfall heraus rief er: »Hallo? Bist du da?«
Keine Antwort.
Langsam arbeitete Roy sich durch den Graben hindurch und suchte
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