Eulen
es geschafft.
»Damit das glasklar ist, Mr. Branitt: Sie haben also nichts der Polizei gemeldet?«
»Nein, Sir«, sagte Curly mit Nachdruck in den Hörer.
»Das heißt, es dürfte nichts Schriftliches über diese jüngste Eskapade geben – richtig? Nichts, was irgendwie an die Presse geraten könnte?«
»Ich wüsste nicht, wie, Mr. Muckle.«
Für Curly war es wieder mal ein langer, entmutigender Tag gewesen. Die Sonne war zwar endlich hinter den Wolken hervorgekommen, aber seitdem war nichts Gutes mehr passiert. Der Bauplatz wurde auch weiter nicht planiert, die Baumaschinen standen untätig herum.
Curly hatte den Anruf bei der Konzernzentrale so lange wie möglich hinausgezögert.
»Wenn das ein Witz sein soll, dann ist es ein verdammt schlechter«, hatte Chuck Muckle geknurrt.
»Das ist kein Witz.«
»Jetzt erzählen Sie mir die Sache noch einmal von vorn, Mr. Branitt. Mit allen elenden Einzelheiten.«
Und so hatte Curly alles wiederholt, angefangen damit, wie er früh am Morgen am Bauplatz angekommen war.
Der erste Hinweis auf Ärger war der zerfetzte rote Regenschirm, mit dem Kalo wedelte und seine vier Kampfhunde am Zaun entlangscheuchte. Dabei brüllte er hysterisch auf Deutsch herum.
Da er nicht von den Hunden angefallen werden wollte (und auch nicht vom Schirm aufgespießt), blieb Curly draußen vor dem Tor stehen und schaute verwirrt zu. In dem Moment fuhr ein Streifenwagen der Polizei von Coconut Cove vor – es war Officer Delinko, also derselbe, der eingenickt war, als er den Bauplatz bewachen sollte. Seinetwegen war die peinliche Geschichte mit dem schwarz eingefärbten Polizeiwagen in die Zeitung gekommen, seinetwegen hatte Curly den ganzen Ärger mit der Konzernleitung gekriegt.
»Ich bin gerade auf dem Weg zur Wache, aber ich hab den Aufstand da drin gesehen«, sagte Officer Delinko. Er musste laut sprechen, um das Gebell der Rottweiler zu übertönen. »Was ist denn los mit den Hunden?«
»Gar nichts«, sagte Curly. »Die werden bloß trainiert.«
Der Cop schluckte es und fuhr, zu Curlys großer Erleichterung, weiter. Sobald die Rottweiler an der Leine waren, scheuchte Kalo sie in den Camper und verschloss die Klappe. Wütend mit dem Regenschirm fuchtelnd, drehte er sich dann zu Curly um. »Sie da! Sie wollen meine Hunde umbringen!«, brüllte er.
Der Wachmann hob die Arme und zeigte die leeren Handflächen, um zu zeigen, dass er völlig unschuldig war. »Was reden Sie da eigentlich?«
Kalo riss das Tor auf und stapfte auf Curly zu, der sich fragte, ob er vielleicht einen Stein aufheben sollte, um sich zu verteidigen. Kalo war schweißgebadet, die Adern an seinem Hals traten deutlich hervor.
»Schlangen!« Er spuckte das Wort regelrecht aus.
»Was für Schlangen?«
»Sie wissen sehr gut! Hier wimmelt nur so von Schlangen! Giftschlangen!« An dieser Stelle hatte Kalo mit einem seiner rosigen Finger gewedelt. »Giftschlangen mit bunten Schwänzen!«
»Ich will Sie ja nicht beleidigen, aber Sie haben wohl ’ne Schraube locker.« Noch nie hatte Curly eine Schlange auf Mama Paulas Grundstück gesehen. Und wenn er jemals eine gesehen hätte, dann wüsste er es noch – er hatte nämlich einen Horror vor Schlangen.
»Schraube locker?« Kalo packte ihn am Arm und führte ihn zu dem Bauwagen, den Curly als Büro nutzte. Dort, gemütlich zusammengerollt auf der zweiten Stufe, lag ein geflecktes Exemplar, das Curly sofort als Wassermokassinschlange erkannte. Die kamen im südlichen Florida häufig vor.
Kalo hatte Recht: Die Schlange war äußerst giftig. Und ihr Schwanz glitzerte farbig.
Er trat automatisch einen Schritt zurück. »Ich glaube, Sie übertreiben ein bisschen«, sagte er matt.
»Ach ja? Glauben Sie?«
Der Hundetrainer zerrte ihn zum Zaun, um ihm noch eine Schlange zu zeigen und noch eine und noch eine … Schließlich waren es neun. Curly standen die Haare zu Berge.
»Und – Sie glauben immer noch, Kalo hat Schraube locker?«
»Ich kann mir das nicht erklären«, gab Curly zittrig zu. »Vielleicht sind sie ja aus den Sümpfen gekommen, wegen dem vielen Regen.«
»Ganz bestimmt!«
»Hören Sie, ich –«
»Nein, jetzt Sie hören mir zu. Jeder von diese Hunde ist wert dreitausend US Dollar. Das heißt, was hier bellt im Wagen, das sind zwölftausend Dollar. Und wenn Hund gebissen wird von Schlange, was dann? Dann ist kaputt, stimmt?«
»Ich hatte keine Ahnung, dass es hier Schlangen gibt, ich schwöre –«
»Bloß Wunder, dass Tieren nichts passiert
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