Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eulen

Eulen

Titel: Eulen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiassen
Vom Netzwerk:
als wäre er in einen Comic vertieft.
    Er hörte, wie hinter ihm erst geflüstert und dann hastig zusammengepackt wurde. Blitzartig verschwanden alle, die dort gesessen hatten, und gleich darauf spürte Roy, wie jemand Großes sich an ihn heranpirschte.
    »Hi, Dana«, sagte er und drehte sich ganz langsam um.
    »He, Cowgirl.«
    Nach einer Woche war Dana Mathersons Nase noch immer leicht violett und geschwollen, aber sie stand definitiv nicht von der Stirn ab, wie Garrett behauptet hatte.
    Das einzig Überraschende an Danas Aussehen war die dicke aufgeplatzte Oberlippe. So hatte Dana noch nicht ausgesehen, als Roy den Brief bei ihm abgegeben hatte. Roy fragte sich, ob Danas Mutter ihm vielleicht eins aufs Maul gegeben hatte.
    Dank der neuen Verletzung lispelte der Idiot jetzt richtig schön. »Wir müffen noch waff klären, Eberhardt.«
    »Und was bitte?«, fragte Roy. »Ich hab mich bei dir entschuldigt. Damit wären wir quitt.«
    Eine feuchte, schinkengroße Hand legte sich quer über Roys Gesicht. »Wir ffind alleff andere alff quitt«, sagte Dana.
    Roy konnte nicht antworten, weil ihm der Mund zugehalten wurde. Er spähte zwischen Danas Wurstfingern hindurch, die nach Zigaretten stanken.
    »Daff wird dir noch Leid tun, waff du gemacht hafft«, knurrte Dana. »Alpträume kriegfft du, und fwar von der fflimmfften Fforte.«
    Der Schulbus fuhr eine Haltestelle an. Schnell ließ Dana von Roy ab und faltete brav die Hände für den Fall, dass der Fahrer zufällig in den Rückspiegel schauen sollte. Drei Schüler aus Roys Klasse stiegen ein, entschieden sich aber klugerweise für Plätze in den vorderen Reihen, als sie Dana sahen.
    Kaum, dass der Bus wieder anfuhr, wollte Dana sich wieder an Roy heranmachen, doch der schlug ihm ganz locker den Arm weg. Dana kippte zurück und starrte Roy ungläubig an.
    »Sag mal, hast du meinen Brief nicht gelesen?«, fragte Roy. »Solange du mich in Ruhe lässt, gibt’s auch keinen Ärger.«
    »Hafft du mich eben gebokfft? Hafft du mir auf den Arm gebokfft?«
    »Verklag mich doch, wenn du willst.«
    Dana riss die Augen auf. »Waff hafft du geffagt?«
    »Ich hab gesagt, du solltest mal deine Ohren testen lassen – und deinen IQ am besten gleich mit.«
    Roy wusste selbst nicht, welcher Teufel ihn da ritt, dass er jemandem, der so gewalttätig war, mit solchen Sprüchen kam. Er hatte wirklich keine Lust auf eine Keilerei, aber die Alternative war, zu kuschen und zu betteln, und so weit konnte er sich wirklich nicht herablassen.
    Jedes Mal, wenn die Eberhardts in eine andere Stadt zogen, lernte Roy neue Ausgaben der Sorte Schinder und Dumpfbacken kennen. Er empfand sich inzwischen schon als Experte auf dem Gebiet. Solange er nicht zurückwich, ließen sie ihn normalerweise in Ruhe und suchten sich jemand anderen, den sie triezen konnten. Beleidigen sollte man sie aber lieber nicht, das konnte gefährlich werden.
    Roy bemerkte ein paar von Danas bescheuerten Freunden, die hinten im Bus saßen und die Szene beobachteten. Das hieß, dass Dana sich verpflichtet fühlen würde, den anderen zu zeigen, was für ein toller Typ er war.
    »Schlag zu«, sagte Roy.
    »Waff?«
    »Mach schon. Dann bist du’s wenigstens los.«
    »Du bifft echt ein Penner, Eberhardt.«
    »Und du kannst vor lauter Blödheit kaum aus den Augen gucken, Matherson.«
    Das hatte es gebracht. Dana warf sich nach vorn und knallte Roy eine. Er traf ihn seitlich am Kopf.
    Nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, fragte Roy: »Na also. Geht’s dir jetzt besser?«
    »Verdammt gut geht’ff mir!«, rief Dana.
    »Dann ist ja alles okay.« Roy drehte sich um und blätterte weiter in seinem Comic.
    Dana schlug gleich noch einmal zu. Roy kippte zur Seite. Dana lachte gehässig und brüllte seinen Kumpeln hinten etwas zu.
    Roy setzte sich sofort wieder gerade hin. Der Kopf tat ihm wirklich weh, aber er wollte nicht, dass jemand es merkte. Lässig hob er seinen Comic vom Boden auf und legte ihn sich auf den Schoß.
    Dieses Mal schlug Dana mit der anderen Hand zu, die genau so fett und feucht war. Als Roy zu Boden ging, schrie er unwillkürlich auf, aber im Quietschen der Bremsen ging der Schrei unter.
    Einen hoffnungsvollen Moment lang dachte Roy, der Fahrer habe vielleicht gesehen, was da vor sich ging, und sei an den Rand gefahren, um für Ordnung zu sorgen. Aber so war es leider nicht – der Fahrer bekam wie immer absolut nichts mit von Danas schlechtem Benehmen. Der Bus war einfach an der nächsten Haltestelle

Weitere Kostenlose Bücher