Eulen
sie.
»Was für ein Polizist?«
»Der, der Roy neulich abends nach Hause gebracht hat. Rede du mal mit ihm.«
Officer Delinko stand im Wohnzimmer und drehte seinen Hut in der Hand. »Nett, Sie wiederzusehen«, sagte er zu Roys Vater.
»Stimmt irgendwas nicht?«
»Es geht um Roy«, erklärte Mrs. Eberhardt.
»Möglicherweise«, sagte Officer Delinko, »aber ich bin mir nicht sicher.«
»Setzen wir uns doch«, schlug Mr. Eberhardt vor. Er war darin geübt, die Ruhe zu bewahren, während er Informationsfetzen zu sortieren versuchte. »Erzählen Sie erst mal, was los ist.«
»Wo ist Roy? Ist er zu Hause?«, fragte der Polizeibeamte.
»Nein, er ist zu einer Freundin gegangen, um für die Schule zu arbeiten«, sagte Mrs. Eberhardt.
»Ich frage deswegen«, sagte Officer Delinko, »weil ich vor einer Weile ein paar Jugendliche auf der East Oriole gesehen habe. Einer davon sah ein bisschen so aus wie Ihr Sohn. Aber das Merkwürdige war: Erst hat er dem Polizeiwagen gewinkt und dann ist er plötzlich weggerannt.«
Mr. Eberhardt runzelte die Stirn. »Weggerannt? Das klingt aber gar nicht nach Roy.«
»Nein, wirklich nicht«, stimmte Mrs. Eberhardt ihm zu. »Wieso sollte er so etwas auch tun?«
»Die Jugendlichen haben ein Fahrrad auf der Straße liegen lassen.«
»Also, das von Roy ist es jedenfalls nicht. Das hat einen Platten«, verkündete Roys Mutter.
»Stimmt, ich erinnere mich«, sagte der Polizist.
»Wir mussten erst einen neuen Reifen bestellen«, erklärte Mr. Eberhardt.
Officer Delinko nickte geduldig. »Ich weiß, dass es nicht Roys Rad ist. Das Rad, von dem ich spreche, wurde kurz nach Schulschluss aus der Trace Middle School gestohlen.«
»Sind Sie sicher?«, fragte Mr. Eberhardt.
»Sicher, Sir. Ich habe die Seriennummer per Funk durchgegeben, so habe ich es erfahren.«
Es wurde still im Raum. Roys Mutter sah ihren Mann ernst an, dann schaute sie dem Polizisten ins Gesicht.
»Mein Sohn ist kein Dieb«, sagte sie entschieden.
»Ich wollte auch niemanden beschuldigen«, sagte Officer Delinko. »Der Junge, der weggerannt ist, sah so aus wie Roy, aber ich kann nicht mit Sicherheit sagen, dass er es war. Ich bin nur vorbeigekommen, weil Sie seine Eltern sind und weil das, nun ja, zu meinem Job gehört.« Der Polizist wandte sich Verständnis suchend an Mr. Eberhardt. »Sie verstehen das sicher, Mr. Eberhardt, Sie sind ja selbst auf dem Gebiet tätig.«
»Ja, sicher«, murmelte Mr. Eberhardt zerstreut. »Wie viele Kinder haben Sie gesehen?«
»Wenigstens zwei, vielleicht auch drei.«
»Und alle sind weggerannt?«
»Jawohl, Sir.« Officer Delinko versuchte so professionell wie möglich zu klingen. Vielleicht würde er sich eines Tages um einen Posten beim FBI bewerben, dann könnte Mr. Eberhardt ein gutes Wort für ihn einlegen.
»Und wie viele Fahrräder?«, fragte Mr. Eberhardt.
»Nur eins. Es ist hinten im Auto, wenn Sie es sich anschauen wollen.«
Roys Eltern folgten dem Polizisten vors Haus, wo er den Kofferraum seines Crown Victoria öffnete.
»Sehen Sie?« Officer Delinko zeigte auf das gestohlene Rad, ein blaues Strandrad.
»Nie gesehen«, sagte Mr. Eberhardt. »Was meinst du, Lizzy?«
Roys Mutter schluckte schwer. Es sah genauso aus wie das Rad von Roys neuer Freundin, Beatrice, die ihn mittags nach Hause begleitet hatte.
Bevor Mrs. Eberhardt ihre Gedanken noch sammeln konnte, sagte Officer Delinko: »Oh, fast hätte ich’s vergessen. Was ist hiermit?« Er griff in seine Tasche und zog etwas heraus, das wie der abgerissene Ärmel eines T-Shirts aussah.
»Haben Sie das beim Fahrrad gefunden?«, fragte Mr. Eberhardt.
»In der Nähe.« Das war allerdings leicht geschwindelt. Der Bauplatz war in Wirklichkeit mehrere Häuserblocks von der Stelle entfernt, wo er die Kinder gesehen hatte.
»Kommt Ihnen das bekannt vor?«, fragte er die Eberhardts und hielt den Stofffetzen hoch.
»Mir nicht«, antwortete Roys Vater. »Lizzy?«
Mrs. Eberhardt schien erleichtert. »Also, Roys ist es auf jeden Fall nicht«, informierte sie Officer Delinko. »Er besitzt überhaupt keine grünen Kleidungsstücke.«
»Welche Farbe hatte denn das Hemd des Jungen, der weggerannt ist?«, fragte Mr. Eberhardt.
»Das konnte ich nicht erkennen«, gab der Beamte zu. »Er war zu weit weg.«
Das Telefon läutete und Roys Mutter ging schnell ins Haus.
Officer Delinko lehnte sich zu Roys Vater hinüber und sagte: »Ich muss mich wirklich entschuldigen, dass ich Sie mit der Sache belästigt
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