Eulen
Montana.
Als Roy an diesem Abend im Bett lag, fühlte er sich Fischfinger viel näher als zuvor und er verstand den privaten Kreuzzug des Jungen gegen das Pfannkuchenunternehmen viel besser. Es ging ihm ja nicht nur um die Eulen, es ging ihm um das Ganze – um alle Vögel, alle Tiere, um die unberührte Natur, die so leicht zerstört werden konnte. Kein Wunder, dass der Junge wütend war – und fest entschlossen.
Als Roys Eltern hereinkamen, um ihm eine gute Nacht zu wünschen, sagte er ihnen, dass er den Ausflug in die Everglades nie vergessen würde, und das war die Wahrheit. Seine Mom und sein Dad waren noch immer seine besten Freunde, und es konnte durchaus Spaß machen, etwas mit ihnen zu unternehmen. Roy wusste, dass es für die beiden auch nicht so einfach war, immer wieder zusammenzupacken und umzuziehen. Die Eberhardts waren ein Team und sie hielten zusammen.
»Als wir weg waren, hat Officer Delinko eine Nachricht auf Band gesprochen«, sagte Roys Vater. »Gestern Abend haben sie jemanden gefasst, den sie als den Täter vom Bauplatz in Verdacht haben.«
Roy sagte nichts.
»Keine Sorge«, fügte Mr. Eberhardt hinzu. »Es war nicht der junge Mann, von dem du mir erzählt hast, der aus dem Krankenhaus weggelaufen ist.«
»Es war dieser Matherson«, unterbrach ihn Mrs. Eberhardt aufgeregt, »der Junge, der dich im Bus angegriffen hat. Und er wollte der Polizei doch tatsächlich weismachen, er wäre du.«
Roy schaffte es nicht, so zu tun, als wüsste er nichts. »Garrett hat mir alles erzählt«, gab er zu.
»Tatsächlich? Dann muss er aber Zugang zu internen Quellen haben«, bemerkte Roys Vater.
»Direkten Zugang«, sagte Roy. »Was hat der Polizist sonst noch gesagt?«
»Das war’s schon. Ich hatte den Eindruck, er wollte, dass ich dich ein bisschen ausfrage. Er glaubt wohl, du weißt etwas.«
»Ich?«, fragte Roy.
»Das ist ja wohl lächerlich«, warf seine Mutter ein. »Woher soll Roy wissen, was so ein Lümmel wie dieser Dana Matherson im Schilde führt?«
Roys Mund war staubtrocken. Er fühlte sich seinen Eltern wirklich nahe, aber er konnte ihnen einfach nicht erzählen, dass er Dana den nackten Hintern gezeigt und ihm was über geklaute Zigaretten im Bauwagen vorgeschwindelt hatte, um ihn so auf das Grundstück von Mama Paula zu locken.
»Es ist allerdings ein merkwürdiger Zufall«, sagte Mr. Eberhardt, »zwei Jungen, die sich genau dasselbe Ziel ausgeguckt haben. Kann es sein, dass dieser Matherson mit deinem Freund, dem Stiefbruder von Beatrice, irgendwie unter einer Decke –«
»Ausgeschlossen!«, unterbrach ihn Roy heftig. »Dana interessiert sich doch nicht für Eulen. Der interessiert sich für nichts als für sich selbst.«
»Das denke ich auch«, sagte Roys Mutter.
Als seine Eltern schon fast die Tür hinter sich zugezogen hatten, sagte Roy noch: »Dad?«
»Ja?«
»Weißt du noch, wie du gesagt hast, dass diese Pfannkuchentypen mit ihrem Grundstück machen können, was sie wollen, solange sie alle Genehmigungen und so haben?«
»So ist es auch.«
»Wie kann ich das nachprüfen?«, fragte Roy. »Ich meine, wenn ich wissen will, ob alles legal ist.«
»Vermutlich müsstest du das städtische Bauamt anrufen.«
»Das Bauamt. Okay, danke.«
Als die Tür endgültig zu war, redeten Roys Eltern noch leise im Flur miteinander. Roy konnte aber nichts verstehen und so zog er sich die Decke bis zum Hals hoch und drehte sich auf die Seite. Im nächsten Moment fielen ihm auch schon die Augen zu.
Es dauerte nicht lange, da hörte er eine Stimme, die seinen Namen flüsterte. Roy nahm an, dass er schon träumte.
Aber dann war da wieder die Stimme, und dieses Mal klang sie so echt, dass er sich aufsetzte. Es war ganz still im Zimmer, das Einzige, was er hörte, war sein eigener Atem.
Na super, dachte er, jetzt fang ich schon an, mir Sachen einzubilden.
Er legte sich wieder zurück und schaute zur Decke.
»Roy?«
Er wurde ganz steif vor Schreck.
»Flipp jetzt nicht aus, Roy.«
Aber er war kurz davor, die Stimme kam nämlich direkt unter seinem Bett hervor.
»Roy, ich bin’s.«
»Wer ich?«
Roy atmete stoßartig und sein Herzschlag klang wie ein Trommelwirbel. Jemand war in seinem Zimmer, unter seinem Bett.
»Ich – Beatrice. Ganz ruhig, Mann.«
»Was machst du denn hier?«
»Pscht! Nicht so laut!«
Roy hörte, wie sie unter dem Bett hervorkroch. Dann stand sie leise auf und ging ans Fenster. Der Mond am Himmel war gerade groß genug, um Licht auf ihre blonden
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